Mehr als 900 Demos in diesem Jahr
Krisen treiben immer mehr Menschen auf die Straßen – in diesem Jahr haben bereits 919 Demonstrationen in Düsseldorf stattgefunden. Am Wochenende stehen sieben weitere Proteste an.
DÜSSELDORF Die hohe Zahl an Demonstrationen reißt nicht ab: In diesem Jahr haben bislang 919 Versammlungen in Düsseldorf stattgefunden, teilte die Polizei mit. Damit könnte das Niveau vom vergangenen Jahr erneut erreicht oder sogar übertroffen werden. 2021 kamen rund 1000 Demonstrationen in der Stadt zusammen. Das ist deutlich mehr als in den Vorjahren: 2019 und 2020 lag die Zahl der Versammlungen noch unter 800, um die Jahrtausendwende waren es noch 300 bis 400 Kundgebungen jährlich, heißt es von der Polizei.
Grund dafür ist vor allem das Weltgeschehen, so finden sich vor allem gesellschaftliche Veränderungen und Krisen immer auf den Straßen wieder – Düsseldorf als Sitz der Landesregierung wird dabei immer wieder zum Schauplatz. In den vergangenen zwei Jahren dominierten vor allem wöchentliche Proteste gegen die Corona-Politik und eine Impfpflicht. Die Bewegung gibt es noch immer, die Veranstalter haben sich mittlerweile jedoch verstärkt den Themen Energieversorgung, Inflation und Ukraine-Krieg zugewandt. Der Zulauf ist der Polizei zufolge aber stark geschrumpft. Während in der Spitze bis zu 10.000 Menschen zu den Corona-Protesten kamen, waren es am vergangenen Wochenende nur 500 Demonstranten. Für die Versammlung an diesem Samstag, die immer um 15 Uhr am Johannes-Rau-Platz startet, werden lediglich 250 Personen erwartet.
Nach aktuellem Stand sollen am Samstag sieben Versammlungen stattfinden. Ein Polizeisprecher wies aber darauf hin, dass sich die Planung derzeit laufend verändere. So
seien am Mittwoch mehrere ähnliche Proteste zusammengelegt worden. Zudem könnten weitere Anmeldungen folgen, diese sind bis 48 Stunden vorher möglich.
Einen großen Teil machen derzeit Proteste gegen das Regime im Iran aus – gleich zwei Aufzüge und eine stehende Kundgebung sind hier am Samstag geplant. Insgesamt 2000 Teilnehmer sollen ab dem Mittag bis zum Abend an unterschiedlichen
Orten zusammenkommen. Zudem werden 300 Kurden bei einem Protestzug erwartet, um gegen türkische Militäreinsätze zu demonstrieren. Am Freitag gehen Klimaaktivisten für das vom Braunkohleabbau bedrohte Dorf Lützerath auf die Straße.
Für Anlieger, Geschäftstreibende und alle, die sich auf den Straßen bewegen, ist das oftmals mit starken Einschränkungen verbunden
– es kommt immer wieder zu langen Staus rund um die Stadtmitte. Das wirkt sich auch negativ auf den Einzelhandel aus. Der Handelsverband NRW hat darum Brandbriefe an Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) und Polizeipräsident Norbert Wesseler verschickt. Die Händler fürchten um ihr Geschäft in der umsatzstärksten Zeit des Jahres. „Wenn die Demonstrationen anfangen, ist unser Geschäft vorbei“, sagte
etwa Heiner Röckrath, Geschäftsführer des Carlsplatzes.
Die Polizei sieht kaum Möglichkeiten, hier Einfluss zu nehmen, schließlich ist das Versammlungsrecht durch das Grundgesetz geschützt. Datum, Ort und Zugweg legen die Veranstalter fest. Diese müssen zwar bei der Polizei angemeldet, aber nicht genehmigt werden. Es findet jedoch immer ein Kooperationsgespräch mit Anmelder, Polizei und Ordnungsamt statt, bei dem die Machbarkeit und Größe besprochen werden. Die rechtlichen Hürden, dies zu beschränken oder gar zu verbieten, sind hoch. So hatten Polizei und Stadt etwa zwei Mal versucht, Corona-Proteste zu untersagen. Einmal sah die Polizei ein Sicherheitsrisiko in den Autokorsos der Querdenker, ein anderes Mal argumentierte die Stadt mit dem Infektionsschutz. In beiden Fällen schmetterte das Verwaltungsgericht die Verbote ab.