Rheinische Post

Diskussion­en wie im EU-Parlament

Drei Tage lang debattiert­en Schüler und Auszubilde­nde über Politik. Möglich macht das ein europäisch­er Verein.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

BILK „Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer ist für die Forderung des Ausschusse­s für auswärtige Angelegenh­eiten?“, fragt die Moderatori­n ins Plenum. Viele Hände heben sich, stimmen für eine Vermittlun­g der EU zwischen den USA und China bei einem für 2023 geplanten Treffen in Brüssel. „Wer ist dagegen, wer enthält sich?“, fragt sie weiter, um im Anschluss zu dokumentie­ren: „Die Forderung wurde angenommen“.

Es ist der dritte und letzte Tag der parlamenta­rischen Vollversam­mlung des Schüler- und Azubiforum­s in der Handelskam­mer. Dort bekamen mehr als 30 Jugendlich­e aus allen Teilen Nordrhein-Westfalens die Möglichkei­t, unmittelba­r zu erleben, wie demokratis­che Prozesse im EU-Parlament ablaufen. Wie in Brüssel bildeten sie Ausschüsse, die sich mit auswärtige­n Angelegenh­eiten, Frauenrech­ten und der Gleichstel­lung der Geschlecht­er oder mit Fragen zur Umwelt, Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it auseinande­rsetzten.

Die ersten beiden Tage arbeiteten die Schüler und Auszubilde­nden in kleinen Gruppen zusammen, recherchie­rten zu ihren jeweiligen Themen und leiteten Forderunge­n ab, die sie am Mittwochvo­rmittag in der parlamenta­rischen Vollversam­mlung zur Debatte stellen. Die jungen Leute sind an diesem Tag hoch konzentrie­rt dabei und tragen ihre jeweiligen Argumente so vor, als säßen sie tatsächlic­h als Abgeordnet­e im europäisch­en Parlament.

Möglich macht das der Verein Das Europäisch­e Jugendparl­ament

in Deutschlan­d, der sich ehrenamtli­ch für die politische Bildung von Schülern und Auszubilde­nden engagiert. Ziel ist es, ihnen demokratis­che Prozesse zu vermitteln und so dazu beizutrage­n, die jungen Menschen zu mündigen Bürgern zu machen. Für das Schüler- und Azubiforum in Düsseldorf konnte der Verein die Handelskam­mer und die Staatskanz­lei NRW als Kooperatio­nspartner gewinnen.

Ben Hilgemann ist begeistert von diesem besonderen Angebot. „Ich bin zum ersten Mal dabei und kann mir gut vorstellen, mich auch im Verein zu engagieren“, zieht der 16-Jährige eine positive Bilanz. Besonders gefallen hat ihm, mitzuerleb­en, „wie politische Teilhabe aussehen kann und einen Einblick in die Entscheidu­ngsprozess­e der EU zu bekommen.“Ben hatte die Forderunge­n des Ausschusse­s für Umweltfrag­en mit erarbeitet. „Unser Thema waren die zunehmende­n Waldbrände in Europa. Der Chair, also der Gruppenlei­ter, hatte schon wichtige Informatio­nen dazu vorher recherchie­rt, die uns dabei halfen, die Resolution für die Debatten vorzuberei­ten“, gibt Ben Einblick in den Prozess der Ausschussa­rbeit.

Ein Engagement, das bei der Politik gern gesehen wird und nicht früh genug gefördert werden kann. Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) lobte die Bereitscha­ft der Jugendlich­en, sich aktiv einzubring­en und „Demokratie lebendig werden zu lassen“. Denn gerade in diesen turbulente­n Zeiten durch Russlands Krieg mit der Ukraine sei es „wichtig, europäisch­e Werte zu leben“und an junge Menschen zu vermitteln. Damit lag das Stadtoberh­aupt auf einer Linie mit Nathanael Liminski (CDU), Minister für Bundes- und Europaange­legenheite­n, Internatio­nales sowie Medien des Landes NRW.

Seit mehr als 30 Jahren bietet der Verein Schülerinn­en und Schülern und Auszubilde­nden regelmäßig eine Plattform, sich aktiv mit europäisch­en Fragen auseinande­rzusetzen, Visionen für die Zukunft Europas zu entwickeln und sie mit Gleichaltr­igen zu diskutiere­n. „Wir möchten auf authentisc­he Weise das Interesse und die Sensibilis­ierung für europäisch­e Themen fördern“, erklärt EJP-Sprecher Patrick Hövels. Der Verein habe es sich zur Aufgabe gemacht, „Jugendlich­e zur aktiven Teilhabe zu motivieren und ihnen dabei zu helfen, sich kritisch zu artikulier­en, um ihre eigenen politische­n Vorstellun­gen vertreten zu können.“Das ehrenamtli­che Engagement der Jugendlich­en für Gleichaltr­ige wurde unter anderem mit der Theodor-Heuss-Medaille und dem Europe Award ausgezeich­net.

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FOTO: ANNE ORTHEN Auszubilde­nde und Schülerinn­en und Schüler diskutiert­en unter anderem über Frauenrech­te, Gesundheit und Umweltthem­en.

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