Rheinische Post

Rodungen für den Deichbau in Himmelgeis­t

Weil in einem Jahr mit dem Bau der Schutzmaue­r begonnen werden soll, wurden die ersten 44 von rund 200 Bäumen gefällt.

- VON ANDREA RÖHRIG

Nach der Flutkatast­rophe im vergangene­n Jahr ist vieles anders: Vor diesen alptraumha­ften Überschwem­mungen mit 186 Toten in NRW und Rheinland-Pfalz hätte es wahrschein­lich Beschwerde­n gegeben, wenn Dutzende Bäume einem Deichbau im Wege gestanden und deshalb hätten gefällt werden müssen. „Wir hatten keinen einzigen Hinweis aus der Bevölkerun­g“, sagt Ingo Noppen, Leiter des Stadtentwä­sserungsbe­triebes, bei einem Ortstermin, zu dem auch seine für das Deich-Projekt in Himmelgeis­t mit zuständige Kollegin Kornelia Keilig mitgekomme­n ist.

Jetzt wurden die ersten zwei Flächen von Bewuchs freigeräum­t, darunter im ersten Schritt 44 Bäume zwischen Schloss Meierhof und der Kirche St. Nikolaus. Insgesamt werden es rund 200 werden, zuzüglich des Entfernens von Totholz und Gehölz. Das ist für die Himmelgeis­ter das Zeichen, dass es endlich voran geht beim Deichschut­z. Bei den letzten schweren Hochwasser­n 1993 und 1995 konnte nur mit Hilfe von Sandsäcken Schlimmere­s verhindert werden. Damals wurde am Düsseldorf­er Pegel 10,30 Meter gemessen, für die Behörden ein „Jahrhunder­thochwasse­r“.

Ab zehn Metern wird es eng in Himmelgeis­t, die Nikolausst­raße wird unter Wasser gesetzt. Die Ertüchtigu­ng des Deiches rund um die Ortslage misst sich nach einem Bemessungs­hochwasser von 11,75 Meter. Um eine Überschwem­mung von Himmelgeis­t und weiteren Stadtteile­n zu verhindern, wird eine 1,20 Meter hohe verklinker­te Mauer auf die derzeitige Deichkrone

gebaut, auf die im Hochwasser­fall mobile Elemente in einer Höhe zwischen 50 Zentimeter und 1,30 Meter aufgesetzt werden können

In unmittelba­rer Nähe von Schloss Meierhof wurden für die Vorbereitu­ng auf die Deichbau-Maßnahme vier Bäume gefällt und des weiteren eine Böschung, die neben der Kirche St. Nikolaus liegt, gerodet. In dem Zug wurde festgestel­lt, dass einige Bäume schon von innen verfault waren und sie wohl nicht mehr lange überlebt hätten. Gefällt wurden unter anderem Ahorne, Robinien und Eschen.

Ein vorbeikomm­ender Radfahrer hält an und fragt bei Ingo Noppen

und Kornelia Keilig nach dem Grund der Baumfällun­gen. Die Antwort, diese Maßnahme sei notwendig gewesen, damit ab Herbst 2023 mit dem Bau der Schutzmaue­r begonnen werden könne, freut ihn sichtlich, wie auch eine andere Himmelgeis­terin, die ebenfalls an dem freigeräum­ten Grundstück stoppt: „Das dauert ja schon lange genug“, sagt sie.

Womit sie den Nagel auf den Kopf trifft. Kornelia Keilig erinnert sich, dass die ersten Überlegung­en, Himmelgeis­t vor Rhein-Hochwasser zu schützen, bereits 1905 aufkamen. Mitte der 1980er Jahre wurde es zwar etwas konkreter.

Aber es dauerte bis 2012, bis der für den Deichbau zuständige Stadtentwä­sserungsbe­trieb in einer Bürgerinfo­rmation die Planungen für den Hochwasser­schutz in der Ortslage vorstellte. Auf diesem Konzept fußt nun das Projekt. Inzwischen gibt es für die ersten Abschnitte auch einen rechtskräf­tigen Planfestst­ellungsbes­chluss.

In dem Bereich um die neue Deichmauer bleiben aber immerhin Bäume stehen, die landschaft­sprägend sind, erläutert Keilig. Etwa welche neben Schloss Meierhof. Um diese zu erhalten, wurde die Linienführ­ung der Spundwand verändert. Und auch die riesige Buche neben der Kirche zur Nikolausst­raße hin wird nicht angetastet. Die große, freigeräum­te Fläche soll bis auf die Höhe der Kirche aufgeschüt­tet werden. An das untere Ende dieses Abschnitte­s wird dann die Mauer und landeinwär­ts davor der Deich-Verteidigu­ngsweg gebaut. Die Bauzeit für diese erste Deichmaßna­hme ist mit zwei Jahren angegeben. Dass zwischen Freiräumun­g des Areals und dem Start der Arbeiten noch ein Jahr liegt, hängt daran, dass diese außerhalb der Brutzeit erfolgen mussten. In einem zweiten Schritt werden noch in der direkten Ortslage entlang der Nikolausst­raße bis zum Ende der Bebauung weitere rund 150 Bäume gefällt.

„Zum Glück haben wir beim Rhein-Hochwasser immer ein wenig Vorlauf“, sagt Noppen und erinnert daran, wie im Sommer 2021 innerhalb weniger Stunden kleine Bäche und Flüsschen sich zu reißenden Strömen verwandelt hatten, die alles mitrissen. Dass aber der Rhein so massiv über seine Ufer tritt, will in Düsseldorf niemand erleben.

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FOTO: ANDREA RÖHRIG Ingo Noppen, Leiter des Stadtentwä­sserungsbe­triebes, und seine Mitarbeite­rin Kornelia Keilig besuchen die gerodete Fläche für den Bau der Deichmauer.

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