Diskussionen wie im EU-Parlament
Drei Tage lang debattierten Schüler und Auszubildende über Politik. Möglich macht das ein europäischer Verein.
BILK „Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer ist für die Forderung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten?“, fragt die Moderatorin ins Plenum. Viele Hände heben sich, stimmen für eine Vermittlung der EU zwischen den USA und China bei einem für 2023 geplanten Treffen in Brüssel. „Wer ist dagegen, wer enthält sich?“, fragt sie weiter, um im Anschluss zu dokumentieren: „Die Forderung wurde angenommen“.
Es ist der dritte und letzte Tag der parlamentarischen Vollversammlung des Schüler- und Azubiforums in der Handelskammer. Dort bekamen mehr als 30 Jugendliche aus allen Teilen Nordrhein-Westfalens die Möglichkeit, unmittelbar zu erleben, wie demokratische Prozesse im EU-Parlament ablaufen. Wie in Brüssel bildeten sie Ausschüsse, die sich mit auswärtigen Angelegenheiten, Frauenrechten und der Gleichstellung der Geschlechter oder mit Fragen zur Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auseinandersetzten.
Die ersten beiden Tage arbeiteten die Schüler und Auszubildenden in kleinen Gruppen zusammen, recherchierten zu ihren jeweiligen Themen und leiteten Forderungen ab, die sie am Mittwochvormittag in der parlamentarischen Vollversammlung zur Debatte stellen. Die jungen Leute sind an diesem Tag hoch konzentriert dabei und tragen ihre jeweiligen Argumente so vor, als säßen sie tatsächlich als Abgeordnete im europäischen Parlament.
Möglich macht das der Verein Das Europäische Jugendparlament
in Deutschland, der sich ehrenamtlich für die politische Bildung von Schülern und Auszubildenden engagiert. Ziel ist es, ihnen demokratische Prozesse zu vermitteln und so dazu beizutragen, die jungen Menschen zu mündigen Bürgern zu machen. Für das Schüler- und Azubiforum in Düsseldorf konnte der Verein die Handelskammer und die Staatskanzlei NRW als Kooperationspartner gewinnen.
Ben Hilgemann ist begeistert von diesem besonderen Angebot. „Ich bin zum ersten Mal dabei und kann mir gut vorstellen, mich auch im Verein zu engagieren“, zieht der 16-Jährige eine positive Bilanz. Besonders gefallen hat ihm, mitzuerleben, „wie politische Teilhabe aussehen kann und einen Einblick in die Entscheidungsprozesse der EU zu bekommen.“Ben hatte die Forderungen des Ausschusses für Umweltfragen mit erarbeitet. „Unser Thema waren die zunehmenden Waldbrände in Europa. Der Chair, also der Gruppenleiter, hatte schon wichtige Informationen dazu vorher recherchiert, die uns dabei halfen, die Resolution für die Debatten vorzubereiten“, gibt Ben Einblick in den Prozess der Ausschussarbeit.
Ein Engagement, das bei der Politik gern gesehen wird und nicht früh genug gefördert werden kann. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) lobte die Bereitschaft der Jugendlichen, sich aktiv einzubringen und „Demokratie lebendig werden zu lassen“. Denn gerade in diesen turbulenten Zeiten durch Russlands Krieg mit der Ukraine sei es „wichtig, europäische Werte zu leben“und an junge Menschen zu vermitteln. Damit lag das Stadtoberhaupt auf einer Linie mit Nathanael Liminski (CDU), Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes NRW.
Seit mehr als 30 Jahren bietet der Verein Schülerinnen und Schülern und Auszubildenden regelmäßig eine Plattform, sich aktiv mit europäischen Fragen auseinanderzusetzen, Visionen für die Zukunft Europas zu entwickeln und sie mit Gleichaltrigen zu diskutieren. „Wir möchten auf authentische Weise das Interesse und die Sensibilisierung für europäische Themen fördern“, erklärt EJP-Sprecher Patrick Hövels. Der Verein habe es sich zur Aufgabe gemacht, „Jugendliche zur aktiven Teilhabe zu motivieren und ihnen dabei zu helfen, sich kritisch zu artikulieren, um ihre eigenen politischen Vorstellungen vertreten zu können.“Das ehrenamtliche Engagement der Jugendlichen für Gleichaltrige wurde unter anderem mit der Theodor-Heuss-Medaille und dem Europe Award ausgezeichnet.