Wenn das Krankenhaus verwundbar wird
Kritische Infrastruktur braucht Unterstützung von Kommunen und Bevölkerung.
Wenn es darum geht, wie die private Sicherheitsbranche Städte und Gemeinden un
terstützen kann, sagt Tobias Stamper: „Eine Anpassung der Zugangs- und Qualitätsvoraussetzungen für private Sicherheitsdienstleister würde aus meiner
Sicht bereits einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit in Deutschland leisten. Denn nur Sicherheitsdienstleister mit eigener Infrastruktur, Standortpräsenz und entsprechender Personalpower werden in klar definierten Aufgabenbereichen unterstützen können, um den Behörden im Bedarfsfall Ressourcen und Freiräume für deren originäre Aufgaben zur Gefahrenabwehr zu schaffen.“Stamper leitet die Geschicke der Securitas Sicherheitsdienste GmbH und plädiert dafür, dass staatliche Instanzen Sicherheitsstrukturen noch systematischer installieren. Dies fange mit der Auftragsvergabe der öffentlichen Hand für Sicherheitsdienstleistungen an. „In Deutschland gibt es rund 6500 Unternehmen in der Sicherheitsbranche, da die Anforderungen an die Gründung einer Sicherheitsfirma in Deutschland noch immer sehr niedrig sind.“So würden seiner Ansicht nach zum Teil Firmen für Sicherheitsleistungen beauftragt, die diese in der Praxis oft gar nicht leisten könnten.
Besonders kritische Infrastrukturen sind auf die Unterstützung der Gemeinden und Kommunen angewiesen. Ulrich Dreiner, Geschäftsbereichsleiter beim Düsseldorfer Universitätsklinikum, verweist auf den Hackerangriff auf das Klinikum vor gut zwei Jahren. „Wir konnten vorübergehend nur mit Stift, Papier und Faxgeräten arbeiten. Das muss man sich vorstellen: Wir waren in manchen Gebäudeteilen noch nicht mal in der Lage zu telefonieren.“Bei dem Angriff wurde das komplette IT-System der Klinik lahmgelegt. Die Notaufnahme musste schließen, Operationstermine wurden verschoben und Behandlungstermine abgesagt. Das Krankenhaus musste sich schließlich für 13 Tage von der Notversorgung abmelden. Mit über 50.000 stationär und rund 300.000 ambulant behandelten Patienten pro Jahr gehört die Uniklinik zu den größten Krankenhäusern in NRW. „Die enge Zusammenarbeit mit der Stadt, der Polizei und hinzugezogenen IT-Experten hat uns geholfen, den Betrieb wieder zum Laufen zu bringen“, so Dreiner. Der Vorfall zeigt, wie verwundbar selbst die wichtigsten Einrichtungen durch Attacken über das Internet sind.
Hartmut Krabs-Höhler, Vorstandsvorsitzender des DRK-Landesverbands Nordrhein, gibt zu verstehen, dass es zwar möglich ist, sich in gesundheitsrelevanten Einrichtungen wie Pflegeheimen auf bestimmte Krisenszenarien vorzubereiten. Etwa durch die Möglichkeit, Trinkwasser aufzubereiten oder Dienstnotfallpläne für die Mitarbeiter einer Einrichtung zu erstellen. Am Ende ist für ihn aber die „Resilienz der Bevölkerung eine Schlüsselfrage“im Hinblick auf öffentliche Sicherheit und Ordnung. „Wir beim DRK können nur bis zu einem gewissen Maß Sicherheit bieten.“Er würde sich wünschen, dass den Menschen mehr Hilfe zur Selbsthilfe angeboten würde, beispielsweise indem die Bundesländer Erste-HilfeKurse in den Stundenpläne der Schulen etablierten.