Studie: Firmen fehlen 137.000 IT-Fachkräfte
Der Mangel verschärft sich laut einer Unternehmensbefragung. Abhilfe könnten Zuwanderer schaffen.
BERLIN/FRANKFURT Quer durch alle Branchen fehlen 137.000 IT-Expertinnen und Experten in Deutschland. Der Fachkräftemangel in diesem Bereich hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr verschärft. Die Zahl unbesetzter Stellen liegt trotz aktueller Krise sogar noch höher als 2019 – vor der Pandemie. Das ist das Ergebnis einer Studie des Digitalverbands Bitkom.
Könnten die angekündigten Entlassungen bei großen Technologiefirmen wie Amazon, der Facebook-Mutter Meta oder Twitter Entspannung bringen? „Das ist ein Punkt, der hat mich auch beschäftigt“, sagte der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg, bei der Präsentation der Ergebnisse am Mittwoch: „Aber gerade Unternehmen wie Amazon entlassen nicht unbedingt IT-Experten. Amazon hat vor allem angekündigt, Beschäftigte in unprofitablen Bereichen zu entlassen. Das sind teilweise IT-Experten – aber nicht in der Größenordnung, die wir brauchen.“
Zuletzt hatte der Onlinehandelsriese angekündigt, in den USA 10.000 Beschäftigte entlassen zu wollen. Der Schritt folgt auf ähnliche Ankündigungen von anderen großen Vertretern der Tech-Branche wie dem Facebook-Mutterkonzern Meta, der 11.000 Stellen abbauen will. Zuvor hatte bereits Milliardär Elon Musk nach der Übernahme der Social-Media-Plattform Twitter etwa 3700 Beschäftigte gefeuert – die Hälfte der Belegschaft.
Der Digitalverband Bitkom hat gut 850 Unternehmen quer durch alle Branchen zum Mangel an ITFachkräften befragt. Die Zahl der Firmen, die angibt, unter Fachkräftemangel zu leiden, hat sich auf drei Viertel erhöht. 70 Prozent aller Betriebe geben an, dass sich die Lage in nächster Zeit noch verschärfen dürfte. „Dieser Mangel an IT-Fachkräften macht den Unternehmen
immer mehr zu schaffen. In den kommenden Jahren wird er sich drastisch verschärfen, weil der demografische Wandel dazu führt, dass weniger junge Menschen mit IT-Qualifikationen auf den Arbeitsmarkt kommen und ältere Arbeitnehmer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Das wird zum Haupthindernis bei der digitalen Transformation“, so Bitkom-Präsident Achim Berg.
Das belegen auch Zahlen des Verbandes und des Statistischen Bundesamtes: Demnach ist die Zahl von Studienanfängern in Informatik von knapp 78.000 im Jahr 2019 auf rund 72.000 im vergangenen Jahr zurückgegangen. Der Studie zufolge benötigen die Unternehmen im Durchschnitt rund sieben Monate, bis sie eine freie IT-Stelle mit einer geeigneten Fachkraft besetzen können. Um den Mangel zu beheben, fordert der Digitalverband unter anderem, eine wöchentliche anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit einzuführen, die Rahmenbedingungen für Remote Work – also Heimarbeit aus dem Ausland – zu verbessern und die Einwanderung von IT-Fachkräften weiter zu erleichtern.
Eine Möglichkeit in dieser Hinsicht sieht der Verband darin, gezielt Fachkräfte aus Russland und Belarus nach einer eingehenden Sicherheitsüberprüfung anzuwerben. Die Mehrheit der Unternehmen sei grundsätzlich dazu bereit.