Rheinische Post

„Ich habe durchaus eine helle Seite“

Der 63-jährige Schauspiel­er ist an diesem Sonntag im Robert-Schumann-Saal zu erleben. In Düsseldorf begann einst seine Karriere.

- REGINA GOLDLÜCKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF In der Reihe „Zweiklang! Wort und Musik“im RobertSchu­mann-Saal gastiert diesen Sonntag der Schauspiel­er Ulrich Matthes mit seinem literarisc­hen Programm „Übers Meer“, frisch zusammenge­stellt mit Gedichten und Geschichte­n von Ingeborg Bachmann, Joachim Ringelnatz, Guy de Maupassant, Arthur Rimbaud und anderen. Er komme sehr gern nach Düsseldorf, sagt er am Telefon. Nur werde es ein knapper Abstecher, danach müsse er den Abendzug zurück nach Berlin nehmen.

Was treibt Sie zu dieser Eile, Herr Matthes?

MATTHES Etwas, worüber ich sehr glücklich bin. Ich drehe gerade jeden Tag eine Romantic Comedy für die ARD. Eine Mischung aus Drama und Komödie, mit Nina Kunzendorf an meiner Seite. Montag früh um sechs Uhr werde ich wieder abgeholt. Meine Hauptrolle ist ein trauriger Witwer, dem seine Tochter mit einer List ins Leben zurückhelf­en will. Ein sympathisc­her Mann – kein Bösewicht, kein Nazi.

Man verortet Sie ja mehr in der düsteren Ecke, denkt man an Charakters­tudien wie den Tatort „Im Schmerz geboren“. Und niemand wird Sie je vergessen als Joseph Goebbels in „Der Untergang“. MATTHES Dabei bin ich weder düster noch Nazi! (lacht) Ich habe durchaus eine helle, humorvolle Seite. Dass die nun zur Geltung kommen darf, freut mich enorm. Wir leben in komplizier­ten Zeiten, da ist es schön, ein Signal der Hoffnung auszusende­n. Ein Film, der gute Laune macht, wird mir leider selten angeboten. Mag sein, dass manche nun sagen, ich würde in meinen älteren Tagen kitschig. Nee, gar nicht, als Berliner bin ich absolut unsentimen­tal.

Sie haben sich für Ihre Lesung das Meer als Thema ausgesucht. Was verbinden Sie damit?

MATTHES Ganz viel, angefangen bei den Sylt-Aufenthalt­en mit meinen Eltern und meinem Bruder. Die Insel ist noch immer wunderschö­n, wenn man die Stille sucht. Der Duft der Heide! Die salzige Luft! Sylt ist für mich ein energetisc­her Schub. Denke ich ans Meer, denke ich erst mal an die Nordsee.

Und was ist mit all den anderen Meeren?

MATTHES Na, das Mittelmeer natürlich. Oder der Pazifik. Wenn man in Los Angeles an der Küste steht, ist das Licht ganz besonders. Das sind magische Momente.

War es leicht, Dichter zu finden, die das Meer poetisch verinnerli­chen? MATTHES O ja. Ich werde in einer schönen Mischung ganz unterschie­dliche Texte lesen und muss mich nach jedem Musikstück schnell umstellen. „Das trunkene Schiff“von Rimbaud geht eigentlich nur mit einer Droge intus (lacht). Dann sind da diese stille Bachmann und der lustige Ringelnatz. Ich überlege hin und her, ob ich ihn mit hanseatisc­hem Zungenschl­ag lesen soll. Jedenfalls wird es ein leichter, feiner Abend. Einer zum Träumen, weil die Musik so schön dazu passt.

Düsseldorf ist Ihnen nicht fremd, Sie waren 1985 am Schauspiel­haus engagiert.

MATTHES Ein intensives Jahr mit vier wichtigen Rollen. Davor war ich zwei Jahre am Theater in Krefeld/Mönchengla­dbach. Übrigens: Für meine Rolle als Conférenci­er in „Cabaret“erhielt ich den „Oscar“der Rheinische­n Post. Toll, oder? In dieser Inszenieru­ng sah mich Günther Beelitz und holte mich an sein wunderbare­s Schauspiel­haus.

Also schwingen gute Erinnerung­en an diese Zeit mit?

MATTHES Sehr! Ich spielte die Titelrolle in der Uraufführu­ng „Heinrich oder die Schmerzen der Phantasie“

von Tankred Dorst. Es gab super Kritiken. Ab da ging es richtig los. Und so kann ich sagen, dass Düsseldorf der Startschus­s für meine Theaterkar­riere war. Ob jemand noch Fotos von damals hat? Das fände ich ulkig! Man würde sagen: Ach Mensch, wir werden alle nicht jünger.

Leider zogen Sie nach der Intendanz von Günther Beelitz weiter. Zu Theatern in München, zur Berliner Schaubühne. Seit 2004 sind Sie im Ensemble am Deutschen Theater in Berlin, eine seltene Treue. Ist es die Stadt, ist es das Haus?

MATTHES Ganz klar beides. Ich bin ein leidenscha­ftlicher Berliner. Wo immer ich war, stets hatte ich ein bisschen Heimweh, obwohl ich mich speziell im Rheinland wohlfühlte.

Es muss etliche Abwerbungs­versuche gegeben haben.

MATTHES Schon. Aber Berlin ist meine Stadt. Ich bin im Deutschen Theater ganz fest verwurzelt, geradezu innig. Dort werde ich auch bleiben.

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