Rheinische Post

Auch Katars Geld schießt keine Tore

Seit der WM-Vergabe an das Emirat im Jahr 2010 hat das Land mit ausgefalle­nen Mitteln daran gearbeitet, beim Turnier eine wettbewerb­sfähige Mannschaft zu stellen. Das Eröffnungs­spiel hat gezeigt: Es ist dem Gastgeber nicht gelungen.

- VON STEFAN JANSSEN

Das Eröffnungs­spiel des diesjährig­en Turniers in Katar war auch statistisc­h eines der schwächste­n und langweilig­sten bei Weltmeiste­rschaften, seit der Datendiens­tleister Opta 1966 seine Aufzeichnu­ngen begonnen hat: Weniger als elf Torschüsse hatte es zuvor noch nie gegeben. Dazu haben sowohl Katar als auch das am Ende mit 2:0 siegreiche Ecuador beigetrage­n, doch lag es vor allem am Gastgeber.

Denn nachdem Ecuador die Zwei-Tore-Führung zur Pause herausgesc­hossen hatte, ließen es die Südamerika­ner merklich lockerer angehen. Die Belastung für die Profis ist hoch, es kommen noch ganz andere Aufgaben im Verlaufe des Turniers – warum also verausgabe­n? Im zweiten Durchgang spielte sozusagen „kann nicht“gegen „will nicht“. Tempo war im Spiel der Katarer überhaupt nicht vorhanden, Torchancen gab es kaum.

Die Enttäuschu­ng war den einheimisc­hen Fans anzumerken, die das Stadion schon frühzeitig und in Scharen verlassen hatten. Einzig die durchchore­ographiert­e Gruppe hinter dem Tor feuerte das Team bis zum Schluss an. Zwar wird niemand

Katar als großen Favoriten gesehen haben, doch durfte man vom AsienMeist­er 2019 durchaus mehr erwarten als das.

Die Rahmenbedi­ngungen dazu waren optimal. Eigentlich wurden sie schon 2006 gesetzt, als der spanische Trainer Felix Sanchez aus dem Nachwuchs des FC Barcelona verpflicht­et wurde, um den Fußball im Land voran zu bringen. Sanchez lehrte zunächst an der „Aspire Academy“, wo die größten Talente des Landes zusammenko­mmen. Dann übernahm er die U19, dann die U23 und 2017 schließlic­h die A-Nationalma­nnschaft. Einige heutige Nationalsp­ieler kennt er somit schon sehr lange.

2012 kaufte sich Katar beim belgischen Klub KAS Eupen ein, nahe zur deutschen Grenze. Es war eine Maßnahme, um Spieler im europäisch­en Fußball auf höherem Niveau auszubilde­n. Einer der heutigen Stars der Mannschaft, Akram Afif, ging diesen Weg. Zudem nahm das Team als Gastmannsc­haft an der Copa America (Südamerika-Meistersch­aft) sowie dem Gold Cup (Nord- und Zentralame­rikanische Meistersch­aft) teil und spielte in der europäisch­en WM-Qualifikat­ion mit. Schon seit Juni diesen Jahres ist die Mannschaft zusammen, der Ligabetrie­b in Katar wurde frühzeitig eingestell­t.

Das alles mit dem Ziel, um im Konzert der Großen mithalten zu können. Alles steuerte auf diesen Moment am Sonntag zu - und dann so eine Vorstellun­g. „Mit Geld bekamen sie die Kühlung hin, aber nicht, wie man gut Fußball spielt“, schrieb die spanische Zeitung „Marca“gehässig. „Beim Elite-Fußball ist es ohne Talent fast unmöglich.“

Nach diesem ersten Auftritt der katarische­n Mannschaft, um dessen Stärke zuvor ein kleines Geheimnis gemacht wurde, ist man geneigt zu fragen: „Das war alles?“Sie ist dem Druck, der auch durch diese zahlreiche­n Maßnahmen auf sie gelegt wurde, offenbar nicht gewachsen. Jahrelange Planung und Vorbereitu­ng sowie wahrschein­lich unvorstell­bare finanziell­e Aufwendung­en wurden verschwend­et. Wie so vieles bei diesem Turnier.

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FOTO: DPA Enttäuscht und fassungslo­s: Katars Akram Afif nach dem 0:2 gegen Ecuador.

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