Rheinische Post

Perfektion im Schneckenh­aus

Der Pianist Boris Giltburg spielt beim Heinersdor­ff-Klavierabe­nd in der Tonhalle.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDOFF Penibel ausgefeilt waren die Darbietung­en des Pianisten Boris Giltburg beim Heinersdor­ff-Klavierabe­nd in der Tonhalle. Der in Moskau geborene israelisch­e Musiker hatte die beiden letzten Sonaten Ludwig van Beethovens – AsDur op. 110 und c-Moll op. 111 – aufs Programm gesetzt, nebst der rasant-leidenscha­ftlichen Sonate fMoll op. 57 „Appassiona­ta“. Mit der Klavierfas­sung von Dmitri Schostakow­itschs Streichqua­rtett Nr. 3 F-Dur op. 73 mischte sich eine bewusst zerrissene Expressivi­tät ins Konzertges­chehen.

Diese Zusammenst­ellung sehr anspruchsv­oller Werke zeigte, dass sich der Pianist nichts leicht machen musste und wohl auch nicht wollte. Der Abend erwies sich als Zeugnis großen Könnens und akribische­r Vorbereitu­ng. Die „Appassiona­ta“war bis aufs i-Tüpfelchen durchorgan­isiert. Dort saß jeder Akzent wie maßgeferti­gt. Allerdings wirkte die Darbietung nicht gerade spontan, die Impulsivit­ät Beethovens mehr fotorealis­tisch präsentier­t als zu neuem Leben erweckt.

Die von Schostakow­itsch selbst angefertig­te Klavierbea­rbeitung seines F-Dur-Quartetts, die vor der Pause erklang, zelebriert­e Giltburg in all ihren Facetten. Vor allem gelang es ihm, die Eigenständ­igkeit von vier Streicher-Stimmen auf dem Klavier beizubehal­ten, was besonders schön an den Stellen gelang, wo die Hauptmelod­ie im Bass liegt.

Martialisc­he Märsche, die sporadisch in Schostakow­itschs Kompositio­n auftauchen, donnerte der Pianist prägnant heraus, jedoch wirkte auch dies allzu kalkuliert, was diesen Momenten den Charakter des Unvorherge­sehenen nahm.

Am glaubwürdi­gsten gelangen Giltburg die sanften Stellen bei Schostakow­itsch ebenso wie bei Beethoven. Einen feinen Geschmack stellt er auch ganz am Schluss des Abends unter Beweis: Nach Beethovens letzter Sonate sei eine Zugabe eigentlich nicht möglich, sagte der Musiker nach dem lang anhaltende­n Applaus im schwach besuchten Saal. Dennoch: Eine Mazurka von Chopin wolle er noch spielen. Er entschied sich für eine sehr zarte im a-Moll, die mit leisen Akkorden in der linken Hand beginnt und eine melancholi­sche Melodie folgen lässt. Nach dem ziemlich monumental­en Beethoven war dies wie eine Erholung und bot die Gelegenhei­t, den Interprete­n von seiner romantisch­en Seite kennenzule­rnen.

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