Wie Frauen die Wechseljahre gut überstehen
Hitzewallungen und miese Stimmung gehen bei vielen Betroffenen mit der Menopause einher. Gynäkologinnen geben Tipps, was helfen kann.
Eigentlich sind die Wechseljahre ein Thema für die Massen – immerhin betrifft es rund die Hälfte der Menschheit direkt. Die andere Hälfte oft indirekt, wenn sie die volle Breitseite emotionaler Schwankungen von Tränenausbruch bis zu Wutanfall oder depressiven Anwandlungen abbekommt. Doch sind die Wechseljahre Tabustatt Top-Thema.
Dabei ist klar: Niemand bleibt ewig Ende 30 – auch nicht hormonell gesehen. Obwohl dieser Umstand ums Älterwerden und den damit verbundenen Wechseljahren natürlich und damit normal ist, ist er für viele Frauen maximal weit von Normalität entfernt. Wechseljahre haben für die meisten etwas mit Abbau zu tun.
„Es ist der erste echte Point of no Return im Leben. Man spürt etwas von Endlichkeit“, sagt Katrin Schaudig, Frauenärztin und Präsidentin der Deutschen Menopause-Gesellschaft. Das erklärt das Unbehagen und die Sorge, die sich mit dem Abschied von der weiblichen Fruchtbarkeit breitzumachen beginnt. Viele Frauen fürchten die Wechseljahre als das Ende der Sexualität und des Frauseins. Ist jetzt alles gelaufen?
Bei einer Lebenserwartung von 83 Jahren beginnt mit den Wechseljahren zwar einer von drei Lebensabschnitten, der eine andere Aufmerksamkeit für Körper und Seele verlangt. Doch kann auch dieser laut dem Berufsverband der Frauenärzte (BVF) eine erfüllte Lebenszeit mit vielen Aktivitäten und Vorzügen sein: „Schon allein die Tatsache, dass die Frau sich nicht mehr um Empfängnisverhütung kümmern muss, entlastet die Partnerschaft und damit ihr sexuelles Erleben.“Allerdings erst nach Erreichen der Menopause. Als Faustformel gilt nach Informationen des BVF: Wenn in dieser Lebensphase ein Jahr lang keine Regelblutung mehr aufgetreten ist, ist Verhütung in der Regel nicht mehr erforderlich. Mit 52 Jahren hat die Hälfte der Frauen ihre letzte Regelblutung.
„Wechseljahre sind also besser als ihr Ruf. Man sollte sie als natürlichen Prozess nicht pathologisieren“, findet auch Imke Mebes, Gynäkologin mit dem Schwerpunkt Endokrinologie. Nicht alle Frauen haben in dieser Zeit überhaupt Beschwerden. Laut der Expertinnen kommen ein Drittel der Frauen ohne Probleme durch diese Zeit, ein Drittel fühle sich leicht bis mittelgradig beeinträchtigt, ein Drittel leide stark. Eine Untersuchung des Universitätsklinikums Dresden kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: In dieser gaben 21 Prozent der Befragten an, unter schweren Wechseljahrbeschwerden zu leiden. „In anderen Studien wiederum sind es deutlich mehr Frauen, die sich beeinträchtigt fühlen“, sagt Schaudig.
Das zeigt allen Mythen zum Trotz: Wie Frauen die Wechseljahre erleben, ist sehr unterschiedlich. Das liegt zum einen daran, dass sie tatsächlich unterschiedlich sind, daneben aber auch die eigene Wahrnehmung verschieden ist. Ähnlich ist das beim Schmerzempfinden: Während der eine sich durch einen Kopfschmerz beispielsweise höchst beeinträchtigt fühlt und zu Schmerzmitteln greift, empfindet ein anderer solche Schmerzen als tolerabel.
Es scheint daneben genetische Faktoren dafür zu geben, wie gut Frauen durch diese Zeit kommen. „Ich frage gerne, wie war es denn bei Ihrer Mutter oder Großmutter“, sagt Mebes. Die Gene haben vermutlich auch Einfluss darauf, wann genau die Menopause einer Frau beginnt. Britische Forscher identifizierten 290 Genvarianten, die diesen Zeitpunkt bestimmen. Der Zeitpunkt
der Wechseljahre sei zu 40 bis 85 Prozent erblich bedingt, sagt die Deutsche Menopause-Gesellschaft.
Zu den häufigsten Wechseljahrsbeschwerden zählen Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen. Manche Frauen fühlen sich emotional derart „angefasst“, dass sie bei Banalitäten überreagieren: „Eine meiner Patientinnen erzählte mir, sie sei beim Bäcker in Tränen ausgebrochen, weil ihr Lieblingsbrot ausverkauft war“, gibt Schaudig ein Beispiel.
