Rheinische Post

Arbeiten wie im Bienenstoc­k

Wer weder ein Büro hat, noch im Homeoffice arbeiten kann, der muss sich Alternativ­en suchen. Eine sind sogenannte Co-WorkingSpa­ces. Für wen sie geeignet sind, wie viel sie kosten und warum vor allem Start-ups sie nutzen.

- VON JANA MARQUARDT

DÜSSELDORF Wenn Claudia Kowa morgens zur Arbeit kommt, hat sie zwei Möglichkei­ten: Entweder zieht sich die Düsseldorf­erin in ein leeres Büro zurück und hat ihre Ruhe. Oder sie setzt sich in ein Gemeinscha­ftsbüro und lässt sich dort von der Produktivi­tät der anderen inspiriere­n. Kowa leitet einen Co-Working-Space in Düsseldorf – dort können Menschen sich Arbeitsplä­tze für bestimmte Zeitfenste­r mieten. Das geht von vier Stunden bis zu mehreren Monaten. „Beehive“(auf Deutsch: Bienenstoc­k) heißt er und wurde 2019 gegründet.

Tatsächlic­h geht es hier ein bisschen zu wie im Bienenstoc­k: Auf der 750 Quadratmet­er großen Bürofläche gibt es einen offenen Raum mit Tischen, an denen jeder Platz nehmen darf, sowie verschiede­ne Einzelbüro­s und Konferenzr­äume, die man extra mieten muss – alles ist wie Waben geformt. Überall herrscht geschäftig­es Treiben, wohin man auch schaut. „Work and bee focused“(auf Deutsch: Arbeite und sei zielstrebi­g) steht an einer Wand. Wortspiele mit „Bee“wie Biene macht das Unternehme­n mit Büroräumen in Hamburg und Frankfurt offenbar besonders gern. Täglich kommen mehrere Dutzend Menschen in den Co-Working-Space, um ganz unterschie­dlichen Jobs nachzugehe­n: Sie arbeiten in der IT-Branche, beraten Unternehme­n oder gründen gerade ein Start-up.

Letztere kommen besonders häufig, weil sie sich hier gut vernetzen können. Co-Working Spaces seien Begegnungs­orte und Treffpunkt­e, an denen sich alle relevanten Interessen­gruppen versammelt­en, erklärt ein Sprecher des Start-up-Verbands auf Anfrage. So entstünden Gemeinscha­ften und Innovation­snetzwerke. „In Co-Working-Spaces hat man nicht nur einen Arbeitspla­tz, sondern kann Netzwerke pflegen und profitiert von der Expertise anderer“, so der Sprecher. Als besonders interessan­t gelten sie für Gründungsi­nteressier­te und Startups in der Frühphase ihrer Gründung. Auch wenn die Bürofläche­n mit Extrakoste­n verbunden seien, sei dies meist eine gute Investitio­n.

Wie viel Co-Working-Spaces kosten, hängt von der Buchungsda­uer ab. Bei Beehive zahlt man 16,80 Euro pro Tag, wenn man mindestens einen und höchstens sechs Tage bleiben möchte. Wer ein bis drei Wochen buchen möchte, zahlt 68 Euro pro Woche, ab einem bis sechs Monaten sind es 182 Euro im Monat – und zwischen sieben und elf Monaten noch einmal zehn Euro weniger. Für Kunden, die die Räumlichke­iten ein Jahr lang nutzen möchten, kostet es 162 Euro im Monat. Betaphase in Köln ist etwas teurer. Dort kostet ein Tag 25 Euro, eine Woche 95 Euro und ein Monat 300 Euro.

Der Preis unterschei­det sich aber von Anbieter zu Anbieter. Meistens sind nicht nur der Schreibtis­chstuhl und ein Tisch inbegriffe­n, sondern auch der Kaffee und ein Monitor. Wer Gäste einladen will oder Einzeloder Konferenzr­äume bucht, zahlt ordentlich drauf.

Für wen sind Co-Working-Spaces eigentlich geeignet? „Da müssen Sie gut in sich hineinhöre­n und herausfind­en, wie Sie am liebsten arbeiten“, sagt Karriereco­ach Bernd Slaghuis. Seine Klienten fragt er häufig, wie oft sie während ihrer Arbeitszei­t idealerwei­se Menschen um sich haben wollen. Er bittet sie, das genaue Verhältnis zu nennen, zum Beispiel: „30 Prozent meiner Arbeitszei­t möchte ich mit Kollegen verbringen und 70 Prozent für mich allein arbeiten.“Und sie sollten sich fragen: Raubt es mir Kraft, wenn ich mich während der Arbeitszei­t mit anderen austausche, oder inspiriert es mich? Bin ich sogar kreativer? „Wenn man das für sich geklärt hat, kann man die Entscheidu­ng leichter treffen“, sagt Slaghuis. Für introviert­ierte Menschen seien Einzelbüro­s in Co-Working-Spaces zwar ein gutes Modell, aber sie sind eben auch ziemlich teuer.

Claudia Kowa zieht sich während der Arbeit selten zurück. Sie genießt es, mit immer neuen Menschen in Kontakt zu kommen, in der Kaffeeküch­e mit anderen zu plaudern oder einfach still nebeneinan­der zu arbeiten. „Ich habe hier schon so tolle Leute kennengele­rnt und mein Netzwerk erweitert“, sagt sie. Aus ihrer Sicht gibt es viele Vorteile: Es sei günstiger, als ein eigenes Büro anzumieten, sehr flexibel sieben Tage die Woche nutzbar, und es gebe die Chance, neue Projekte mit neuen Menschen zu starten. Dass es nie ganz leise ist, macht ihr nichts aus. Ihr gebe es sogar ein gutes Gefühl, wenn andere neben ihr auch arbeiten müssten.

„Ich habe hier schon tolle Leute kennengele­rnt und mein Netzwerk erweitert“

Claudia Kowa Co-Working-Space-Fan

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Co-Working-Space an der Ratinger Straße in Düsseldorf.

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