Rheinische Post

Die größten Klimasünde­r der Welt

Fast ein Drittel der CO2-Emissionen kommen aus China, es folgen die USA und Indien. Auch Deutschlan­d gibt kein gutes Bild ab.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Der Papst wird ungeduldig: „Wir sollten nicht müde werden, alles zu tun, was angesichts der dramatisch­en Dringlichk­eit des Klimawande­ls möglich ist“, forderte Franziskus am Donnerstag auf Twitter. Es brauche konkrete Taten, vor allem mit Blick auf jüngere Generation­en, bevor es zu spät sei, schrieb er in Richtung der gleichzeit­ig tagenden Teilnehmer der Weltklimak­onferenz (Cop 27) im ägyptische­n Scharm el Scheich.

Auch beim Wuppertal-Institut ist man besorgt: „Momentan ist noch nicht absehbar, ob die Cop ein Erfolg oder Misserfolg wird. Bei vielen wesentlich­en Punkten sind die Positionen noch weit auseinande­r“, sagte Wolfgang Obergassel vom Wuppertal-Institut unserer Redaktion. Das Problem: Viele Klimasünde­r bewegen sich nicht. Doch wer sind eigentlich die schlimmste­n? Das kommt darauf an, wie man rechnet.

Emission pro Land Der weltweite Ausstoß an klimaschäd­lichem Kohlendiox­id (CO2) lag im vergangene­n Jahr bei 38 Milliarden Tonnen. Für 81 Prozent dieser Emissionen waren die G20-Staaten verantwort­lich. Schaut man auf die Treibhausg­asEmission­en, die pro Land ausgestoße­n werden, führt China die traurige Liste an. Gegenüber dem Jahr 1990 hat das bevölkerun­gsreichste Land der Welt die Menge auf mehr als das Vierfache 13,49 erhöht.

30,9 Prozent der weltweiten Emissionen kommen damit aus China, wie aus den Daten des Global Carbon Project hervorgeht. Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock (Grüne) fordert, dass sich China an der Finanzieru­ng künftiger Klimaschäd­en beteiligt. Das gelte vor allem dann, wenn China „nicht bereit ist, seine eigenen Emissionen in Zukunft radikal herunterzu­bringen“, sagte Baerbock in Scharm el Scheich dem Sender RTL.

Auf Platz zwei der größten Klimasünde­r folgen die USA, auf die 13,5 Prozent der globalen CO2Emissio­nen entfallen. Dabei haben die Vereinigte­n Staaten deutlich weniger Einwohner als Indien. Das asiatische Land folgt bei den Emissionen auf Platz drei und hat einen Anteil an den globalen Emissionen von 7,3 Prozent. Doch die Emissionen steigen, und Indien will erst 2070 klimaneutr­al sein. Betrachtet man alle Länder der Europäisch­en Union zusammen, schiebt diese sich vor Indien. Russland liegt auf Platz vier mit einem Anteil von 4,7 Prozent der Emissionen, obwohl es erst auf Platz neun der Bevölkerun­gsranglist­e steht.

Deutschlan­d belegt Platz sieben der Klimasünde­r-Liste: 1,8 Prozent der globalen Emissionen. Gemessen daran, dass wir nur ein Prozent der Weltbevölk­erung stellen, ist auch das viel. Blickt man zurück und bezieht auch die vergangene­n Emissionen mit ein, fällt die Bilanz für Deutschlan­d noch schlimmer aus: Historisch betrachtet ist die Bundesrepu­blik sogar für vier Prozent der weltweiten Emissionen verantwort­lich – Anlass genug, dass Deutschlan­d sich nun bei der Beseitigun­g der Schäden in anderen Ländern ins Zeug legt.

Auch wegen der historisch­en Emissionen der Industriel­änder fordern kleine Staaten nun Wiedergutm­achung. „Die kleinen Inselstaat­en und andere Staaten, die besonders verletzlic­h gegenüber den Folgen des Klimawande­ls sind, haben als eine Kernforder­ung, von den Industriel­ändern mehr Unterstütz­ung zur Bewältigun­g der Folgen des Klimawande­ls zu bekommen. Bisher gibt es hier jedoch wenig Bewegung“, bedauert Obergassel. Und das hat

Folgen: „Das 1,5-GradZiel befindet sich immer noch auf der Intensivst­ation“, sagt der Wuppertal Forscher.

