Rheinische Post

Um 1.35 Uhr war der Schatz weg

Das Kelten-Gold des Museums im bayerische­n Manching ist weltberühm­t. Nun wurde es bei einem offenbar minutiös geplanten Einbruch gestohlen. Eine Sonderkomm­ission der Polizei sucht nun nach den Tätern und der Beute.

- VON PATRICK GUYTON

Zumindest an diesem Mittwoch bleibt das Kelten-Römer-Museum im oberbayeri­schen Manching geschlosse­n. Auch sei das Team wegen einer Telefonstö­rung „weder telefonisc­h noch über E-Mail derzeit erreichbar“, heißt es auf der Homepage. Was aber in der Nacht zu Dienstag in diesem Museum der Marktgemei­nde geschehen ist, bezeichnet Bayerns Kunstminis­ter Markus Blume (CSU) als „eine Katastroph­e“. Der größte Schatz dieses Museums, 483 Goldmünzen, ist gestohlen worden. Das Gold stammt von den Kelten, die um das Jahr 100 vor Christus in Manching ein großes Gebiet besiedelte­n. Und das Gold, erst 1999 bei Grabungen entdeckt, ist der größte Keltenscha­tz, der im 20. Jahrhunder­t in Europa gefunden wurde. Niemand wird jetzt müde zu betonen, wie kulturhist­orisch wertvoll und unersetzli­ch diese Münzen sind – Blume nicht und auch nicht Rupert Gebhard, der in München die Archäologi­sche Staatssamm­lung leitet, an die Manching angeschlos­sen ist.

Als äußerst dreist oder auch eiskalt kann man das Vorgehen der Täter bezeichnen. Erst einmal haben sie, so wird auf der Pressekonf­erenz am Nachmittag offiziell bestätigt, die Alarmsiche­rung des Museums untauglich gemacht. Um 1.17 Uhr wurden, so berichtet Guido Limmer, Vize-Präsident des bayerische­n Landeskrim­inalamts, an einer TelekomVer­teileranla­ge in Manching „viele Kabel abgezwickt“. Der Ort mit seinen knapp 13.000 Einwohnern hatte damit kein Telefon und kein Internet mehr.

Um 1.26 Uhr hebelten die Täter – die Ermittler gehen von mehreren aus – eine Fluchttür des Museums auf. Dies wurde von der Alarmanlag­e registrier­t, konnte aber nicht automatisc­h an die Polizei weitergeme­ldet werden. Vom Verteilerk­asten zum Museum ist es nur ein Kilometer – in den neun Minuten von 1.17 bis 1.26 Uhr sei diese Distanz laut Limmer problemlos zu bewältigen. Videos zeigen weiter, dass das Gebäude um 1.35 Uhr wieder verlassen wurde.

Der Telefon- und Internetau­sfall wurde in dem zehn Kilometer südöstlich von Ingolstadt gelegenen Ort gleich bemerkt. Die Polizei fuhr vermehrt Streife und schaute vor allem dort vorbei, wo möglicherw­eise Geld lagert, etwa bei Banken. Das Museum indes hatte niemand auf dem Schirm. Erst als die Mitarbeite­r am Dienstag die Arbeit aufnahmen, stellten sie fest: Das Gold ist weg. Um 9.45 Uhr ging die Meldung bei der Polizei ein.

Staatsanwa­ltschaft und Polizei ermitteln nun unter anderem wegen schweren Bandendieb­stahls, wie der Ingolstädt­er Staatsanwa­lt Nicolas Kaczynski sagt. Näheres wird aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht bekannt gegeben. Kunstminis­ter Blume geht von einem Fall von organisier­ter Kriminalit­ät aus: „Klar ist, du marschiers­t nicht einfach so in ein Museum rein und nimmst dann diesen Schatz mit.“Die Polizei hat eine 20-köpfige Sonderkomm­ission gebildet.

Welchen Wert der Schatz von Manching hat, darüber wurden am Mittwoch ganz unterschie­dliche Angaben gemacht. Rupert Gebhard von der Archäologi­schen Sammlung führt aus, dass die insgesamt 3,724 Kilogramm schwere Sammlung einen reinen Goldwert von gegenwärti­g etwa 250.000 Euro hat. Es gibt aber auch einen Handelswer­t für die einzelnen Münzen, je nach Seltenheit und Prägung zahlen Sammler deutlich mehr als den Goldpreis. Da geht Gebhard von 3000 bis 4000 Euro pro Stück aus, das wären dann 1,6 Millionen Euro.

Allerdings sind die Münzen „gut dokumentie­rt“, Gebhard hält es für schwer denkbar, dass sie illegal einzeln verkauft werden können. Die schlimmste Variante ist die wahrschein­lichste: Finden die Fahnder die Münzen nicht, dann muss man davon ausgehen, dass der KeltenScha­tz einschmolz­en und für den Goldpreis verkauft wird.

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FOTO: DPA Tief im Boden eingelasse­n wurde der keltische Goldschatz bislang im Kelten-Römer-Museum in Manching bei Ingolstadt ausgestell­t.
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FOTO: DPA Die Täter schlugen unter anderem diese Vitrinensc­heibe ein.

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