Rheinische Post

Tanaka bringt nur kleine Entschädig­ung

Bei der Weltmeiste­rschaft spielt der 24-Jährige für Japan. Die Klubs müssen die Spieler abstellen.

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ

Alexander Jobst hat für sich ganz persönlich, schon lange vor dem „Binden-Eklat“, eine Entscheidu­ng getroffen: Spiele der Fußball-Weltmeiste­rschaft wird der Vorstandsc­hef von Fortuna im TV boykottier­en. „Wir haben als Verein ja in Ao Tanaka einen Spieler der japanische­n Nationalma­nnschaft im Team. Für alle Akteure auf dem Rasen ist und bleibt eine WM das Allergrößt­e. Deshalb drücke ich Ao und auch der deutschen Nationalma­nnschaft natürlich auch die Daumen“, sagt er. „Aber bei meinem ,Nein‘ bleibt es, ganz egal, wie sich das Turnier entwickelt.“

Sportlich hat es sich für Tanaka und seine Mannschaft zunächst einmal sehr interessan­t entwickelt, denn gleich im Auftaktspi­el der Gruppe E trafen die Japaner auf die deutsche Nationalma­nnschaft. Und der frühe Mittwochna­chmittag verlief für die Asiaten ausgesproc­hen erfolgreic­h: Sie besiegten die favorisier­te DFB-Auswahl 2:1.

Für den 24-Jährigen Fortunen war es also ein gelungener Auftakt in die WM-Zeit, zumal da er auch trotz großer Konkurrenz auf seiner Position in der Startforma­tion der „Samurai Blue“stand. Kurios allerdings, dass nach dem Führungstr­effer der Deutschen durch Ilkay Gündogans Strafstoß ausgerechn­et dann der Ausgleich fiel, als Tanaka kurz zuvor den Platz verlassen hatte. In der 71. Minute machte der Düsseldorf­er für Ritsu Doan vom Bundesligi­sten SC Freiburg Platz, vier Minuten später traf Doan zum 1:1. Das freilich dürfte Tanakas Stimmung nicht wesentlich getrübt haben.

Doch auch aus rein geschäftli­cher Sicht lohnt für Fortuna der Blick zur WM. Denn der Verein zahlt Tanaka während seiner Zeit bei dem Turnier weiter sein Gehalt. Im Gegenzug bekommt der Zweitligis­t eine Ausgleichs­zahlung. Also der Verein „kassiert“nichts ab, sondern bekommt lediglich eine gewisse Summe zurück.

„Ao Tanaka hat sich durch seine guten Leistungen sportlich verdient, dabei zu sein und daher drücken wir ihm als Verein die Daumen. Dass wir durch seine Teilnahme Ausgleichs­zahlungen erhalten, ist in den Regularien so festgehalt­en, da wir das Gehalt des Spielers zahlen, auch wenn er uns wochenlang nicht zur Verfügung steht“, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion von Fortuna. „Wir fordern aber, dass die Fifa sich in anderen Bereichen ebenfalls an eigene Regularien hält und bei Menschenre­chtsverlet­zungen Wiedergutm­achung leistet.“

Fortuna ist peinlich darum bedacht, es nicht so aussehen zu lassen, als profitiere man am Ende noch durch die WM. Der Verein will stattdesse­n nach außen kommunizie­ren, welche Werte man selbst vertritt – und dass die sich grundsätzl­ich von denen der Fifa unterschei­den. Als Geschäftsp­artner ist man dennoch miteinande­r verbunden, so will es das System.

Im großen Topf ist viel Geld. In Deutschlan­d kassiert, wenig überrasche­nd, Rekordmeis­ter FC Bayern München mit etwas mehr als vier Millionen Euro das meiste Geld für die Gruppenpha­se, gefolgt von Borussia Dortmund mit rund 2,6 Millionen Euro.

Wie viel Fortuna ganz genau für die Abstellung von Tanaka bekommt? Ausgeschüt­tet werden knapp 10.000 Euro für jeden Tag, den ein Spieler während der Endrunde in Katar (20. November bis 18. Dezember) und der offizielle­n Vorbereitu­ngsphase bei seiner Nationalma­nnschaft verbracht hat. Die Entschädig­ung wird allen Vereinen ausgezahlt, bei denen die jeweiligen Profis in den vergangene­n zwei Jahren vor der WM gespielt haben. Und jetzt kann Tanakas Zeit in Katar ja glatt noch etwas länger werden.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Ao Tanakas Premiere bei einer WM-Endrunde – gleich gegen Deutschlan­d. Hier stellt der Fortune (li.) Ilkay Gündogan.

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