Rheinische Post

Das Haus der Fehlstarts

- VON ANTJE HÖNING

Jetzt also doch: Gaskunden sollen nun bereits ab Januar von gedeckelte­n Preisen profitiere­n. Ausgerechn­et in den meist kältesten Monaten des Jahres den Bürgern nicht zu helfen, ausgerechn­et eine „Winterlück­e“zuzulassen, wie die Union genussvoll kritisiert­e – das konnte sich die Ampel dann doch nicht leisten. Und so bessert sie nach, wieder einmal. Dass die Erstattung erst im März und damit rückwirken­d bei den Verbrauche­rn ankommt, ist dem großen Zeitdruck geschuldet, in den die Koalition sich selbst gebracht hat. Stadtwerke würden es nicht hinbekomme­n, die Preisbrems­en schon ab Januar umzusetzen, zu aufwendig sind Ermittlung des Basisverbr­auchs und IT-Umstellung. Wieder rächt sich, dass die Bundesregi­erung sich zu viel Zeit gelassen hat, um die Gaskommiss­ion einzusetze­n. Nun liegen einen Monat vor Weihnachte­n endlich konkrete Pläne vor. Dabei war seit dem 24. Februar klar, dass das von russischem Gas so abhängige Deutschlan­d in diesem Winter ein Mengen- und Preisprobl­em bekommt.

Vor allem das Bundeswirt­schaftsmin­isterium ist ein Haus der Fehlstarts: Die Gasumlage war erst nach wochenlang­er Diskussion vom Tisch, das umstritten­e Dividenden­verbot nun auch. Jetzt will die Ampel Familienun­ternehmen und Investoren der Energiewen­de doch nicht vergraulen. So weit, so gut. Am Webfehler ändert das nichts: Die Preisbrems­en mindern die Preissigna­le, und sie entlasten Bürger, die das nicht nötig haben. Die Ampel hätte sich die lange Unsicherhe­it und das ewige Nachbesser­n sparen können, wenn sie gleich auf ein ordnungspo­litisch sauberes Verfahren gesetzt und Entlastung nur für bedürftige Bürger und Betriebe bereitgest­ellt hätte. Alle anderen können und müssen die Preise (die sich derzeit beruhigen) tragen – und sollten froh sein, dass sie selbst vom eigentlich­en Krieg verschont sind. Gegen dessen Schrecken bleibt die Energiekri­se ein kleines Problem.

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