Du bist anders als vor einem Jahr
An den letzten Sonntagen des Kirchenjahres hören wir im katholischen Kontext der Liturgie oft vom Kommen des Herrn. Er ist in diese Welt schon gekommen – damals. Er will aber immer wieder neu ankommen, in jedem von uns. Ein polnischer Schriftsteller des letzten Jahrhunderts sagt es so: „Du bist anders als vor einem Jahr. Du siehst anders aus als vor einem Jahr. Du hörst anders. Du denkst anders als vor einem Jahr. Er muss in Dir neu geboren werden.“
Wir sind jedes Jahr andere Menschen. Ganz besonders wurde uns diese Tatsache in diesem Jahr deutlich. Durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine hat die Aussagekraft jener Texte eine uns bis jetzt nicht bekannte Intensität bekommen.
Dieser Krieg und die Schrecken des Krieges geschehen direkt vor unserer Tür – und auch wenn wir diese Tür schließen, haben wir Angst, dass sie uns durch die Bedrohung des Energieausfalls buchstäblich einen neuen, kalten Krieg bescheren könnten.
Es reicht nicht, auf die russischen Soldaten als Täter zu verweisen. Die ganze Gewalttätigkeit unserer Welt kommt zum Vorschein und dabei auch alle Fehler, die unsere Politik und Wirtschaft verschuldet haben. Kurzsichtigkeit, finanzielle Vorteile, Arroganz und fehlende Selbstkritik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass wir Angst um unsere Zukunft haben müssen.
Mitten in dieser Angst und Ratlosigkeit, mitten in dieser Gewalt richtet euch auf und fasst Mut!
Wir müssen also unsere Augen öffnen, um die Spuren der Erlösung mitten in unserer Welt des Unheils aufzuspüren. Die Sorgen des heutigen Alltags nehmen viel Raum ein, sie dürfen uns aber nicht die Perspektiven unseres Lebens und unseres Glaubens rauben. Gott hat Interesse am Menschen und dessen Wohlergehen. Ich denke an die Menschen in der Ukraine, die sich trotz der Bomben, Granaten und hagelnden Kugeln ihre Würde bewahrt haben. Ich bewundere sie für diese Haltung!