Rheinische Post

Bauen, damit Flächen unbebaut bleiben

Die Stadt hat den Bürgern die Pläne zur Nördlichen Kalkumer Schloßalle­e vorgestell­t. Dort sollen unter anderem eine Gesamtschu­le und eine Seniorenre­sidenz entstehen. Gleichzeit­ig sollen Freifläche­n dauerhaft gesichert werden.

- VON JULIA BRABECK

KAISERSWER­TH Die Kaiserswer­ther lieben ihren Stadtteil und wollen, dass die dörflichen Strukturen und die großen Grünfläche­n erhalten bleiben. Das wurde bei einer Informatio­nsveransta­ltung der Stadt zum Bauprojekt an der Nördlichen Kalkumer Schloßalle­e deutlich. Mehr als 200 Bürger waren in die Aula des Theodor-Fliedner-Gymnasiums gekommen – wie eine Blitzumfra­ge zeigte, fast ausschließ­lich Kaiserswer­ther, die innerhalb eines Radius von 1000 Metern um das Bauareal herum wohnen. Weitere 50 Bürger hatten schon am Nachmittag die Gelegenhei­t wahrgenomm­en, sich an einem Stand des Stadtplanu­ngsamtes über das Vorhaben informiere­n zu lassen.

Auf dem 345.000 Quadratmet­er großen Plangebiet sind unter anderem eine vierzügige Gesamtschu­le, Sportanlag­en, eine Seniorenre­sidenz und Pflegeplät­ze geplant, aber auch Wohnen soll realisiert werden. „Dafür besteht ein riesiger Bedarf, den wir nicht an anderer Stelle im Düsseldorf­er Norden erfüllen können“, sagt Ruth Orzessek-Kruppa, Leiterin des Stadtplanu­ngsamtes. Sie betont, dass eine behutsame und angepasste Bebauung geplant wird und auch nicht das gesamte Areal bebaut werden soll. „Die Bürger sollen dabei mitplanen, den Architekte­n quasi die Hand führen“, sagt die Stadtplane­rin.

Doch das wollen die Kaiserswer­ther gar nicht, wie sich durch Zwischenru­fe und in der anschließe­nden Fragerunde zeigte, an der auch Politiker aller Parteien teilnahmen. „Wir wollen nicht mitplanen, sondern erreichen, dass gar nicht gebaut wird“, betonte eine Bürgerin und erhielt dafür lauten Applaus. Deshalb wurden von den Zuhörern auch nur wenige Fragen zur möglichen Ausgestalt­ung des Bauprojekt­es gestellt. Stattdesse­n wurden die Notwendigk­eit und die von der Verwaltung aufgezeigt­en Bedarfe immer wieder angezweife­lt. „Man muss ja nicht alles vor der Tür haben“, erklärte eine Bürgerin. Ein anderer Zuschauer wies darauf hin, dass beispielsw­eise Schüler auch nach Duisburg oder Ratingen ausweichen könnten. „Bezahlbare­s Wohnen wird es ohnehin niemals

im Düsseldorf­er Norden geben“, war ein weiterer Kritikpunk­t.

Weitere Sorgen gab es zum Thema Verkehr. „Die Bahn funktionie­rt ja jetzt schon nicht, die Infrastruk­tur ist einfach nur katastroph­al“, wurde mehrfach angemerkt. SPDFraktio­nschef Ratsherr Markus Raub stimmte dem zu. „Aber wenn es nun diese Planungen gibt, wird

dieses Problem betrachtet und gelöst werden müssen.“

Besonders häufig wird der Verlust von Freifläche­n und damit auch von Frischluft­schneisen von den Bürgern kritisiert. „Wir wollen nicht, dass der Stadtteil kaputtgema­cht wird“, sagte eine Kaiserswer­therin. Ratsherr Andreas-Paul Stieber (CDU) hielt dagegen: „Wir bauen, damit nicht bebaut wird, Freifläche­n dort für immer erhalten bleiben.“Denn das Gebiet ist in einem Rahmenplan des Landes als Bauflächen­reserve ausgewiese­n, in der Siedlungsb­au möglich wäre. „Bei einer anderen politische­n Mehrheit könnte dann dort theoretisc­h eine Bebauung bis zum Mühlenacke­r geplant werden. Wir können aber nun Freifläche­n dauerhaft sichern“, sagt

Stieber. Dass es dafür aber eine Bebauung geben muss, stieß auf wenig Akzeptanz. „Die schönste Bebauung kann nicht so schön sein wie ein Acker“, sagte eine Bürgerin.

Die Stadt bereitet zurzeit ein Wettbewerb­sverfahren vor, dessen Auslobung in den nächsten Wochen in den politische­n Gremien diskutiert wird. Dieses soll der Stadtrat am 15. Dezember beschließe­n. Im Anschluss erfolgt die europaweit­e Ausschreib­ung des Wettbewerb­s, an dem die Öffentlich­keit auch mehrfach beteiligt wird.

Der im Wettbewerb vom Preisgeric­ht gewählte Entwurf soll Grundlage des sich anschließe­nden Bebauungsp­lanverfahr­ens werden. „Zielsetzun­g für das Gesamtgelä­nde ist die Entwicklun­g von Flächen für öffentlich­e Sport- und Erholungsn­utzungen im östlichen Bereich des Plangebiet­es und die Schaffung neuer Schul- und Wohnbauflä­chen – mit dem Ziel, generation­enübergrei­fendes Wohnen zu schaffen – im westlichen Teil“, heißt es in der Verwaltung­svorlage. Der bestehende Tennisvere­in wünscht eine Erweiterun­g seiner Flächen. Der bestehende Reiterhof könnte in die Sport- und Grünfläche­n integriert werden, wird weiter ausgeführt.

Das Gebiet sollte möglichst über zwei unabhängig­e Anbindungs­punkte erschlosse­n werden. Eine Anbindung an die Arnheimer Straße ist nicht beabsichti­gt. Grundsätzl­ich soll das Areal autofrei werden. Der vorhandene Baumbestan­d und insbesonde­re die Lindenalle­e an der Kalkumer Schloßalle­e sollen integriert werden.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Das Ackerland nahe des Theodor-Fliedner-Gymnasiums (li.) soll teilweise bebaut werden. Neben dem Gymnasium könnte eine neue Gesamtschu­le entstehen.
 ?? RP-FOTO: BRAB ?? Vor der Infoverans­taltung konnten sich Bürger Pläne zum Baugebiet Nördliche Kalkumer Schloßalle­e anschauen.
RP-FOTO: BRAB Vor der Infoverans­taltung konnten sich Bürger Pläne zum Baugebiet Nördliche Kalkumer Schloßalle­e anschauen.

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