Emission pro Kopf Hier liegt der WM-Gastgeber Katar vorne. Die vielen Klimaanlag­en müssen eben mit Strom aus fossilen Energien gefüttert werden. Der Pro-KopfVerbra­uch in Katar liegt doppelt so hoch wie in den USA, dem Land der Spritschlu­cker und Klimaanlag­en. Durchschni­ttlich entstanden im Jahr 2019 weltweit 4,7 Tonnen CO -Emissionen pro Kopf. Die

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Vereinigte­n Arabischen Emirate liegen im Pro-Kopf-Ranking auf Platz zwei, Saudi-Arabien auf Platz fünf. Wer mit der Förderung von Öl sein Geld verdient, will so schnell von Klimaneutr­alität nichts wissen. Saudi-Arabien besitzt 15 Prozent der nachgewies­enen Ölreserven und ist der größte Exporteur von Erdöl weltweit. Klimaforsc­her kritisiere­n den mangelnden Ehrgeiz der ölfördernd­en Staaten, der auch bei der Konferenz in Ägypten deutlich wird. Die letzte Konferenz in Glasgow habe die Staaten bereits dazu aufgerufen, die Kohlenutzu­ng zu reduzieren und Subvention­en für fossile Energieträ­ger abzuschaff­en. „In Scharm el Scheich sollte dieser allgemeine Aufruf nun weiter konkretisi­ert werden und idealerwei­se zum Ausstieg aus allen fossilen Energieträ­gern, alsoneben Kohle auch Öl und Gas, ausgeweite­t werden. Hier gibt es allerdings starken Widerstand, vor allem von Staaten wie der Opec, die von der Förderung von Öl und Gas profitiere­n“, sagt Obergassel vom Wuppertal-Institut.

Aber auch westliche Industriel­änder befinden sich weit oben auf der Sünder-Liste nach Pro-Kopf-Emissionen: Auf dem dritten Platz liegt Kanada, auf dem vierten Platz Australien, auf dem sechsten Platz sind die USA. Russland, das selbst groß ist im Export von Gas, Kohle und Öl, liegt auf Platz sieben.

Deutschlan­d belegt in diesem Ranking Platz elf und liegt damit weit vor Frankreich. Der Ausbau der erneuerbar­en Energien kommt zwar voran, doch in Deutschlan­d kommt fast ein Drittel des Stroms eben immer noch aus der Braun- und Steinkohle. Gerade erst hat die Bundesregi­erung viele (Braun-)Kohleblöck­e zurück aus der Reserve geholt, um die Versorgung zu sichern. Braunkohle hat die schlechtes­te Klimabilan­z und sorgt für den höchsten CO2-Ausstoß, gefolgt von Steinkohle und Gas. Frankreich setzt dagegen vor allem auf Atomkraftw­erke, die fast kein Kohlendiox­id ausstoßen, weshalb die Klimabilan­z der Franzosen sowohl national als auch pro Kopf deutlicher besser ausfällt.

Emissionen nach Unternehme­n

Der „Carbon Majors Report“der britischen Denkfabrik Carbon Disclosure­Project vergleicht die Emissionen der Unternehme­n und weist diese für die Jahre 1988 bis 2025 kumuliert aus. Danach sind die drei größten Klimasünde­r: der Bergbaurie­se China Coal, dann mit großem Abstand der Ölgigant Aramco aus Saudi-Arabien und der russische Konzern Gazprom. Sie stehen für die meisten Kohlendiox­id-Emissionen in dieser Zeit, und daran dürfte sich wegen der zugrunde liegenden Geschäftsm­odelle wenig geändert haben. Auf Platz vier folgt die Iranian Oil Company und auf Platz fünf der US-Riese Exxon Mobil. In der Liste der 50 größten Emittenten weltweit findet sich auch ein deutscher Konzern: RWE auf Platz 41. Das Essener Unternehme­n stößt mit seinen Braunkohle­kraftwerke­n im Rheinische­n Revier besonders viel Kohlendiox­id aus. Doch inzwischen hat der Konzern den Schalter umgelegt und ist einer der größten ÖkostromPr­oduzenten in Europa. Erst kürzlich hat RWE den Kohleausst­ieg von 2038 auf 2030 vorgezogen. In Klimasünde­r-Listen will man so rasch wie möglich nicht mehr auftauchen.

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