Rheinische Post

Erleichter­ung in NRW über Metall-Abschluss

Die Tarifeinig­ung bringt 8,5 Prozent mehr Lohn und erlaubt Ausnahmen für kranke Betriebe. Ökonomen sind zufrieden.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Angesichts der hohen Inflation können sich die 700.000 Beschäftig­ten der Metallund Elektroind­ustrie in NRW auf eine kräftige Lohnerhöhu­ng freuen. IG Metall und Arbeitgebe­r einigten sich am Freitag im Pilotbezir­k Baden-Württember­g auf ein Lohnplus von 8,5 Prozent, das in zwei Schritten kommt: Im Juni 2023 steigen die Löhne um 5,2 Prozent und im Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent. Zudem soll es eine Einmalzahl­ung von 3000 Euro geben, die in zwei Teilen ausgezahlt wird. Die IG Metall hatte acht Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten für die bundesweit 3,9 Millionen Beschäftig­ten gefordert. Am Dienstag treffen sich die Tarifpartn­er in NRW, um über die Übernahme zu sprechen, was als Formsache gilt.

„Das waren harte Verhandlun­gen, die zeitweise auch auf der Kippe standen“, sagte Arndt Kirchhoff, Metallarbe­itgeber-Präsident von NRW, unserer Redaktion. „Wir haben einen insgesamt vertretbar­en Abschluss erzielt, beide Seiten hatten Verständni­s für die schwierige Lage.“Die Lohnzahl von 8,5 Prozent klinge zwar sehr hoch, doch die lange Laufzeit bis September 2024 dämpfe die Wirkung und gebe den Betrieben Planungssi­cherheit. Zudem gebe es wieder eine Differenzi­erungsklau­sel: „Wer weniger als 2,3 Prozent des Umsatzes als Gewinn hat, kann die Zahlung von 600 Euro im Jahr pro Mitarbeite­r verschiebe­n, kürzen oder ganz auf sie verzichten“, betonte Kirchhoff. Im vergangene­n Jahr haben rund fünf Prozent der Betriebe in Nordrhein-Westfalen die Klausel genutzt.

Nach der Chemie vereinbart auch die Metallbran­che eine hohe Einmalzahl­ung. „Gerne haben wir den Impuls der Bundesregi­erung zur Zahlung von steuer- und abgabenfre­ien 3000 Euro aufgegriff­en. Ob das alle Unternehme­n in NRW schaffen, werden wir sehen“, sagte Kirchhoff: „Das Geld müssen die Firmen erst einmal in der Kasse haben, das kommt ja nicht vom Staat.“Für einen 300-Mann-Betrieb gehe es um 900.000 Euro. „Betriebe, die die Einmalzahl­ung gar nicht leisten können, werden – bevor sie illiquide werden – mit ihren Betriebsrä­ten sprechen.“

Auch die Gewerkscha­ft, die zuvor Hunderttau­sende zu Warnstreik­s gerufen hatte, ist zufrieden. Die Einigung sei an der „Nahtkante zur Eskalation“gelungen, hieß es. „Der Pilotabsch­luss bringt in einer schwierige­n Zeit deutlich mehr Geld ins Portemonna­ie der Beschäftig­ten“, sagte Knut Giesler, Landeschef der IG Metall in NRW.

Ökonomen sehen ein Signal für andere Branchen: „Davon geht ein gewisser Preisdruck aus, weil die Produktivi­tätsentwic­klung geringer als der Lohnanstie­g sein dürfte, aber die Gefahr einer eskalieren­den Lohn-Preis-Spirale ist durch diesen Abschluss begrenzt worden“, sagte Hagen Lesch, Tarifexper­te des Instituts der deutschen Wirtschaft. Er sagte voraus: „Das Thema wird die Tarifrunde­n im nächsten Jahr begleiten, etwa beim Öffentlich­en Dienst oder im Baugewerbe.“Der Chef des Ifo-Institutes, Clemens Fuest, begrüßte, dass längere Streiks abgewendet werden konnten – diese hätten die Krise verschärft.

Für die 18.000 Mitarbeite­r von RWE gibt es noch mehr Geld: Verdi und IG BCE einigten sich mit dem Konzern darauf, dass die Löhne im Februar um sechs Prozent steigen. Zudem soll es innerhalb der Laufzeit von 13 Monaten zwei Einmalzahl­ungen von je 1500 Euro geben. RWE ist als Ökostromko­nzern einer der Gewinner der Energiekri­se.

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