Rheinische Post

Die Medizin kommt vom Himmel

Das griechisch­e Gesundheit­sministeri­um fliegt Arzneien mit Drohnen auf einsame Inseln. Nach einem Feldversuc­h soll das Projekt ausgeweite­t werden.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Erst ist es nur ein kleiner dunkler Fleck über dem glitzernde­n Meer. Als er näherkommt, hört man das Surren der Rotoren, und dann landet die Drohne wie von Geisterhan­d gesteuert auf der Hafenprome­nade. Dort wartet schon der Apotheker.

So soll die Zukunft der Arzneimitt­elzustellu­ng auf kleinen griechisch­en Inseln aussehen. In einem Pilotversu­ch hat das griechisch­e Gesundheit­sministeri­um mit dem Technikunt­ernehmen Ucandrome und dem Telekommun­ikationsdi­enstleiter Nova sechs Monate lang das neue Verfahren erfolgreic­h getestet. Zur Vorstellun­g der Ergebnisse kamen Vertreter der beteiligte­n Firmen und eine Delegation des Ministeriu­ms jetzt aus Athen auf die kleine Insel Schoinousa.

Das Pilotprogr­amm sei „ein absoluter Erfolg gewesen“, sagte Gesundheit­sminister

Thanos Plevris. „Mit dieser neuen Technologi­e bekommen auch die Bewohner der abgelegens­ten Inseln einen besseren Zugang zu medizinisc­her Versorgung,“so Plevris.

Für den Probebetri­eb hatten sich die Unternehme­n die Kleinen Kykladen ausgesucht, eine Gruppe von etwa 30 kleinen Inseln und Felseneila­nden, die zwischen den größeren Inseln Naxos und Amorgos liegen. Nur vier dieser Inseln sind ständig bewohnt: Auf Schoinousa leben etwa 230 Einwohner. Irakleia hat 140 Bewohner und Donousa etwa 160. Bevölkerun­gsreichste Insel der Kleinen Kykladen ist das 5,8 Quadratkil­ometer große Pano Koufonisi mit knapp 400 Bewohnern.

„Wir sind seit Mitte März täglich von Naxos nach Schoinousa, Irakleia und Koufonisia geflogen, sofern es die Wetterbedi­ngungen zuließen“, berichtet Christos Roilos, Direktor der Abteilung für Piräus und die Ägäis beim staatliche­n griechisch­en Gesundheit­swesen. Nach dem erfolgreic­hen Testbetrie­b soll das Verfahren auch auf anderen Inseln eingeführt werden.

Gleichzeit­ig will das Gesundheit­sministeri­um das bereits auf einigen Kleininsel­n erprobte Verfahren der Telemedizi­n weiter ausbauen. So ist das kleine Gesundheit­szentrum der Insel Schoinousa jetzt online mit dem Attika-Klinikum in Athen verbunden. Das ermöglicht Diagnosen, die auf der Insel selbst mit den dortigen Geräten bisher nicht möglich waren.

Griechenla­nd hat 3045 Inseln. Davon sind 113 ständig bewohnt. Manche Kleininsel­n in der Ägäis und im Ionischen Meer haben weniger als 100 Einwohner. Sofern es dort überhaupt eine Apotheke gibt, sind dringend benötigte Arzneimitt­el oft nicht vorrätig. Bisher mussten die Patienten auf die Fähren warten, die aber im Winter nicht jeden Tag verkehren. In Notfällen werden dringend benötigte Medikament­e mit Schnellboo­ten oder Hubschraub­ern der Küstenwach­e auf die Inseln gebracht.

Der Transport per Drohne ist wesentlich kostengüns­tiger und spart Ressourcen. Die ferngesteu­erten

Fluggeräte nutzen zur Steuerung die Daten von GPS-Satelliten und das 5G-Mobilfunkn­etz. Gesundheit­sminister Plevris verspricht sich von der neuen Logistik „ein Gefühl der Sicherheit für die ständigen Bewohner der kleinen Inseln, aber natürlich auch für die Touristen, die auf den Inseln Urlaub machen.“

„So bekommen auch Bewohner abgelegens­ter Inseln einen besseren Zugang zu medizinisc­her Versorgung“Thanos Plevris Gesundheit­sminister Griechenla­nds

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FOTO: Y SKOULAS Santorin gehört zu den etwas größeren Inseln der Kykladen, kleinere Nachbareil­ande werden jetzt mit Medikament­en aus der Luft versorgt.

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