It’s Tea Time!
Es ist der Klassiker und Symbol typisch britischer Lebensart: der Nachmittagstee. Was alles dazugehört – und wie man ihn auch zu Hause zelebrieren kann.
Wenn man nur das leise Klappern von Teetassen, die auf ihre Untertassen gestellt werden, gedämpfte Konversation und vielleicht noch den einen oder anderen Wohllaut ob appetitlicher Köstlichkeiten vernimmt, ist man schon mittendrin in einer typisch britischen Tea Time. Zwischen 16 und 17 Uhr am Nachmittag ist die richtige Zeit, den kleinen Hunger zwischen Mittag- und Abendessen (in Großbritannien traditionell eher spät gegen 20 Uhr angesiedelt) zu stillen – und das mit viel Stil bitte.
„Das Ritual geht zurück auf Anna Russel, die Herzogin von Bedford, die den Afternoon Tea um 1840 eingeführt hat“, erklärt Andrea Hetzel, Pressesprecherin von Visit Britain, der britischen Tourismusinformation in Deutschland: „In der Regel werden Sandwiches, Scones und Gebäck wie Kuchen und Kekse serviert – und bitte auch in dieser Reihenfolge gegessen, also von herzhaft nach süß!“Wer auf die Idee kommen sollte, die manchmal üppigen Sandwiches mit Besteck essen zu wollen, lässt es besser – getreu der Etikette wird nämlich aus der Hand gegessen. Lediglich um die traditionell noch warmen Scones mit Clotted Cream (einer besonders üppigen Sahne) und Konfitüre zu bestreichen, ist ein Messer okay – und natürlich eine Kuchengabel fürs Gebäck. Ohne liebenswerten Spleen geht es nicht bei den Briten. Und so gibt es tatsächlich für besagte Scones, eine Art fluffiges kleines Brötchen, zwei Methoden zum Bestreichen: entweder zuerst die Clotted Cream und darauf die Konfitüre oder umgekehrt. Das kann aber tatsächlich jeder halten, wie er mag. Ach ja, nur mit dem Messer durchschneiden sollte man die Scones nicht, sondern mit der Hand in zwei Hälften zerteilen – und die auf keinen Fall wieder wie ein Sandwich zusammensetzen.
Mit der Tea Time ist auch Margot Erbslöh, stellvertretende Vorsitzende des Vereins British Women’s Club Düsseldorf, bestens vertraut: „Wir essen in der Tat viele verschiedene Sachen zur Tea Time“, erzählt sie lachend: „Die Sandwiches sind ziemlich wichtig, die Füllungen reichen von Hühnchen über Schinken, Kresse-Ei, Frischkäse-Gurke, Räucherlachs bis zu Tomate-Käse-Pickles. Ob man weißes oder dunkles Sandwich-Brot verwendet, ist Geschmackssache. Die Scheiben werden dünn gebuttert, mit Füllung belegt, und die zweite Scheibe wird
obendrauf gesetzt. Dann das Wichtigste: Schneiden Sie die Krusten ab! Erst dann wird das Sandwich in Rechtecke oder Dreiecke geteilt und kann serviert werden.“Traditionelle Bestandteile eines Afternoon Teas seien auch Früchtebrot-Varianten wie Ingwerbrot, Dattel-Walnussbrot oder, besonders zur Weihnachtszeit,
„mince pies“(kleine gedeckte Küchlein mit einer Füllung aus Trockenfrüchten, gehackten Nüssen oder Mandeln und etwas Rum oder Brandy), weiterhin Muffins, Hot Cross Buns (eine Art Rosinenbrötchen mit Gewürzen wie Zimt, Nelke, Muskat, die hauptsächlich zur Osterzeit gegessen werden) und natürlich Kuchen.
Damit die unverzichtbaren Scones auch hier in Deutschland möglichst originalgetreu bestrichen werden können, hat Margot Erbslöh noch einen Praxistipp: „Originale Clotted Cream bekommt man tatsächlich in manchen gut sortierten großen Supermärkten. Alternativ verwenden wir Mascarpone, das geht auch ganz gut.“
Was das ganze Zeremoniell zusammenhält, ist natürlich der Tee. Abgesehen davon, dass es auf jeden Fall ein Schwarztee sein sollte, gibt es einige Variationsmöglichkeiten. England-Expertin Andrea Hetzel weiß: „Die Klassiker sind English Breakfast Tea oder der mit Bergamotte aromatisierte Earl Grey. English Breakfast wird mit Milch und gegebenenfalls Zucker getrunken. Wichtig dabei ist, die Milch zuerst in die Tasse zu geben und dann erst den Tee darauf zu gießen und diesen vorsichtig mit dem Teelöffel zu vermischen. Earl Grey genießt man in der Regel ohne Milch und eigentlich auch ohne Zucker.“So hält es auch Margot Erbslöh, die neben Earl Grey die Sorte Darjeeling empfiehlt. „Beliebt ist aber auch Assam-Tee mit Milch, das trinken viele Leute“, setzt sie hinzu. Als perfekt stilsicherer Gastgeber gießt man übrigens seinen Gästen zuerst den Tee ein und stellt die Teekanne anschließend mit der Tülle in Richtung des eigenen Sitzplatzes auf dem Tisch ab. Als perfekt stilsicherer Gast hält man die Teetasse niemals mit der ganzen Hand oder gar mit beiden Händen, sondern fasst mit Daumen und Zeigefingern den Henkel, wobei dieser auf dem Mittelfinger aufliegt. Und auf gar keinen Fall die Untertasse mit anheben! So gelingt mit Stil und Etikette eine außergewöhnliche Teestunde auch in den eigenen vier Wänden.