Ein Riss in der Endgültigkeit
An diesem Sonntag begehen Protestanten den Toten- oder Ewigkeitssonntag.
Heinz Müller... Martina Schulze...“Im Gottesdienst werden die Namen verlesen. Für jeden Verstorbenen des letzten Jahres zündet der Pfarrer eine Kerze an. Dann spricht die Gemeinde ein Gebet. So geschieht es Jahr für Jahr Ende November in der Evangelischen Kirche: Der letzte Sonntag des Kirchenjahres ist der Toten- oder Ewigkeitssonntag: Der Sonntag, in dem das Gedenken an die Verstorbenen im Mittelpunkt stehen.
„Der Sonntag hat zwei Namen“, sagt die Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene im Düsseldorfer Landeskirchenamt, Oberkirchenrätin Wibke Janssen: „Als Totensonntag erinnert er an die harte Wirklichkeit des Todes, als Ewigkeitssonntag daran, dass es mehr gibt als die Welt, in der wir uns befinden.“Die christliche Hoffnung auf die Auferstehung helfe den Gläubigen, es aushalten zu müssen, dass Menschen sterben. Entsprechend gehören Angebote für Trauernde zu den wichtigsten Arbeitsschwerpunkten der Rheinischen Kirche. Trauercafés und Beratungsangebote werden in vielen Kirchengemeinden angeboten.
Relativ neu ist, dass die Trauer auch den Weg ins Internet findet.
In diesem Jahr etwa bietet die Rheinische Kirche mit anderen Landeskirchen auf dem Portal Trauernetz. de eine Chat-Andacht am Ewigkeitssonntag an. Wer teilnehmen möchte, kann die Namen von Verstorbenen in ein digitales Trauerbuch eintragen lassen. Während der Andacht werden die Namen per Video eingeblendet, und es wird für die Verstorbenen gebetet. „Die Pandemie hat gezeigt, dass auch online Gemeinschaft möglich ist“, sagte der Internetbeauftragte der Rheinischen Kirche, Ralf-Peter Reimann.
Die klassische Form der evangelischen Trauerarbeit ist indes die Bestattung auf dem Kirchhof. Eine Amtshandlung der Kirchen, die in den letzten Jahren an Bedeutung verloren hat. 255.000 Menschen werden nach Angaben der Evangelischen
Kirche in Deutschland jährlich mit evangelischem Geleit bestattet, davon 241.000 Kirchenmitglieder. 2012 waren es noch 331.000. Längst nicht mehr nur Gemeindemitglieder werden von einem Pfarrer bestattet, umgekehrt sind es aber längst nicht nur Christen, die in einem Gottesdienst beigesetzt werden. In manchen Landeskirchen, etwa in Berlin-Brandenburg oder in der Nordkirche, gibt es Kasualagenturen, bei denen Pfarrer auch für Familien, die der Kirche nicht mehr angehören, individuelle Rituale anbieten.
Die Rheinische Oberkirchenrätin Janssen betont im Gespräch indes besonders die Hoffnung, die durch eine christliche Bestattung vermittelt werden kann. „In der Bestattung erinnern wir in einer ganz eigenen Weise an die Verstorbenen“, sagt Janssen. Die Kraft der jahrtausendealten biblischen Texte sei bei christlichen Bestattungen ganz besonders deutlich zu spüren. „Durch seine Auferstehung hat Jesus einen Riss in die Endgültigkeit des Todes gerissen“, sagt Janssen. Deswegen glaubten Christen an die Auferstehung der Verstorbenen – wovon etwas auch in den Gottesdiensten am Ewigkeitssonntag zu spüren sein wird.