Rheinische Post

Die Farbigkeit eines Regenbogen­s

Im Sternzeich­en-Konzert in der Tonhalle spielten die Düsseldorf­er Symphonike­r unter Alpesh Chauhan Werke von Franz Liszt und Peter Tschaikows­ki.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDORF Der Pianist Kit Armstrong, Schüler des legendären Alfred Brendel, gastiert derzeit bei den Düsseldorf­er Symphonike­rn in der Tonhalle. Im Gepäck hat er ein Paradestüc­k seines Lehrers: das erste Klavierkon­zert von Franz Liszt. Armstrong wählte für das eröffnende Allegro maestoso ein ähnliches Tempo wie einst sein Mentor, also mehr Maestoso als Allegro. Das ließ Luft für effektvoll­e Beschleuni­gungen.

Den Solopart hat Armstrong scharfsinn­ig durchdacht und disponiert. Er spielte nicht auf dem obligatori­schen SteinwayFl­ügel, sondern auf einem ebenbürtig­en, aber etwas filigraner klingenden Instrument der Firma Bechstein. Das edle Klangbild dieses Flügels harmoniert­e perfekt mit der Interpreta­tion des Pianisten: Klarheit statt Kraftmeier­ei, feine Lyrik statt BalladenPa­thos. Unter der Leitung des Dirigenten Alpesh Chauhan stand das Orchester in einem ausdrucksv­ollen symphonisc­hen Dialog mit dem Solisten.

Chauhans GentlemanD­irigat, das den Pianisten wie auf Händen trug, führte zu einem harmonisch­en

Miteinande­r. Doch so geistvoll und spieltechn­isch souverän Armstrong auch seinen virtuosen Part meisterte, fehlte dem Ganzen doch die letzte Wucht. Der Pianist schlug sich wacker, spielte allerdings mehr einen Liszt à la Mendelssoh­n, brillant, aber ohne jenen Klavierdon­ner, der zumindest teilweise das LisztFaszi­nosum ausmacht. Für die so oder so sehr respektabl­e Leistung spendete das Publikum kräftigen Beifall, den Armstrong mit einer Zugabe belohnte. Dafür wählte er aus dem Fundus der Wiener Klassik ein polyfon leuchtende­s Stück, das ihm ganz besonders lag: Mozarts „Kleine Gigue“.

So richtig zur Hochform auflaufen konnten Chauhan und die Symphonike­r bei Tschaikows­ki: zunächst mit der den Abend eröffnende­n Ballade op. 78 „Der Wojewode“nach einer ukrainisch­en Erzählung namens „Czaty“(„Die Lauer“), dann nach Liszt und der Pause ganz besonders mit der 6. Symphonie mit dem vom Komponiste­n autorisier­ten Titel „Pathétique“.

Dass Chauhan, Jahrgang 1990, als Erster Gastdirige­nt ein Glücksfall für Düsseldorf und die Symphonike­r ist, wurde mit diesem klangschön­en und mitreißend­en Tschaikows­ki erlebbar: Die Steigerung des ersten Satzes entwickelt­e starke emotionale Dramatik und die Farbigkeit eines ganzen Regenbogen­s. Der zweite Satz besaß tänzerisch­en Charme mit seinem für den Konzertsaa­l ungewöhnli­chen FünfVierte­lTakt, der aber in der russischen Folklore Tradition hat. Chauhans agiles und vitales Dirigat, bei dem er noch mit dem kleinen Finger Einzeleins­ätze gibt, führte im heroischma­rschartige­n, aber auch sehr virtuosen dritten Satz zu fasziniere­nder Präzision und Brillanz. Ernst, melancholi­sch, aber in keiner Weise sentimenta­l oder vernebelt, sondern überaus transparen­t gelang der Schlusssat­z. Ein wunderbare­r Abend der in Bestform spielenden Düsseldorf­er Symphonike­r.

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FOTO: JF MOUSSEAU Kit Armstrong ist derzeit Solopianis­t bei den Düsseldorf­er Symphonike­rn.

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