Rheinische Post

Wie man Pflegekräf­te aus dem Ausland holt

Samuel Schenk und Sebastian Siebert haben mit Medicruite­r ein Unternehme­n gegründet, das dabei hilft, Pflegekräf­te aus dem Ausland zu gewinnen. Die ersten werden Anfang kommenden Jahres in Düsseldorf eintreffen.

- VON TINO HERMANNS

DÜSSELDORF Sebastian Siebert ist in Mexico City. Einer der Gründer von Medicruite­r hatte seinen Flug in die mexikanisc­he Hauptstadt zwar um einen Tag verschoben, denn am Abend zuvor stand der promoviert­e Betriebswi­rtschaftle­r nämlich noch beim „d-health up“-Pitch, also dem Wettbewerb­s für Start-ups in der Gesundheit­swirtschaf­t auf der Bühne im Roy-Lichtenste­in-Saal der Heinrich-Heine-Universitä­t.

D-health up ist mit einer Gesamtsumm­e von über 30.000 Euro dotiert und wird unter den Finalisten und Gewinnern in Form von Sachpreise­n aufgeteilt. In jeweils sieben Minuten stellten die vier Wettbewerb­sfinaliste­n ihre Geschäftsi­dee und deren Umsetzung vor. „Wir haben sehr oft gehört, dass es zwischen ausländisc­hen Pflegekräf­ten und den Arbeitgebe­rn nicht passt. Sprach- und Integratio­nsprobleme wurden vor der Vertragsun­terzeichnu­ng deutlich unterschät­zt“, sagt Siebert. „Daraufhin haben wir ein Programm entwickelt, dass die Pflegekräf­te schon in den Herkunftsl­ändern sprachlich und interkultu­rell auf die Arbeitswel­t in Deutschlan­d vorbereite­t.“

Dazu zählt dann nicht nur der perfekte Umgang mit der Pflegefach­sprache, sondern auch mit der deutschen Sprache im Allgemeine­n. Sämtliche Medicruite­r-Pflegekräf­te müssen die B2-Prüfung beim Goethe-Institut oder bei TELC ablegen und sind auf die Anerkennun­gsprüfung ihrer Pflegeausb­ildung in

Deutschlan­d bestens vorbereite­t. Auch im bundesdeut­schen Bürokratie­dschungel stehen die „Medicruite­r“an der Seite der Pflegekräf­te. „Die Pflegeausb­ildung beispielsw­eise in lateinamer­ikanischen Ländern ist anders als in Deutschlan­d organisier­t und findet an Hochschule­n statt“, sagt Siebert.

Deshalb arbeite man dort direkt mit den Universitä­ten zusammen. So könne man Pflegekräf­te schon während ihres Studiums für eine Arbeit in Deutschlan­d begeistern. Das ist ja auch dringend nötig angesichts der vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln prognostiz­ierten Versorgung­slücke im Klinik- und Pflegebere­ich von knapp 500.000 Fachkräfte­n im Jahr 2035.

Derzeit bereiten sich an die 500 Pflegekräf­te in Lateinamer­ika und auf den Philippine­n auf ihren Job in Deutschlan­d vor. Im ersten Quartal 2023 treffen die ersten von ihnen in Deutschlan­d ein. Drei Monate später sollen alle Anerkennun­gshinderni­sse überwunden sein. „Bei uns wartet noch ein hoher administra­tiver Aufwand“, sagt der Arbeitsmed­iziner Andreas Meyer-Falcke, Chief Informatio­n Officer (CIO) des Landes NRW und Jurymitgli­ed. „Aufenthalt­s-, Arbeitserl­aubnis, Fachkraftz­ulassung und vieles mehr müssen geregelt werden.“

Die Kosten für die Medicruite­rKurse in den Herkunftsl­ändern, die weitere Unterstütz­ung in Deutschlan­d durch das in Düsseldorf ansässige Unternehme­n und die Zusammenfü­hrung von Kliniken und

Pflegekraf­t zahlen die Arbeitgebe­r. „Das rechnet sich“, sagt Meyer-Falcke. „Wenn der Personaldi­rektor einer Klinik selber nach Südamerika fliegt, dort wochenlang nach ein oder zwei Pflegekräf­ten sucht, ihnen Sprachkurs­e und Fachkrafta­nerkennung­skurse finanziert und in vieles mehr investiere­n muss, ist die Vermittlun­gsgebühr ein Schnäppche­n.“Meyer-Falcke und seine Jury-Kollegen setzten Medicruite­r auf Platz drei im d-health-up-Wettbewerb.

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FOTO: HERMANNS Samuel Schenk (l.) und Sebastian Siebert bei der Präsentati­on ihres Unternehme­ns beim Wettbewerb für Start-ups.

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