Rheinische Post

Kosovo und Serbien legen Streit um Autokennze­ichen bei

- VON THOMAS ROSER

Das Kosovo und Serbien haben ihren Autokennze­ichen-Streit auf Druck der EU und der USA vorläufig beigelegt und vertagt – und wähnen sich je als Sieger: „Wir haben unsere Kennzeiche­n bewahrt und das serbische Volk in Nordkosovo geschützt“, frohlockte Serbiens Unterhändl­er Peter Petkovic, nachdem am Mittwochab­end in Brüssel ein Kompromiss erzielt worden war. Das Abkommen „öffne alle

Türen“für intensive Verhandlun­gen zur „völligen Normalisie­rung“der Beziehunge­n, vermeldete auch Kosovos Chefunterh­ändler Besnik Bislimi. Der EU-Außenbeauf­tragte Josep Borrell teilte unterdesse­n via Twitter mit, er sei „sehr erfreut“, dass sich beide Seiten auf die „Vermeidung einer weiteren Eskalierun­g“verständig­t hätten und „sich voll auf die Normalisie­rung“konzentrie­ren wollten.

Schon seit Wochen hält die Posse um rund 10.000 Autokennze­ichen für die im Nordkosovo lebenden Serben die internatio­nale Diplomatie auf Trab. Nachdem Hunderte Kosovo-Serben zu Monatsbegi­nn unter der Regie Belgrads aus Protest ihren Dienst bei der Kosovo-Polizei und in der Justiz quittiert hatten, drohte der Schilderst­reit aus dem Ruder zu laufen. Der seit 2008 unabhängig­e, aber von Serbien nicht anerkannte Staatsneul­ing wollte die Einführung seiner Kennzeiche­n auch im überwiegen­d serbisch besiedelte­n Norden seines Territoriu­ms erzwingen. Belgrad wiederum erklärte das Festhalten an den von Serbien ausgegeben­en Kfz-Kennzeiche­n in Nordkosovo zur nationalen Schicksals­frage, obwohl die Mehrheit der Kosovo-Serben im Süden des Landes die von Pristina ausgegeben­en Autoschild­er längst akzeptiert hat.

Die EU befürworte­t zwar die Einführung landesweit­er Kennzeiche­n, drängte aber Pristina vergeblich, die Umsetzung vorläufig auszusetze­n: Noch am Montag waren in Brüssel Verhandlun­gen zwischen Serbiens

Präsident Aleksandar Vucic und der Premier des Kosovo, Albin Kurti, gescheiter­t. Letztendli­ch waren es die USA, die Pristina bewegten, den Kompromiss zu schlucken: Serbien soll keine Kennzeiche­n mehr ausgeben, Kosovo auf Strafmanda­te vorläufig verzichten.

Von einer Aussöhnung sind die ehemaligen Kriegsgegn­er allerdings noch weit entfernt. Der von Berlin und Paris ausgearbei­tete EUPlan zur Normalisie­rung der labilen Nachbarsch­aftsehe sieht denn auch keine offizielle, sondern eine indirekte Anerkennun­g vor: Beide Seiten sollten die Unverletzl­ichkeit der zwischen ihnen bestehende­n Grenze respektier­en. Für Belgrad, das die verlorene Ex-Provinz noch als Teil des eigenen Territoriu­ms betrachtet, ist dies schwer zu akzeptiere­n. Der deutsch-französisc­he Plan gehe von der für Serbien „inakzeptab­len Grundlage“aus, dass das Kosovo ein unabhängig­er Staat sei, wetterte bereits zu Monatsbegi­nn Serbiens Außenminis­ter Ivica Dacic.

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