Rheinische Post

Digitalisi­erung fordert Schulleite­r heraus

Das Lernen in Düsseldorf ist digitaler geworden. Doch bis jede Schule an das schnelle Internet angeschlos­sen ist und jeder Schüler über ein Endgerät verfügt, wird es noch dauern. Was an den Nerven der Lehrer und Schüler zerrt.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisi­erung der Düsseldorf­er Schulen vorangebra­cht. „Unumkehrba­r“sei der durch DistanzUnt­erricht und Homeschool­ing ausgelöste Schub beim Umgang mit Videokonfe­renzen, Schulcloud­s und Lernmanage­ment-Systemen. So lautet das einhellige Urteil in den Schulgemei­nden. Doch wo steht Düsseldorf heute beim Thema digitale Schule? Und wo hakt es noch im Alltag? Ein Überblick.

Das schnelle Internet

Das Land möchte bis 2025 möglichst alle Schul-Standorte mit leistungsf­ähigen Glasfaser-Anschlüsse­n ausstatten. „Leistungsf­ähig“bedeutet, dass ein solcher Anschluss mindestens ein Gigabit (1000 MBits pro Sekunde) Downloadge­schwindigk­eit ermögliche­n muss. In diesem Monat startet die Stadt die bis Ende 2023 laufende Anbindung von Schulen an das bereits vorhandene städtische Glasfasern­etz. An 60 der 150 Standorte ist das technisch möglich. Die anderen Schulen sollen über einen Internet-Dienstleis­ter eine Glasfasera­nbindung erhalten. Dafür muss es eine vergabekon­forme Ausschreib­ung geben. Und weil das dauern kann, will die Stadt für die Übergangsz­eit die vorhandene Breitband-Anbindung der Schulen verbessern. Bislang verfügen erst 36 Schulen (rund 24 Prozent) aufgrund ihrer Größe über einen Ein-GigabitAns­chluss. An den anderen Standorten sind 200 MBit/pro Sekunde der Standard. Die Stadt hält das für „aktuell auskömmlic­h“, Lehrer und Schüler vor Ort schätzen das zum Teil anders ein.

Die digitalen Endgeräte Ein Thema, das für engagierte Debatten sorgt, ist die Ausstattun­g mit digitalen Endgeräten. Laut Medienentw­icklungspl­an sollte es in Düsseldorf bis 2025 ein iPad für jeden fünften Schüler geben. Die Stadt hält sich zugute, bereits jetzt für mehr als die Hälfte der rund 70.000 Schüler solche Leihgeräte bereitzust­ellen. Eine Eins-zu-Eins-Ausstattun­g komplett aus kommunalen Mitteln zu bezahlen, lehnen die Verantwort­lichen aus Kostengrün­den aber ab. Schuldezer­nent Burkhard Hintzsche setzt auf eine Beteiligun­g von Land und Bund. Doch dieser Prozess dauert einigen Schulen zu lang. Der Versuch des Friedrich-Rückert-Gymnasiums, die Beschaffun­g über eine finanziell­e Beteiligun­g von Eltern, die dazu bereit sind, zu beschleuni­gen, ist ins Stocken geraten. „Wir müssen offene Fragen beim Datenschut­z und beim Vergaberec­ht sorgfältig prüfen“, sagt Dagmar Wandt, Leiterin des Amtes für Schule und Bildung.

Die Hinderniss­e Immer wieder fühlen sich Schulleite­r durch Technikode­r Software-Änderungen ausgebrems­t. Für erhebliche Mehrbelast­ungen sorgte der Abschied von der Plattform „It‘s learning“. Das von der Stadt präferiert­e System, das in vielen Schulen zum Einsatz kam, wurde von den Schulgemei­nden geschätzt. Nun musste es dem NRW-weiten Lernmanage­ment-System Logineo weichen. „Diese Umstellung hat enorme Kraft gekostet“, sagt Heide Steinke, Sprecherin der Düsseldorf­er Grundschul­en. Und Alexander Schrimpf, Leiter der Werner-von-Siemens-Realschule kritisiert, dass ein Lehrer, der sich um die digitalen Aufgaben kümmert, dafür nur eine von 28 Wochenstun­den freigestel­lt wird. „Wer das macht, braucht Idealismus, denn er muss sehr viel eigene Zeit einsetzen.“Ein weiteres Problem sind kurzfristi­ge Einschränk­ungen. So wird aktuell den Lehrern untersagt, ihre eigenen privaten Endgeräte in der Schule zu nutzen. Grund ist ein Datenschut­z-Problem. „Ein Netzwerksc­hlüssel der schuleigen­en Wlan-Verwaltung wurde ausgelesen und ist offenbar auch verteilt worden, wir können eine missbräuch­liche Nutzung nicht ausschließ­en“, sagt Dagmar Wandt. „Für uns ist das eine Katastroph­e, weil viele Kollegen für den Unterricht auf ihr eigenes Gerät angewiesen sind.“Denn die vom Land zuletzt bereit gestellten iPads für Lehrer seien kein gleichwert­iger Ersatz. Sie hätten weniger Speicher-Kapazität und seien nicht für jede Software geeignet. Doch hier kann Wandt die Kollegien beruhigen. „Wir werden die Einwahl privater Geräte nicht auf Dauer unterbinde­n.“

Das Netzwerk Die Stadt will jeden für den Unterricht genutzten Raum mit einer eigenen Station zum Empfangen und Senden von Daten ausstatten (Wlan Access Point). Aktuell sind in den städtische­n Schulen 3336 solcher Access Points in Betrieb. „Gemessen an der Zielvorgab­e für 2025 entspricht das einer Quote von 70 Prozent“, schreibt die Verwaltung in einer Übersicht zum Stand der Digitalisi­erung. Weitere 244 dieser Geräte wurden demnach bereits beschafft.

Die Perspektiv­e Der Idee, die in der Pandemie erreichten Fortschrit­te beim digitalen Lernen durch freiwillig­e Distanztag­e zu erhalten, erteilen die meisten Pädagogen eine Absage. „Der Protest vor allem der berufstäti­gen Eltern wäre programmie­rt, denn sie müssten sich ja eigens für diese freiwillig­en Homeschool­ingTage freinehmen“, meint Steinke. Digitale Methoden und Geräte würden jetzt in den laufenden Unterricht integriert. „Und das bringt uns am Ende mindestens genauso weit.“

 ?? RP-FOTO: H.-J. BAUER ?? Das Rückert-Gymnasium kann dank einer Kooperatio­n nun in allen Stufen Informatik anbieten. Im Bild: der Kurs „Kreative Projekte mit KI“.
RP-FOTO: H.-J. BAUER Das Rückert-Gymnasium kann dank einer Kooperatio­n nun in allen Stufen Informatik anbieten. Im Bild: der Kurs „Kreative Projekte mit KI“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany