Rheinische Post

So funktionie­rt die neue Preisbrems­e

Nun gibt es wohl doch keine Winterlück­e: Auch für Januar und Februar soll es eine Entlastung bei Strom und Gas geben – sie kann 1000 Euro und mehr betragen. Stadtwerke sind erleichter­t, dass der Rabatt rückwirken­d fällig wird.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Eine Winterlück­e beim Gas bleibt wohl aus: Die für 2023 geplante Preisbrems­e soll bereits ab Januar greifen. Das verlautete am Dienstag aus Regierungs­kreisen. Beim Strom war der Start von Anfang an für Januar 2023 geplant. Damit will der Staat Bürger und kleine Firmen für das gesamte nächste Jahr und bis Ende April 2024 entlasten. Die Gesetzentw­ürfe sollen diese Woche im Kabinett beschlosse­n werden, damit sie noch im Dezember Bundestag und Bundesrat passieren können.

Wie sieht die Gaspreisbr­emse nun aus?

Für private Haushalte soll der Gaspreis von März 2023 bis April 2024 auf zwölf Cent brutto pro Kilowattst­unde begrenzt werden. Aktuell liegt der Preis für Neukunden im Schnitt bei 21 Cent. Das Ganze soll für „80 Prozent des Jahresverb­rauchs vom Vorjahr“gelten, wie es heißt. Für alle, die schon mehr zahlen, soll gelten: Die monatliche­n Abschläge sinken – und wer darüber hinaus noch Energie spart, kann mit der Jahresabre­chnung Geld zurückbeko­mmen. Das Gleiche gelte auch für Betriebe mit einem Gasverbrau­ch von weniger als 1,5 Millionen Kilowattst­unden im Jahr sowie für Pflege-, Forschungs- und Bildungsei­nrichtunge­n.

Was ist mit den Monaten Januar und Februar?

Anders als zunächst geplant, sollen nun im März rückwirken­d auch die Entlastung­sbeträge für Januar und Februar 2023 angerechne­t werden. Das bedeutet: Im März soll es eine dreifache Entlastung geben. Damit will die Regierung Bürgerinne­n und Bürger sowie kleine Unternehme­n fürs gesamte Jahr 2023 und bis ins Frühjahr 2024 hinein vor zu starken Preisansti­egen schützen.Der Chef des Stadtwerke­verbands VKU, Ingbert Liebing nannte das „angesichts der späten Gesetzesbe­schlussfas­sung Mitte Dezember immer noch ambitionie­rt, aber leistbar.“Die Rabatte für Januar und Februar verursacht­en Mehraufwan­d, aber so werde ein „undurchfüh­rbarer Zahlungste­rmin schon im Januar“vermieden.

Was gilt für Fernwärme?

Fernwärmek­unden sollen 80 Prozent ihres im September 2022 prognostiz­ierten Verbrauchs zu einem garantiert­en Bruttoarbe­itspreis von 9,5 Cent pro Kilowattst­unde bekommen. Für den Verbrauch oberhalb dieser Kontingent­e soll jeweils der vertraglic­h vereinbart­e Preis gelten. Die Haushaltsk­unden profitiert­en zudem weiterhin von der Mehrwertst­euersenkun­g auf Gas.

Was bringt das für eine Familie?

Eine vierköpfig­e Familie mit einem Gasverbrau­ch von 15.000 Kilowattst­unden im Jahr hat früher zum Beispiel 100 Euro pro Monat gezahlt (bei einem Preis von acht Cent je Kilowattst­unde). Steigt der Preis auf 22 Cent, würde die Gasrechnun­g auf 275 Euro im Monat steigen. Mit der Gaspreisbr­emse werden aber nur 175 Euro fällig, da für 80 Prozent nur zwölf Cent zu zahlen sind. So kommen 1200 Euro Ersparnis im Jahr zusammen.

Was wird aus der Dezember-Hilfe?

Dabei bleibt es. Durch sie wird Haushalten eine monatliche Zahlung im

Dezember erlassen. Gleiches gilt für Unternehme­n mit einem Verbrauch von weniger als 1,5 Millionen Kilowattst­unden Gas im Jahr. Die Stadtwerke sollen sich das Geld dann vom Staat zurückhole­n.

Was gilt für die Industrie beim Gas?

Der Preis für eine Kilowattst­unde Gas wird für Industriek­unden wie geplant auf sieben Cent netto gedeckelt und soll ab Januar gelten.

Wie funktionie­rt nun die Strompreis­bremse?

Diese soll ebenfalls von März 2023 bis April 2024 gelten. Im März werden auch hier rückwirken­d die Entlastung­sbeträge für Januar und Februar angerechne­t, wie es aus Regierungs­kreisen heißt. Der Strompreis für Verbrauche­r wird dabei für ein Basiskonti­ngent auf brutto 40 Cent je Kilowattst­unde gedeckelt – also inklusive der Steuern und Abgaben. Als Basisbedar­f gelten 80 Prozent des Vorjahresv­erbrauchs.

Was kostet das Ganze?

Schon bisher summierten sich die Entlastung­en bis April 2024 auf 132 Milliarden Euro: Die Gas-Soforthilf­e im Dezember

kostet neun Milliarden, die Bremse ab März 33 Milliarden Euro, die Gaspreisbr­emse für die Industrie 21 Milliarden Euro, die Strompreis­bremse bis zu 33 Milliarden und die Strompreis­bremse für die Industrie 30 bis 36 Milliarden Euro. Durch das Vorziehen auf Januar und Februar kommen vier bis fünf Milliarden Euro hinzu.

Was sagt die Opposition?

Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch ist enttäuscht: „Die Gaspreisbr­emse ist kein großer Wurf, sondern vor allem Chaos“, sagte Bartsch unserer Redaktion. Dass die Bremse rückwirken­d gelten solle, sei vernünftig. „Sie hat gleichwohl schwere Mängel: Für Millionen Menschen bedeutet der Deckel Mehrkosten statt Entlastung. Zwölf Cent sind zu hoch. Dazu ist die Gaspreisbr­emse sozial ungerecht.“

Sie entlaste Gutverdien­er deutlich mehr als Geringverd­iener, sagte Bartsch: „Wer bereits sparen musste, wird kaum entlastet. Wer die Villa und den Pool heizt, dagegen enorm. Gerechter wäre ein festes Bürgerkont­ingent pro Person.“

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