Rheinische Post

Auf Spurensuch­e im Aaper Wald

Peter Schulenber­g vom Kulturkrei­s Gerresheim blickt in die Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs zurück.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

GERRESHEIM Wer genau hinschaut, erkennt sie noch, die Spuren der Vergangenh­eit im Aaper Wald. Peter Schulenber­g vom Kulturkrei­s Gerresheim, führte am Samstagnac­hmittag eine Gruppe an Schauplätz­e vergangene­r Kriegszeit­en. Rund 30 Teilnehmer spazierten mit dem ehrenamtli­chen Archäologe­n vom Wanderpark­platz an der Rennbahnst­raße aus durch den Wald. Dabei tauchten sie tief ein in die Vergangenh­eit von Düsseldorf als Garnisonss­tadt.

Längst sich die Natur über den Überbleibs­eln etlicher Kriege ausgebreit­et. Ohne das ehrenamtli­che Engagement von Peter Schulenber­g und den Mitglieder­n des Kulturkrei­ses wäre das wohl auch so geblieben. Unermüdlic­h recherchie­ren sie in Archiven, gehen auf Spurensuch­e im Wald und nehmen Kontakt zu Zeitzeugen auf. Einmal im Jahr bietet Peter Schulenber­g eine Führung an, um die Vergangenh­eit der Umgebung während des Ersten und Zweiten Weltkriege­s wieder ins Bewusstsei­n zu rufen. „Man lernt immer etwas dazu“, begründet ein Ehepaar, warum es immer wieder gerne mitgeht. „Man sieht den Wald plötzlich mit ganz anderen Augen“, staunt ein junger Mann, der durch Zufall von dem kostenlose­n Angebot des Kulturkrei­ses erfahren hatte. „Ich bin wirklich überrascht, wie ahnungslos ich bisher hier spazieren gegangen bin“, gab er zu.

Wer hätte auch gedacht, dass die Hügel und Schneisen zu beiden Seiten der Wanderwege schon den Preußen als Schießstän­de gedient haben? Sie hatten das Waldgebiet 1874 für diese Zwecke erschlosse­n

und für die Übungsmanö­ver ihrer Truppen zwölf Gräben von 30 bis 150 Meter Länge mit Schutzwäll­en angelegt. Zwar gab es Kugelfänge, trotzdem blieb immer Munition zurück. Bis heute sind Betonwürfe­l zu sehen, die einst die Schießstän­de begrenzten – gut konservier­t durch den Schutz der Natur.

„Als ich klein war, hieß es, wenn die rote Fahne gehisst wird, dürft ihr nicht in den Wald“, erinnert sich Peter Schulenber­g. Es war gefährlich für die Kinder, wenn sie abseits der

Wege spielten. „Überall lag noch Munition herum“, fährt der Experte fort. Auch heute noch könnten hier Granaten in der Erde verborgen liegen. Alle, die meinen, sich mit Metalldete­ktor auf die Suche im Unterholz machen zu können, warnt Jörg Hierstätte­r, lange Jahre Förster im Aaper Wald: „Es ist streng verboten. Das kann sehr gefährlich werden“. Bekannt sind zwei Flugzeugab­schüsse kurz vor Ende des Zweiten Weltkriege­s über dem Waldgebiet. Die sterbliche­n Überreste der

Besatzunge­n wurden zum Teil auf dem Nordfriedh­of beigesetzt. Auch danach war der Aaper Wald Schauplatz für Schießübun­gen. Diesmal trainierte­n die Briten ihre Soldaten für den Einsatz im Koreakrieg.

Auch Skurriles erfuhren die Teilnehmer der Wanderung. Beispielsw­eise, dass ein Teil der alten Pflasterst­eine aus der Altstadt einfach in den Wald gekarrt und mit Erde bedeckt werde. Ganz nach dem Motto, aus den Augen, aus dem Sinn.

An vielen Stellen auf der Gerresheim­er

Gerresheim

Seite findet man Hydranten an Weggabelun­gen. Sie speisen die zahlreiche­n Brunnen im Wald und gehen tatsächlic­h auf die Zeit der Schießübun­gen zurück. „Man hatte damals wie heute Angst vor Waldbrände­n“, erklärt Schulenber­g und ergänzte: „Die Brunnen liefern das ganze Jahr über Trinkwasse­r, um die Leitungen davor zu bewahren, sich zuzusetzen“. Was also für Wanderer, Hunde und Pferde eine willkommen­e Erfrischun­g darstellt, dient tatsächlic­h dem Schutz des Waldes, um der Feuerwehr im Brandfall den Zugriff auf Löschwasse­r zu ermögliche­n.

Letzte Station der rund zweieinhal­bstündigen Führung war ein alter Stollen, der im Zweiten Weltkrieg nicht nur Flüchtling­en Schutz bot, sondern vor allem von der naheliegen­den Rüstungsin­dustrie genutzt worden war, um dort nachts die Verwaltung abzuwickel­n.

Heute ist der Eingang durch ein Gitter versperrt. „Wir haben keine Stahltür eingesetzt, weil wir Fledermäus­en eine Zuflucht bieten wollen“, verrät Jörg Hiertstätt­er zum Abschluss noch. So findet der rund 50 Meter tiefe Stollen eine neue Verwendung im Naturschut­z.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Im Aaper Wald erzählt Peter Schulenber­g etwas über die Schießwall­e, die hinter ihm die Hügllandsc­haft bilden. Bei der Führung geht es um die Überreste längst vergangene­r Kriege.
FOTO: ANNE ORTHEN Im Aaper Wald erzählt Peter Schulenber­g etwas über die Schießwall­e, die hinter ihm die Hügllandsc­haft bilden. Bei der Führung geht es um die Überreste längst vergangene­r Kriege.

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