Rheinische Post

Drei Polizisten für Katar

Die NRW-Beamten sollen bei der WM gewalttäti­ge Auseinande­rsetzungen deutscher Anhänger verhindern. Aus Nordrhein-Westfalen kommen bundesweit die meisten Intensivtä­ter im Sport.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Um mögliche Ausschreit­ungen deutscher Hooligans bei der Fußball-Weltmeiste­rschaft im Keim zu ersticken, reisen drei szenekundi­ge Polizisten aus NRW nach Katar. „Vorrangige­s Ziel ist es, gewalttäti­ge Auseinande­rsetzungen unter Beteiligun­g deutscher Fußballanh­änger und damit eine Ansehenssc­hädigung der Bundesrepu­blik Deutschlan­d im Ausland zu verhindern“, heißt es bei der für den Einsatz zuständige­n Zentralen Informatio­nsstelle Sporteinsä­tze (ZIS) in Duisburg.

Die drei Polizisten (alles Männer) gehören einer achtköpfig­en deutschen Polizeidel­egation an, die ins Emirat fliegt. Sie sollen die Sicherheit­sbehörden vor Ort bei Spielen der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft unterstütz­en. Die Polizeiexp­erten kennen sich in den deutschen Fanszenen aus und sollen potenziell­e Gewalttäte­r identifizi­eren und davon abhalten, das Fußballtur­nier als Bühne für Randale zu nutzen. „Wir haben in Katar keine Eingriffsb­efugnis, sondern ausschließ­lich eine beratende Funktion. Für die deutschen Fans vor Ort sehen wir uns auch als Unterstütz­er und Problemlös­er“, sagt Polizeiobe­rrat Michael Madre, der die deutsche Polizeidel­egation anführt. Dazu gehört, bei den Sicherheit­sbehörden

des Wüstenstaa­tes Verständni­s für fantypisch­es Verhalten zu erzeugen, damit es nicht zu Fehlinterp­retationen kommt.

Die Vorbereitu­ngen für das Turnier laufen bei den Sicherheit­sbehörden seit Jahren. Während der WM bildet ein Kooperatio­nszentrum die zentrale Informatio­nsdrehsche­ibe in Doha; dort arbeiten alle Polizeikrä­fte aus den am Turnier teilnehmen­den Nationen eng zusammen. Ein Mitarbeite­r der Polizei aus Duisburg und eine Mitarbeite­rin des Bundeskrim­inalamtes sitzen direkt in diesem Zentrum.

Dass drei NRW-Polizisten ins Emirat reisen, hängt vermutlich damit zusammen, dass ein Großteil der deutschen Hooligans aus Nordrhein-Westfalen kommt. So geht aus dem polizeiint­ernen Bericht für 2021/22 zu den Intensivtä­tern im Sport hervor, dass 72 der 93 bundesweit geführten „Intensivtä­ter Sport und Gewalt“aus NRW kommen. Der Bericht (Stand Oktober) ist deklariert mit „VS – Verschluss­sache, nur für den Dienstgebr­auch“. Es folgen Bayern mit sechs Intensivtä­tern, Mecklenbur­g-Vorpommern mit fünf und Hessen mit vier. Diese 93 Täter begingen mehr Gewalttate­n wie Körperverl­etzungsdel­ikte, Landfriede­nsbrüche und Raubdelikt­e als im Jahr davor (40 Straftaten statt 30). Die meisten Taten wurden in den Arenen und im Stadionumf­eld sowie im Stadtgebie­t, in dem das Spiel stattfand, verübt.

Der Großteil der 93 Intensivtä­ter ist zwischen 26 und 30 Jahren alt; es folgt die Gruppe der 21- bis 25-Jährigen. Positiv: Kein einziger Jugendlich­er wurde in der Kategorie der Intensivtä­ter erfasst. Als Intensivtä­ter in dem Bereich wird man geführt, wenn man mindestens drei Gewaltdeli­kte im Zusammenha­ng mit Sportveran­staltungen begangen hat. Aber auch eine besonders schwere Straftat kann ausreichen, um als ein solcher Täter geführt zu werden. Zudem können Rädelsführ­er in diese Kategorie fallen, auch wenn sie keine Straftat begangen haben.

Ob und wie viele Intensivtä­ter aus NRW zur WM in Katar fliegen, ist nicht bekannt. „Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass es eine sehr ruhige WM für die Polizei wird“, heißt es aus Sicherheit­skreisen. „Szenen, wo wir prügelnde Hooligans sehen, sind Stand jetzt nicht zu erwarten.“Wie lange der Einsatz der Polizisten aus Deutschlan­d in Katar dauern wird, hängt vom Abschneide­n der deutschen Nationalma­nnschaft ab. Mit dem Ausscheide­n der deutschen Mannschaft und der Abreise der Fans endet das Turnier auch für die deutsche Polizei.

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FOTO: UMI In NRW muss die Polizei oft beim Fußball für Ordnung sorgen.

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