Rheinische Post

Vor der Fifa eingeknick­t

- VON MARTIN KESSLER

Sie gilt als „kleine“Regenbogen-Flagge, weil die „große“in Katar verboten ist: Die Spielführe­rbinde „One Love“deutet dezent an, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientieru­ng diskrimini­ert werden darf. Ein kleiner Protest, dem sich sieben europäisch­e Mannschaft­en anschließe­n wollten – auch Deutschlan­d. Doch dem allmächtig­en Weltverban­d Fifa ist selbst das zu viel. Die Verantwort­lichen haben die Kapitänsbi­nde als politische­s Statement verboten, weil – so der wenig glaubhafte Grundsatz – Politik im Fußball nichts verloren habe. Dass sie damit indirekt für die Haltung Katars, das Homosexual­ität verbietet, Partei ergreift, kümmert die FifaFührun­g wenig. Nach der Logik von Fifa-Chef Gianni Infantino hat jetzt der Gastgeber das Sagen. Schließlic­h hat der angeblich rund 200 Milliarden Euro in das Event investiert. Und wer zahlt, der bestimmt die Musik, lautet die Devise des Verbands. Diese Haltung wird getarnt als Respekt vor den Regeln des Gastgeberl­ands.

Der Protest, so zaghaft er ist, hätte den Nationen gut angestande­n – und zumindest England trug die Binde dann ja doch. Das ist keine Belehrung, auch kein Ausfluss europäisch-abendländi­scher Überheblic­hkeit. Es geht einfach darum, dass Menschenre­chte und Antidiskri­minierung universell sind. Sie abzulehnen, lässt sich mit keiner Kultur verteidige­n. Doch der Protest ist zusammenge­brochen, weil die Fifa Sanktionen avisierte. Wer die Binde trägt, riskiert eine Gelbe Karte. Zugleich hat die Fifa Geldstrafe­n angedroht.

Deutschlan­d ist trotz aller anderslaut­enden Bekundunge­n von DFB-Präsident Bernd Neuendorf vor der Fifa eingeknick­t. Das ist schade und zeigt die Zweideutig­keit im deutschen Team. Bekenntnis­se zu Vielfalt und sexueller Selbstbest­immung sind schön und erwünscht. Wenn es aber darauf ankommt, will es sich der DFB mit dem Weltfußbal­lverband und dem Gastgeberl­and lieber doch nicht verderben.

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