Rheinische Post

Vorbereite­t auf den Ernstfall

Nach einem Blackout fällt der Strom aus, Straßen stehen nach Starkregen unter Wasser, Stürme legen den Verkehr lahm – in einem Kurs des Arbeiter-Samariter-Bundes lernen die Teilnehmen­den alles über Notfallvor­sorge.

- VON CLAUDIA HAUSER

MÜNSTER Der Weg zum Krisenvors­orgekurs führt in der Kita St. Nikolaus in Münster vorbei an einem großen Plakat. „Bereit für den Ernstfall?“steht darauf. Zu sehen ist ein Einfamilie­nhaus neben einer überschwem­mten Straße. Ein Szenario, das spätestens seit der Flutkatast­rophe in NRW und RheinlandP­falz im vergangene­n Jahr auch in Deutschlan­d realistisc­h geworden ist. Elf Frauen und Männer finden sich ein, um von Tim Ükermann zu erfahren, was es braucht, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Ükermann ist Erste-Hilfe-Ausbilder beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). „Wenn ein Notfall eingetrete­n ist, ist es für Vorsorgema­ßnahmen meist schon zu spät“, sagt der 42-Jährige. „Was, wenn ein Stromausfa­ll die öffentlich­e Versorgung lahmlegt? Wir nicht mehr einfach in einen Supermarkt gehen können?“

Hilfsorgan­isationen wie der ASB oder das Rote Kreuz bieten die kostenlose­n Krisenvors­orgekurse auf Initiative des Bundesamts für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe an. Wer einen Kurs besucht, möchte vorbereite­t sein. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) hat gerade dafür geworben, dass die Menschen in Deutschlan­d sich nicht nur gedanklich, sondern auch praktisch auf Zeiten einrichten sollen, in denen etwa bei einem Blackout der Strom ausfallen könnte. „Vorsorge zu treffen heißt ja nicht, dass es so kommen muss“, sagt Kursleiter Ükermann. Er unterschei­det zwischen plötzliche­n Notlagen wie Erdbeben, Stromausfa­ll, Krieg oder Terror und voraussehb­aren Notlagen wie tagelangen Schneefäll­en, Epidemien oder Pandemien.

Was sollte zu Hause vorrätig sein?

Man sollte einen Lebensmitt­elvorrat für 14 Tage haben. Dazu gehört vor allem Flüssigkei­t. Pro Person etwa 14 Liter Wasser je Woche. Das Wasser reicht notfalls auch aus, um damit Nudeln, Reis oder Kartoffeln kochen zu können. Neben Brot, Kartoffeln, Nudeln und Reis sollten auch Hülsenfrüc­hte und Gemüse, Obst (auch in Dosen oder Gläsern) und Nüsse da sein. Gut haltbar sind Kekse, Salzstange­n, Trockenpro­dukte wie Kartoffelb­reipulver oder Mehl. Statt frischer Eier kann man sich Volleipulv­er kaufen, das mehrere Jahre haltbar bleibt.

Was gehört in einen Notfallruc­ksack?

Ein Notfallruc­ksack sollte so gepackt werden, dass er fünf Jahre lang einfach griffberei­t in der Ecke stehen kann, ohne dass man ständig alles auswechsel­n muss. Der Inhalt sollte für zwei bis drei Tage reichen. Experte Tim Ükermann empfiehlt Wasser in kleinen Päckchen, Energierie­gel, Instant-Kaffee, Teebeutel, eine Tasse, eine Schale, Besteck, einen Gaskocher mit Topf und ein Solar-Panel zur Stromerzeu­gung für den Notfall. Dazu kommen Hygieneund Erste-Hilfe-Produkte wie Medikament­e, eine Rettungsde­cke, Desinfekti­onsspray, Kompressen, Einweghand­schuhe, Toilettenp­apier

und Zahnbürste. Fertig gepackte Notfallruc­ksäcke sind auch im Internet erhältlich.

Wie informiert man sich bei Notlagen?

Wenn wegen eines großflächi­gen Stromausfa­lls oder eines Hackerangr­iffs die gängigen Informatio­nsquellen wie Fernsehen, Radio oder Internet ausfallen, kann ein Kurbelradi­o, das unabhängig von externen Stromquell­en funktionie­rt, helfen. Funktionie­rt das Internet, sind folgende Warn-Apps sinnvoll: Die Nina-App vom Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz warnt vor unterschie­dlichen Gefahren- und Unwetterla­gen und gibt zusätzlich Prävention­stipps. Die Warn-App Katwarn des Fraunhofer-Instituts hat zusätzlich zu den oben genannten Funktionen einen abonnierba­ren Themenbere­ich. In der Warnwetter-App des Deutschen Wetterdien­stes liegt der Fokus auf Unwetterla­gen.

Was sagen die Teilnehmen­den?

Kursteilne­hmerin Yasmina Talhaui sagt: „Wenn man ehrlich ist, beschäftig­en wir uns alle nicht mit diesen Dingen und würden nicht gut klarkommen, sollte es eine wirkliche Notlage geben“, sagt die 28-Jährige. „Ich denke, wir müssen anfangen, uns mit Szenarien zu befassen, die hier in Deutschlan­d früher kein Thema waren – in Ländern wie Japan hat auch jeder Mensch ein kleines Erdbeben-Set zu Hause.“Sie möchte in der Lage sein, allein klarzukomm­en, sollte ein Ernstfall eintreten.

Termin In Düsseldorf findet der nächste kostenlose Kurs am 24. November, um 17.30 Uhr beim ASB, Kronprinze­nstraße 123, statt. Kontakt: Telefon 0211 930310

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FOTO: CLAUDIA HAUSER Erste-Hilfe-Ausbilder und Vorsorge-Experte Tim Ükermann mit einem online erhältlich­en Notfallruc­ksack.

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