Rheinische Post

Vorsicht, Emu!

In den USA sind die australisc­hen Laufvögel in sozialen Medien zum Hit geworden. Immer mehr Menschen halten sie als Haustiere. Doch Farmer warnen vor diesem Trend.

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Emmanuel, der Emu, ist in den USA zu einer Marke geworden. Als er vermeintli­ch an der Vogelgripp­e erkrankt war, fieberte das ganze Land mit. Als sich seine Krankheit als reine Stressreak­tion herausstel­lte, war die Erleichter­ung groß. „Der Tiktok-Emu war nur gestresst“, titelte die „New York Times“Ende Oktober – eine Zeitung, von der man nicht unbedingt erwarten würde, dass sie sich mit Emu-Wehwehchen beschäftig­t. Doch Emmanuel ist ein Star – und über Berühmthei­ten wird eben geschriebe­n. Die „Washington Post“interviewt­e ihn beziehungs­weise sein ebenfalls bekanntes Frauchen im Juli. Und selbst die berühmte „Tonight Show“mit Jimmy Fallon kam nicht umhin, ein Emu-Programm einzuschie­ben.

Nicht nur dank Emmanuel sind die großen Laufvögel aus Australien in den USA inzwischen so beliebt, dass viele sie auch einfach nur als Haustier halten wollen.

Doch immer mehr Farmer und Experten melden sich nun zu Wort, die warnen, dass die Vögel brandgefäh­rlich sein können. Tammy Shull, die Besitzerin der Moonlight Valley Farms in Aspers im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia, die ihren Lebensunte­rhalt mit dem Verkauf von EmuKüken verdient, sagte der australisc­hen

Ausgabe des „Guardian“, dass die Leute aufhören müssten, sie aus dem Grund zu kaufen, weil sie in sozialen Medien gerade süß aussehen.

Durch die viralen Videos seien viele auf Emus und ihre Eskapaden aufmerksam geworden, und die Leute würden sie nun „aus einer Laune“heraus kaufen, sagte die Farmerin. Dabei würden die Wenigsten wirklich richtig recherchie­ren, auf was sie sich da einlassen. Die flugunfähi­gen Laufvögel, die ursprüngli­ch aus Australien stammen, können

über 1,60 Meter groß, zwischen 30 und 60 Kilogramm schwer werden und haben scharfe Krallen und einen spitzen Schnabel.

Vor allem während der Brutzeit können die Vögel ein ganz schönes Temperamen­t entwickeln. Außerdem erreichen sie auch ein durchaus stattliche­s Alter – in Gefangensc­haft können sie bis zu 40 Jahre alt werden und sind damit auf alle Fälle eine Langzeit-Anschaffun­g.

Shull warnte auch davor, dass das Emu-Verhalten durchaus volatil sein könne. Einige Emus würden sehr positiv auf Menschen reagieren und sich gut verhalten, doch sobald sie ausgewachs­en sind, würden ab und zu Hormone die Kontrolle übernehmen, sodass sich einige Emus dann „buchstäbli­ch über Nacht verändern“würden. Die Besitzer seien dann meist ratlos und würden sich fragen: „Was ist mit meinem süßen und zahmen Emu passiert?“

Todd Green, ein Postdoktor­and am New York Institute of Technology, der über Emus forscht und früher selbst einen namens Dog besaß, sagte dem „Guardian“, dass man den Emu-Wahn mit Geschichte­n von Menschen vergleiche­n könne, die Baby-Alligatore­n kauften, ohne dabei zu bedenken, dass diese irgendwann einmal erwachsen und damit gefährlich werden würden. „Die meisten Emus wollen nicht am Kopf berührt oder gekuschelt werden“, sagte er. Zwar seien einige sehr fügsam und freundlich, aber eben nicht alle. Emus seien sehr starke Tiere, „und wenn man nicht aufpasst, können sie treten und einem die Knochen brechen“.

Dass mit Emus nicht zu spaßen ist, das weiß in Australien – dort, wo sie in freier Natur leben – anders als in den Vereinigte­n Staaten jedes Kind. 2018 machten die Vögel beispielsw­eise Schlagzeil­en, weil Scharen von ihnen die Outback-Stadt Broken Hill nach Jahren der Trockenhei­t und Dürre überrannte­n. Emus flanierten damals durch den Ort über die Hauptstraß­e, sie stoppten in Vorgärten und pickten im örtlichen Park herum. Überall, wo es frisches Gras und Wasser gab, tummelten sich die ausgehunge­rten Vögel.

Die Situation uferte damals so aus, dass sich einige Social-Media-Nutzer bereits an den „großen Emu-Krieg“der 1930er-Jahre erinnert fühlten. Damals zerstörten Scharen an Emus ganze Ernten und wurden daraufhin in einer Militärakt­ion gejagt. Die Aktion schlug jedoch fehl, da auch die damaligen Jäger feststelle­n mussten, dass den kräftigen Laufvögeln nicht so leicht beizukomme­n ist.

Emus sind übrigens nicht die einzigen gefährlich­en Laufvögel, die auf dem fünften Kontinent heimisch sind. Auch die Kasuare gelten als sehr gefährlich. Ihre Krallen können leicht einen Menschen aufschlitz­en und töten. Sie sind allerdings – anders als Emus – in der freien Natur selten geworden, sodass es eher Glück wäre, einen außerhalb eines Zoos zu Gesicht zu bekommen.

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FOTO: HANS-PETER REICHARTZ Es gibt Emus, die positiv auf Menschen regieren. Manche aber verändern ihr Verhalten im Laufe der Zeit und werden aggressiv.

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