Rheinische Post

Verkehrswe­nde über den Geldbeutel

Die Parkgebühr­en sollen kräftig steigen. Das soll Autofahrer in die Parkhäuser treiben – oder besser noch zum Umstieg auf Rad oder Rheinbahn motivieren. Düsseldorf folgt mit der Strategie einem Trend. Allerdings drohen unerwünsch­te Nebeneffek­te.

- VON ARNE LIEB

Der Schritt war lange erwartet worden, nun steht er bevor: Düsseldorf macht die Parkschein­e teurer, und das kräftig. Wie berichtet, soll die Stunde in der teuersten Parkzone Innenstadt 4,50 statt bislang 2,90 Euro kosten – eine Erhöhung um rund 55 Prozent. Darüber hinaus wird das Gebiet der teureren Parkzonen I und II jeweils deutlich vergrößert. Das bedeutet faktisch eine zusätzlich­e Erhöhung der Gebühren in vielen Stadtteile­n.

Die Stadt argumentie­rt vor allem mit der lenkenden Wirkung für Umweltund Klimaschut­z. Die Zahl der Autos steigt auch in Düsseldorf allen Appellen zum Trotz. Das liegt sowohl an der steigenden Einwohnerz­ahl als auch am zunehmende­n Motorisier­ungsgrad. Daneben werden die Autos immer größer. Die höheren Gebühren sollen Verkehrsde­zernent Jochen Kral zufolge dazu beitragen, dass die Autos vermehrt im privaten Raum abgestellt werden, wodurch die Straßen entlastet werden. Damit sind vor allem die Parkhäuser gemeint. Oder die Menschen steigen um auf Rad oder Rheinbahn, so die Hoffnung.

Mit der Erhöhung liegt Düsseldorf unter den Kommunen im Trend, auch wenn der angepeilte Höchststun­denpreis der NRWLandesh­auptstadt im Vergleich hoch ist. Selbst Köln, sonst enorm ambitionie­rt in Klimafrage­n, liegt mit vier Euro (bislang) etwas unter Düsseldorf. Auch in Hamburg parkt sich mit 3,50 Euro die Stunde günstiger. Die Herangehen­sweise findet sich aber in vielen Städten, auch mit Blick auf das Anwohnerpa­rken, das Düsseldorf wohl ebenfalls deutlich teurer machen wird: Über den Geldbeutel sollen die Menschen zu mehr Umweltbewu­sstsein gebracht werden.

Die Strategie ist in doppelter Hinsicht heikel. Das betrifft zum einen die soziale Frage. Das Autofahren entwickelt sich ohnehin durch die hohen Kraftstoff­preise zur immer kostspieli­geren Fortbewegu­ngsart, ein Verteuern der Parkgebühr­en verstärkt diesen Trend. Vor allem ärmere Haushalte spüren das. Bleibt das Autofahren in der Innenstadt bald den Gutverdien­enden

vorbehalte­n? Das Düsseldorf­er Parkschein-Modell sieht keine soziale Differenzi­erung vor. Auch eine für den Umweltschu­tz interessan­te Abrechnung nach Autogröße – die Freiburg neuerdings bei Anwohnerpa­rkausweise­n vornimmt – ist nicht geplant.

Der einzige finanziell­e Anreiz betrifft Elektroaut­os. Wer ein E-Kennzeiche­n hat, parkt dem Plan zufolge mindestens bis zum Jahr 2025 kostenlos in Düsseldorf. Auch darüber lässt sich streiten: Für schwere und hochpreisi­ge SUV mit Hybrid-Motor entfällt die Parkgebühr, da auch sie ein E-Kennzeiche­n haben, während Fahrer von modernen und spritspare­nden Kleinwagen mit Verbrenner­motor den vollen Preis zahlen müssen.

Dazu kommt die Frage, welche unerwünsch­ten Nebeneffek­te das Zielen auf den Geldbeutel hat. Darüber wurde schon 2015 rege diskutiert, als die Gebühren von 1,90 auf 2,90 Euro erhöht wurden. Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP argumentie­rte auch mit der Umwelt, allerdings erfolgte die Erhöhung auch – wie jetzt – in einer schwierige­n Haushaltsl­age.

Die lauteste Kritik kam damals aus dem Einzelhand­el, und dessen Lage ist nicht einfacher geworden. Angesichts der nun im Raum stehenden Erhöhung besteht bei den Händlern erneut Sorge, dass die Kunden nicht auf Bahn oder Rad umsteigen, sondern lieber woanders oder online shoppen. Carina Peretzke, Sprecherin des Handelsver­bands, verweist darauf, dass die Höhe der Parkgebühr­en laut Umfragen ein hochreleva­nter Aspekt für Besucher sei. Trotz eines gewissen Verständni­sses für Preisanpas­sungen bleibe im Handel daher die Sorge, dass höhere Kosten Kunden abschrecke­n. Wenn es darum gehe, die Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen, sollte laut Handelsver­band der Fokus darauf gelegt werden, diese attraktive­r zu machen.

Die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) beklagt den Zeitpunkt. Mit Blick auf die ohnehin steigenden Lebenshalt­ungskosten sehe man den Plan kritisch. Um die Besucherve­rkehre zielgerich­tet in die Parkhäuser zu lenken, mache die Anpassung der Gebühren aber perspektiv­isch Sinn, so der Verband. Wichtig sei, dass das eingenomme­ne Geld dem Verkehr in Düsseldorf etwa durch den Bau von Quartiersg­aragen und die Stärkung der Rheinbahn zugutekomm­e.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Ein Parkautoma­t auf der Königsalle­e: Die Straße liegt in der Parkzone I, damit kostet die Stunde hier voraussich­tlich bald 4,50 Euro.

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