Süßer die Kassen nie klingeln
Auf vielen Weihnachtsmärkten verlangen die Wirte mehr Geld für Bratwurst und Co. Grund sind die Preissteigerungen in vielen Bereichen. Gespart wird dafür bei der Beleuchtung, an manchen Orten gibt es verkürzte Öffnungszeiten.
DÜSSELDORF Für Christine Aberfeld bedeutet die Vorweihnachtszeit traditionell Hochsaison: Seit 46 Jahren versorgt die Gastronomin Besucher des Moerser Weihnachtsmarkts mit Würstchen und Glühwein. In diesem Jahr aber muss sie die Preise deutlich anheben: Ein Becher Glühwein kostet an ihrem Stand nun vier Euro statt zuletzt 3,50 Euro, mit Schuss fünf Euro. Auch die Bratwurst sei 50 Cent teurer geworden und schlage nun mit 4,50 Euro zu Buche, sagt sie. Das 0,25-Liter-Glas Bier oder Cola koste aber weiterhin drei Euro. Geschuldet sei die Erhöhung zum einen den gestiegenen Energiepreisen, zum anderen aber den Mehrkosten für Lebensmittel und Standmiete. „Komplett können wir diesen Anstieg allerdings nicht an die Kunden weitergeben“, erklärt Aberfeld. Stattdessen nimmt sie mögliche Abstriche beim Ertrag hin. „Normal ist diese Entwicklung für mich schon längst nicht mehr“, klagt sie.
Was die Preisgestaltung angeht, zeigt sich bei einer Umfrage unserer Redaktion in mehreren Städten ein indifferentes Bild: Auf vielen Weihnachtsmärkten verlangen die Wirte höhere Tarife für Glühwein und Bratwurst, deren Preise so etwas wie ein Gradmesser für die allgemeine Verteuerung sind.
So musste auch Bernd Kleimann, der den beliebten Lichtermarkt an der Lamberti-Kirche in Münster veranstaltet und dort selbst einen Glühweinstand betreibt, 50 Cent auf den Becher Glühwein aufschlagen. Der Preis liegt jetzt bei vier Euro, mit Schuss kostet er einen Euro mehr. Selbst das Becherpfand liegt nun bei drei Euro statt bei 2,50 Euro wie im vergangenen Jahr.
Neben den Energiekosten nennt Kleimann als Gründe für das Preisplus den deutlich gestiegenen Mindestlohn sowie hohe Lebensmittelpreise: „Dank unseres Stromversorgers sind die Tarife sogar noch moderat“, erklärt der Münsteraner. „Aber natürlich sind Gerätschaften wie etwa ein Glühweinerhitzer schon relevant, was den Verbrauch angeht.“
Auch in der Düsseldorfer Winterwelt von Schausteller Oscar Bruch kostet der Glühwein vier Euro – allerdings war das schon im vergangenen
Jahr so. Teilweise liegen die Preise in Düsseldorf aber auch darüber, etwa an den Kasematten und rund um den Kö-Bogen. Dort müssen Besucher mit 4,50 Euro für den Glühwein kalkulieren. Günstiger ist das beliebte Heißgetränk auf dem Weihnachtsmarkt im Stadtteil Kaiserswerth, dort werden dafür 3,50 Euro fällig.
Dem Optimismus kann das alles nichts anhaben: „Wir sind nicht die Leute, die den Kopf in den Sand stecken“, sagt kurz vor dem Start des Dortmunder Weihnachtsmarkts Rudi Isken, der erst 2019 nach eigener Aussage eine halbe Million Euro in einen neuen, doppelstöckigen Glühweinstand investiert hat, mit Blick auf zwei Jahre Pandemie. Schausteller seien berufsbedingte Optimisten, „wir denken immer positiv“. Das muss er nun
auch, denn mit Energiekrise und Inflation steht ihm bereits die nächste schwere Zeit ins Haus. Auch der Schaustellerverband versucht, der Entwicklung trotz aller Widrigkeiten etwas Positives abzugewinnen. „Wir haben das Problem des Kaufkraftschwundes unserer Zielgruppe“, sagt Werner Hammerschmidt, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Deutscher Schausteller und Marktkaufleute in Bonn.
Hinzu kommt, dass viele Städte bei ihren Weihnachtsmärkten schon wieder auf die Bremse treten – aus Energiespargründen. So etwa auch in Dortmund, wo der Weihnachtsmarkt wie in vielen Städten eine Stunde später seine Pforten öffnet.
Auch bei der Dekobeleuchtung wird gespart und vielerorts fehlen Attraktionen wie Eisbahnen. Die Gäste aber sollen trotzdem kommen. Rudi Isken ist optimistisch: „Wir sind guter Dinge. Die Gasspeicher sind voll, und Atomkraftwerke laufen weiter – am Strom wird es nicht scheitern.“
Um die Energiekosten etwas abzufedern, wurden bei einigen Weihnachtsmärkten die Öffnungszeiten verringert und so viele Leuchtmittel wie möglich auf LED umgestellt. Zudem haben viele Märkte, unter anderem auch in Münster und Essen-Steele, die Beleuchtungszeiten angepasst und auf die Abendstunden beschränkt. Die meisten Kunden würden den Unterschied überhaupt nicht bemerken, heißt es dort.
Christine Aberfeld jedenfalls ist trotz der Preissituation zuversichtlich: „Die Menschen wollen raus, etwas erleben“, sagt die 76-Jährige. „Und eine Wurst oder ein Becher Glühwein gehen immer.“(mit dpa)