Drei Polizisten für Katar
Die NRW-Beamten sollen bei der WM gewalttätige Auseinandersetzungen deutscher Anhänger verhindern. Aus Nordrhein-Westfalen kommen bundesweit die meisten Intensivtäter im Sport.
DÜSSELDORF Um mögliche Ausschreitungen deutscher Hooligans bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Keim zu ersticken, reisen drei szenekundige Polizisten aus NRW nach Katar. „Vorrangiges Ziel ist es, gewalttätige Auseinandersetzungen unter Beteiligung deutscher Fußballanhänger und damit eine Ansehensschädigung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu verhindern“, heißt es bei der für den Einsatz zuständigen Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Duisburg.
Die drei Polizisten (alles Männer) gehören einer achtköpfigen deutschen Polizeidelegation an, die ins Emirat fliegt. Sie sollen die Sicherheitsbehörden vor Ort bei Spielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft unterstützen. Die Polizeiexperten kennen sich in den deutschen Fanszenen aus und sollen potenzielle Gewalttäter identifizieren und davon abhalten, das Fußballturnier als Bühne für Randale zu nutzen. „Wir haben in Katar keine Eingriffsbefugnis, sondern ausschließlich eine beratende Funktion. Für die deutschen Fans vor Ort sehen wir uns auch als Unterstützer und Problemlöser“, sagt Polizeioberrat Michael Madre, der die deutsche Polizeidelegation anführt. Dazu gehört, bei den Sicherheitsbehörden
des Wüstenstaates Verständnis für fantypisches Verhalten zu erzeugen, damit es nicht zu Fehlinterpretationen kommt.
Die Vorbereitungen für das Turnier laufen bei den Sicherheitsbehörden seit Jahren. Während der WM bildet ein Kooperationszentrum die zentrale Informationsdrehscheibe in Doha; dort arbeiten alle Polizeikräfte aus den am Turnier teilnehmenden Nationen eng zusammen. Ein Mitarbeiter der Polizei aus Duisburg und eine Mitarbeiterin des Bundeskriminalamtes sitzen direkt in diesem Zentrum.
Dass drei NRW-Polizisten ins Emirat reisen, hängt vermutlich damit zusammen, dass ein Großteil der deutschen Hooligans aus Nordrhein-Westfalen kommt. So geht aus dem polizeiinternen Bericht für 2021/22 zu den Intensivtätern im Sport hervor, dass 72 der 93 bundesweit geführten „Intensivtäter Sport und Gewalt“aus NRW kommen. Der Bericht (Stand Oktober) ist deklariert mit „VS – Verschlusssache, nur für den Dienstgebrauch“. Es folgen Bayern mit sechs Intensivtätern, Mecklenburg-Vorpommern mit fünf und Hessen mit vier. Diese 93 Täter begingen mehr Gewalttaten wie Körperverletzungsdelikte, Landfriedensbrüche und Raubdelikte als im Jahr davor (40 Straftaten statt 30). Die meisten Taten wurden in den Arenen und im Stadionumfeld sowie im Stadtgebiet, in dem das Spiel stattfand, verübt.
Der Großteil der 93 Intensivtäter ist zwischen 26 und 30 Jahren alt; es folgt die Gruppe der 21- bis 25-Jährigen. Positiv: Kein einziger Jugendlicher wurde in der Kategorie der Intensivtäter erfasst. Als Intensivtäter in dem Bereich wird man geführt, wenn man mindestens drei Gewaltdelikte im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen begangen hat. Aber auch eine besonders schwere Straftat kann ausreichen, um als ein solcher Täter geführt zu werden. Zudem können Rädelsführer in diese Kategorie fallen, auch wenn sie keine Straftat begangen haben.
Ob und wie viele Intensivtäter aus NRW zur WM in Katar fliegen, ist nicht bekannt. „Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass es eine sehr ruhige WM für die Polizei wird“, heißt es aus Sicherheitskreisen. „Szenen, wo wir prügelnde Hooligans sehen, sind Stand jetzt nicht zu erwarten.“Wie lange der Einsatz der Polizisten aus Deutschland in Katar dauern wird, hängt vom Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft ab. Mit dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft und der Abreise der Fans endet das Turnier auch für die deutsche Polizei.