Rheinische Post

Bei Depression­en helfen Gespräche

Der Kabarettis­t Torsten Sträter war zu Gast im Theater der Träume.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF „Ich erzähle ihnen jetzt, wie mein Gehirn funktionie­rt“, stellte Torsten Sträter seinem Publikum in Aussicht. Der Kabarettis­t war zu Gast beim Spenden-Event der SOS-Kinderdörf­er im Theater der Träume. Als Botschafte­r der Hilfsorgan­isation war der gebürtige Dortmunder nach Bosnien-Herzegowin­a gereist. „Ich habe geweint, als ich gesehen habe, was dort auf die Beine gestellt wird“, erinnerte er sich im Gespräch mit TV-Moderatori­n Jana Azizi.

Mit auf dem Podium saßen Lanna Idriss, Vorstand der SOS-Kinderdörf­er weltweit, Karien Bruynooghe, verantwort­lich für die Vergabe von Stipendien an besonderes begabte Jugendlich­e, und Iris Lanz, Initiatori­n des „Krisenchat­s“für junge Menschen bis 25 Jahre. Der Abend stand im Zeichen eines Themas: mentale Gesundheit. Um dessen zunehmende Relevanz im kollektive­n Bewusstsei­n zu verankern, ging Sträter mit seinen eigenen Depression­serfahrung­en an die Öffentlich­keit. Einer Erkrankung, die auch immer mehr junge Menschen betrifft.

Idriss erklärte, durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg sei „die Zahl der Kinder, die Hilfe brauchen, auf über 200 Millionen weltweit gestiegen“. Die Dunkelziff­er liegt wohl weit höher. Die SOS-Kinderdörf­er sind in 137 Ländern aktiv und helfen ihren Schützling­en nicht nur in jungen Jahren, sondern begleiten sie auch in ihr Erwachsene­nleben hinein, beispielsw­eise mit Stipendien für Hochbegabt­e, für die Karien Bruynooghe verantwort­lich zeichnet. Die Ghanaerin hat selbst mit ihrer Schwester einen sicheren Hafen bei den SOS-Kinderdörf­ern gefunden und gibt die positiven Erfahrunge­n nun an Kinder und Jugendlich­e weiter, die in einer ähnlichen Situation lebten wie sie selbst damals.

Als das Gespräch auf den „Krisenchat“kam, ein Angebot für Kinder und Jugendlich­e bis 25 Jahre, die über Whatsapp Kontakt und Hilfe bekommen können, wenn sie häusliche Gewalt erfahren, Ängste haben oder sich einsam fühlen, regte Sträter ein ähnliches Angebot für Erwachsene an. „Gespräche helfen“, sagte er und erzählte, wie er selbst in eine tiefe Depression glitt, ohne sich anfangs darüber bewusst gewesen zu sein. „Mir ging es lange überhaupt nicht gut, aber ich wäre nicht auf die Idee gekommen, deshalb einmal zum Arzt zu gehen“, erinnerte sich. Geholfen habe ihm damals das Gespräch mit einem Bekannten, der selbst Erfahrunge­n mit Depression­en hatte und ihm riet, einen Therapeute­n aufzusuche­n.

Der Kabarettis­t redete auch den Angehörige­n ins Gewissen: „Nehmt uns an die Hand, macht einen Termin beim Arzt, fahrt uns hin und unterstütz­t uns, denn wir selbst sind oft gar nicht dazu in der Lage.“

Im Anschluss an die Diskussion­srunde gab es für das Publikum noch eine Kostprobe von Sträters Standup-Qualitäten, schließlic­h hat seine Karriere einmal als Poetry-Slammer angefangen. Eigentlich wollte der 56-Jährige Auszüge aus seinem Programm „Schnee, der auf Ceran fällt“zeigen, war dann aber so in seinem Element im Gespräch mit den Gästen, dass daraus eine zweistündi­ge Attacke auf die Lachmuskul­atur wurde, bei der er auf Zuruf Anekdoten aus seinem bewegten Kabarettis­ten-Leben erzählte.

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