Das bringt dem statistisch im Alter zwischen Mitte 40 und 50 einsetzenden Klimakterium auch den flapsigen Beinamen „Seniorenpubertät“ein. Nicht immer werden Beschwerden in Zusammenhang mit beginnenden Wechseljahren gebracht, wie Schlafstörungen, Gelenk- und Muskelschmerzen oder Störungen der Merkfähigkeit und Gedächtniseinbußen, über die laut dem BVF rund 60 Prozent der Frauen klagen.
Zu den weniger bekannten Symptomen zählen daneben Haarausfall, Schwindel, das Schrumpfen der Vulva, Scheidentrockenheit, wie auch die Trockenheit anderer Schleimhäute – wie an den Augen, im Mund oder in der Nase. Geschuldet sind all diese Beschwerden Schwankungen und schließlich einem Abfall bestimmter Hormone – allen voran dem Östrogen.
Mitunter beschert das einen immensen Leidensdruck: „Manche Frauen fühlen sich extrem verändert. Sie haben eine verminderte Leistungsfähigkeit im Beruf und empfinden einen hohen Druck“, sagt Mebes. Vor allem nach außen sichtbare Beschwerden, wie plötzlich einschießende Hitzewallungen und Schweißausbrüche, stellen die betroffenen Frauen vor große Herausforderungen. Besonders im beruflichen Kontext verunsichere das und werde als Schwäche empfunden, obwohl es damit gar nichts zu tun habe, sagen die Expertinnen. „Ich empfinde es als Vorstoß, dass jüngst eine SAP-Managerin offen darüber gesprochen hat“, sagt Mebes. Es sei wichtig, Frauen über Auswirkungen aber auch Behandlungsmöglichkeiten zu informieren, sagen die Expertinnen.
Neben einer medikamentösen Behandlung mit Hormon- und pflanzlichen Präparaten sei in manchen Fällen mit einfachen Dingen geholfen: Eine gesunde Ernährung, die mehr auf Proteine als auf Kohlenhydrate setzt, könne sich ebenso positiv auswirken wie der Verzicht auf scharfe Speisen oder Alkohol. Diese gelten als Trigger für Hitzewallungen. „Durch Gewichtsabnahme nehmen oft auch die Hitzeschübe ab“, sagt Schaudig. Sport – vor allem Kraftsport – könne unterstützen und wirke sich auf Missstimmung und die Schlafqualität positiv aus. „Saunagänge können positive Effekte haben, weil Frauen dann eigene Hitzewallungen nicht mehr so sensibel wahrnehmen“, sagt Mebes.
Zu den sanften Möglichkeiten zählt zudem Yoga. Achtsamkeitstraining könne Stimmungsschwankungen signifikant verbessern und helfe gegen Schwitzen, sagt Schaudig, ebenso Hypnose und kognitive Verhaltenstherapie. Nicht eindeutig nachgewiesen, doch von manchen als lindernd empfunden, ist Akupunktur.
Bei leichteren Beschwerden kann man zudem versuchen, auf pflanzliche Therapien zurückzugreifen. Isoflavone aus Soja, Rotklee oder Kudzu-Wurzel ähneln in ihrer Struktur der des menschlichen Östrogens und werden darum als PhytoÖstrogen bezeichnet. Sie sollen sich darum positiv auf Wechseljahrsbeschwerden auswirken. Allerdings ist die Datenlage dazu laut der Verbraucherzentrale – mit Ausnahme des Phyto-Östogens „Genistein“– nicht eindeutig. „Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Pflanzenstoff in höherer Dosierung (60 mg/Tag) möglicherweise die Anzahl der täglich auftretenden Hitzewallungen ein wenig senken kann“, schreiben die Verbraucherschützer.
Je nach Ausprägung der Symptome oder im Fall, dass andere Maßnahmen nicht helfen, steht den Frauen die sogenannte Hormonersatztherapie (HRT) zur Verfügung. Dazu sind Produkte in unterschiedlicher hormoneller Zusammensetzung verfügbar und individuell dosierbar. Über Darreichungen wie beispielsweise als Hormoncreme über die Haut kann man mit geringer Dosierung auch die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen minimieren. Denn unter Langzeitanwendung kann vor allem bei Kombipräparaten von Östrogen und Gestagen ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs nicht ausgeschlossen werden. Bei einer Östrogen-Monotherapie kann das Risiko für Krebs an der Gebärmutterschleimhaut steigen. Auch steigt bei der HRT unter Umständen das Risiko für Thrombosen, Schlaganfälle oder Herzinfarkte, was aber weitgehend umgangen werden kann, wenn das Östrogen nicht geschluckt, sondern auf die Haut aufgetragen wird.