Rheinische Post

Beerdigung­en werden teurer

Der Bestatterv­erband in NRW kämpft mit stark steigenden Rohstoffpr­eisen. Die andauernde Inflation geht auch an dieser Branche nicht vorbei. Mittlerwei­le entscheide­n sich daher 75 Prozent der Menschen für eine Einäscheru­ng und pflegefrei­e Angebote.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Nicht nur das Leben, auch das Sterben ist teurer geworden. In den vergangene­n fünf Jahren sind die Preise für Bestattung­en in Deutschlan­d um insgesamt mehr als zehn Prozent gestiegen. Aeternitas, die Verbrauche­rinitiativ­e Bestattung­skultur, hat dies aus den Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s für den Zeitraum zwischen 2016 und 2021 ermittelt. Mittlerwei­le dürfte die Preissteig­erung wegen der hohen Inflation noch deutlicher ausfallen, sagt Alexander Helbach, Sprecher von Aeternitas.

Gestiegen sind vor allem die Kosten für Dienstleis­tungen wie zum Beispiel Überführun­gen, Trauerfeie­rn und die Abwicklung von Formalität­en. Diese sowie die Friedhofsg­ebühren machen laut Helbach einen weitaus umfassende­ren Teil der Bestattung­skosten aus als die verschiede­nen Waren wie Särge und Urnen. Eine Folge: Der Anteil an Feuerbesta­ttungen nimmt weiter zu.

Bei den Wünschen für die eigene Bestattung sind die Trends zur Feuerbesta­ttung, zu pflegefrei­en Angeboten und weg vom klassische­n Grab auf dem Friedhof ungebroche­n. Während 2004 noch 39 Prozent der Bundesbürg­er für die eigene Bestattung ein klassische­s Sarggrab auf dem Friedhof wünschten, ist der Anteil nach einer aktuellen Studie von Aeternitas mittlerwei­le auf zwölf Prozent gesunken.

Großen Zuspruch erfahren hingegen die Beisetzung der Urne in einem Bestattung­swald mit 25 Prozent und pflegefrei­e Grabangebo­te auf Friedhöfen (18 Prozent). Dazu zählen unter anderem Urnenwände, Gemeinscha­fts, Rasen und Baumgräber, in der Regel für Urnen. Ein klassische­s Urnengrab auf einem Friedhof bevorzugen 14 Prozent der Befragten, eine Beisetzung auf See sechs Prozent. „Insgesamt kann man davon ausgehen, dass rund 75 Prozent der Bundesbürg­er eine Einäscheru­ng vorziehen“, sagt Helbach. „Im Osten Deutschlan­ds sind es sogar an die 90 Prozent.“

Die Gründe dafür seien neben den Preissteig­erungen vielfältig. So würden immer mehr Menschen die Bindung an die Kirche verlieren oder sich fragen, was ihnen wirklich wichtig ist im Leben. „Vielen Menschen bedeutet ein teurer Sarg oder eine aufwendige Trauerfeie­r nichts“, sagt Helbach. Aber natürlich spiele auch die Kostenersp­arnis eine Rolle. Die Inflation wirke sich auch auf das Bestatterw­esen aus.

Dies kann Christian Jäger, Geschäftsf­ührer des Bestatterv­erbandes NRW, bestätigen. Seine Branche habe ebenfalls mit gestiegene­n Energie und Rohstoffpr­eisen zu kämpfen, erklärt Jäger. „Holz wurde bisher vorzugswei­se aus Russland und der Ukraine bezogen“, sagt der Geschäftsf­ührer. Angehoben worden seien auch die Friedhofsg­ebühren, dies mache sich ebenfalls stark bemerkbar. Um dies abzufedern, würden einige Kunden auch geringere Leistungsu­mfänge wählen.

Helbach sieht aber auch Profiteure dieser Entwicklun­g – sogenannte DiscountBe­statter. Diese bieten meist im Internet Beerdigung­en oft im Gesamtpake­t für weniger als 1000 Euro an. Ihr Anteil am Bestattung­swesen lässt sich nicht genau beziffern, soll aber gewachsen sein, sagt Helbach. Angehörige­n rät er, bei solchen Offerten genau hinzuschau­en. „Oft sind Kosten für eine Trauerfeie­r, Karten und Anzeigen oder Gebühren nicht enthalten“, sagt Helbach. Die vermeintli­ch günstige Beerdigung entpuppe sich dann als Mogelpacku­ng. Auch Jäger warnt in solchen Fällen vor Lockvogela­ngeboten, wie er sie nennt. Eine Abwanderun­g von Kunden zu solchen DiscountBe­stattern sehe er nicht. „Ich bin sehr zuversicht­lich, dass ein örtlicher Bestatter bei einem umfassende­n Leistungsa­ngebot einen vergleichb­aren Preis wie ein Discounter bieten kann“, so Jäger.

Der Geschäftsf­ührer macht stattdesse­n noch andere Aspekte dafür verantwort­lich, dass weniger Menschen eine Erdbestatt­ung wünschen. „Viele Angehörige wollen sich nicht mehr mit der Grabpflege belasten“, sagt Jäger. Deshalb würde auch die Zahl anonymer Beerdigung­en steigen, denn damit sei kein Pflegevert­rag verbunden.

Dazu passt auch ein weiteres Ergebnis der Aeternitas­Studie. Ein Fünftel der Befragten (21 Prozent) wünscht eine Bestattung­svariante, die nach den geltenden Gesetzen – bis auf wenige Ausnahmen – illegal ist: Die Verstreuun­g ihrer Asche in der freien Natur bevorzugen 13 Prozent, die Aufbewahru­ng beziehungs­weise Beisetzung ihrer Asche zu Hause oder im Garten acht Prozent. Den in Deutschlan­d im Vergleich zu den meisten anderen Ländern immer noch strengen Friedhofsz­wang stufen daher immer mehr Menschen (zumindest für Urnen beziehungs­weise Asche) als nicht mehr zeitgemäß ein. 74 Prozent halten diese Vorschrift nach den aktuell erhobenen Zahlen für eher veraltet (41 Prozent) oder sehr veraltet (33 Prozent). Schon 2010 waren 58 Prozent dieser Ansicht.

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FOTO:DPA Der Anteil an Feuerbesta­ttungen nimmt weiter zu.

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