Neue Aufregung um Adler-Gruppe
Weitere Löcher in der Bilanz des Immobilienkonzerns alarmieren auch Aktionärsschützer.
BERLIN/FRANKFURT Womöglich haben sich die Aktionäre des Berliner Immobilienkonzerns Adler Real Estate schon ans Leiden gewöhnt. Die Mitteilung der Finanzaufsichtsbehörde Bafin jedenfalls, derzufolge sie in der Adler-Bilanz für 2019 erneut Fehler gefunden haben will, hat sich auf den Aktienkurs des Konzerns kaum ausgewirkt. Der war am Freitag fast unverändert, nachdem die Aktie in den vergangenen Monaten einen Großteil ihres Wertes eingebüßt hatte. Einer der Aktionäre ist der Bochumer Dax-Konzern Vonovia, der 20,5 Prozent der Anteile hält, sie aber bereits abgeschrieben hat.
Unabhängig von den kaum spürbaren Auswirkungen auf den Kurs hat die Mitteilung der Finanzaufsicht allerdings einen deutlichen
Effekt. Denn es handelt sich um einen Verwaltungsakt, der Adler rechtlich dazu zwingen würde, die Bilanz für 2019 noch einmal aufzumachen. Das will der Immobilienkonzern aber nicht akzeptieren, und deshalb hat er bereits Rechtsmittel gegen den Bafin-Bescheid angekündigt. Klagen könnte er gegen die Finanzaufsicht vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.
Einer der Mängel, die die Bafin entdeckt hat, betrifft die ADO Properties, an der Adler rund 33 Prozent der Anteile hält. Ihre Konsolidierung in der Adler-Bilanz sei nicht zulässig gewesen, urteilt die Finanzaufsicht. Konsolidierung bedeutet, dass Einzelabschlüsse von Unternehmen aus einer Gruppe zu einem einzigen zusammengefasst werden. Das dürfe man aber nur dann, „wenn eine Beherrschungssituation vorliegt“, schreibt die Bafin. Dazu müsse das Unternehmen, das den Konzernabschluss aufstelle, über Rechte verfügen, die maßgeblichen Tätigkeiten beim Beteiligungsunternehmen zu lenken. Dazu reichen 33,25 Prozent aus Sicht der Finanzbehörde im Fall Adler/ADO nicht aus.
Außerdem habe der Lagebericht von Adler nur unzureichend über die Risiken informiert, die mit einer fehlerhaften Einschätzung der Beherrschung der ADO Properties verbunden gewesen seien, so die Aufseher. Und es habe keine Aufzeichnungen darüber geführt, „ob und warum Vertragspartner von Unternehmensund Immobilientransaktionen als nahestehende Unternehmen oder Personen klassifiziert wurden.“
Aus Sicht von Aktionärsschützern ist das Ganze ein Horrorszenario:
„Das Urteil der Bafin ist desaströs. Allein die Dimension, um die es geht, zeigt, wie es um Adler wirklich bestellt ist. Die schiere Größe übersteigt alles, was man sich eigentlich noch vorstellen kann“, sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), unserer Redaktion. In der Tat: Nach den Erkenntnissen der Bafin sind bei Adler die Bilanzsumme um fast vier Milliarden Euro und das Ergebnis um eine runde halbe Milliarde Euro zu hoch gewesen. Und ob’s das schon war, ist offen. „Das dicke Ende kommt vielleicht noch“, so DSW-Experte Tüngler. Die Bafin prüft derzeit auch noch die Adler-Abschlüsse für 2020 und 2021. Wann die Prüfung beendet ist, lässt sich nach Angaben eines Bafin-Sprechers vom Freitag noch nicht absehen.