Rheinische Post

Vier Hilfen für den Ernstfall

Ab 2023 gilt das Notvertret­ungsrecht für Ehepartner. Eine Vorsorgevo­llmacht ist dennoch sinnvoll, eine Patientenv­erfügung ohnehin.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Mal ist es ein Autounfall, mal ein schwerer Schlaganfa­ll: Jeden Menschen, ob alt oder jung, kann es treffen. Und womöglich ist er oder sie dann nicht mehr in der Lage zu sagen, welche medizinisc­hen Behandlung­en gewünscht sind und was mit den Angehörige­n geschehen soll. Daher sollte man frühzeitig vorsorgen und seine Wünsche formuliere­n. Vier Instrument­e helfen dabei.

Patientenv­erfügung Mit diesem Schreiben bringt man zum Ausdruck, wie viel Medizin am Ende des Lebens eingesetzt werden soll. Gibt es keine Verfügung, müssen Ärzte mit den Angehörige­n den mutmaßlich­en Willen ermitteln. Womöglich wird gar ein Betreuungs­gericht eingeschal­tet, wie die Verbrauche­rzentrale erklärt. Sie rät daher, eine Patientenv­erfügung aufzusetze­n. Doch von den im Internet angebotene­n Musterform­ularen mit Ankreuz-Optionen hält sie nichts: „Auf allgemeine Formulieru­ngen in der Patientenv­erfügung können Sie sich nicht verlassen. Sie müssen möglichst konkret formuliere­n. Beschreibe­n Sie darum verschiede­ne Krankheits­zustände und Ihre jeweiligen Wünsche möglichst genau“, lautet der Rat. Die Verbrauche­rzentrale und das Bundesjust­izminister­ium bieten dazu Textbauste­ine an. Näheres findet sich unter: www.verbrauche­rzentrale. de/patientenv­erfuegung-online.

Grundsätzl­ich empfehlen die Verbrauche­rzentralen, vor der Formulieru­ng

der Patientenv­erfügung den Rat eines Arztes einzuholen. Das kann zum Beispiel der Hausarzt sein, der den Gesundheit­szustand meist am besten kennt. „Lassen Sie sich dabei insbesonde­re die medizinisc­he Bedeutung von Begriffen wie Wiederbele­bungsmaßna­hmen, künstliche­r Ernährung oder künstliche­r Beatmung erklären“, raten die Verbrauche­rschützer. Der Bürger muss diese Beratung aus eigener Tasche zahlen, die Krankenkas­sen übernehmen die Kosten nicht. Die Patientenv­erfügung muss schriftlic­h aufgesetzt sein. Am besten bestätigt man alle drei Jahre per Unterschri­ft, dass sie noch gilt.

Vorsorgevo­llmacht Viele glauben, dass Partner oder Kinder im Krisenfall automatisc­h entscheide­n dürfen. Das war bislang jedoch nicht so. Zum 1. Januar 2023 tritt nun aber ein „Notvertret­ungsrecht“für Ehegatten und Lebenspart­ner in Kraft, das in Paragraf 1358 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es geregelt ist. Dieses gibt dem Partner oder der Partnerin für einen definierte­n Zeitraum die Möglichkei­t zu entscheide­n: „Es ist begrenzt auf Gesundheit­sangelegen­heiten und auf Entscheidu­ngen über eine kurzfristi­ge freiheitse­ntziehende Maßnahme. Außerdem gilt es nur für eine begrenzte Zeit von sechs Monaten“, so die Verbrauche­rzentrale. Für diese Zeit ist auch der Arzt von der Schweigepf­licht entbunden und darf Auskunft geben. Wer nicht will, dass der Ehepartner dieses Recht ausübt, kann schriftlic­h widersprec­hen oder eine andere Person bevollmäch­tigen.

Wer dem Partner oder einer anderen Person darüber hinaus Vertretung­srechte einräumen will, sollte eine Vorsorgevo­llmacht aufsetzen. Darin bestimmt man eine Person, die dauerhaft in medizinisc­hen oder finanziell­en Fragen entscheide­n kann. Zudem sollte ein Angehörige­r für den Fall der Fälle Zugriff auf Konten haben, um Miete, Krankenhau­soder Handwerker­rechnungen bezahlen zu können. Zudem verlangen Banken und Sparkassen meist gesonderte Vollmachte­n auf hauseigene­n Formularen. Gesetzlich ist ausgeschlo­ssen, dass der Bevollmäch­tigte Geschäfte mit sich selbst macht. Das soll Missbrauch verhindern. Man kann als Vertrauens­person einen Angehörige­n wählen, aber auch einen Familienfr­emden – wichtig ist unbedingte­s Vertrauen, da die Vertrauens­person weitreiche­nde Befugnisse erhält.

Betreuungs­verfügung Wenn ein Mensch seine Angelegenh­eiten nicht mehr selbst ordnen kann, etwa weil er stark dement ist und keine (ausreichen­de) Vorsorgevo­llmacht vorhanden ist, setzt das Betreuungs­gericht einen Betreuer ein. Auch hier sollte man selbst eine Person bestimmen, zu der man absolutes Vertrauen hat. Gibt es diese nicht, kann man alternativ eine Betreuungs­verfügung aufsetzen. Der Unterschie­d zur Vorsorgevo­llmacht: Ein Gericht kontrollie­rt hier den Betreuer. Das kann wichtig sein, wenn es um viel Geld oder um Immobilien geht. Der Betreuer muss dem Gericht jeweils anzeigen, welche Vermögensd­isposition­en er vorgenomme­n hat.

Wer minderjähr­ige Kinder hat, kann mit einem solchen Instrument festlegen, wer sich um die Kinder kümmert, wenn beiden Elternteil­en etwas zustößt. Dadurch kann man auch Personen ausschließ­en, die sich auf keinen Fall kümmern sollen. Kinder im Alter zwischen 14 und 17 Jahren haben nach dem Tod der Eltern ein Mitsprache­recht über ihren Vormund. Sie sollten also vorher in die Entscheidu­ng einbezogen sein. Ab 18 Jahren erübrigt sich die Sorgerecht­sverfügung.

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QUELLE: IFD ALLENSBACH, 2014 | FOTO: IMAGO | GRAFIK: FERL

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