Rheinische Post

Taschendie­be lieben Weihnachts­märkte

Mit unterschie­dlichen Aktionen versucht die Polizei in der Adventszei­t, die Menschen vor Straftaten zu warnen.

- VON CLAUDIA HAUSER

„Schönen guten Tag, dürfen wir Sie mal was fragen?“– wenn ein Polizist eine Frage wie diese stellt, hat man meistens gegen irgendeine Regel verstoßen. Fiona Asllani und ihr Kollege Pascal Stefanides von der Bundespoli­zei wollen am Donnerstag­nachmittag im Kölner Hauptbahnh­of die Reisenden aber nur auf ein großes Problem aufmerksam machen: Taschendie­bstahl. Und so sagen sie etwa einer älteren Frau, die eine große Tasche offen umhängen hat, dass sie diese besser schließen solle.

„Das geht ruckzuck, dann ist das Portemonna­ie weg“, sagt Asllani. Die Frau bedankt sich und packt ihr Geld in eine andere, verschließ­bare Tasche.

Jetzt, wo die Menschen in Scharen auf die Weihnachts­märkte strömen, finden Diebe die besten Bedingunge­n vor. „Der Weihnachts­markt ist das perfekte Betätigung­sfeld für Taschendie­be – viele Menschen, dichtes Gedränge, Ablenkung durch Musik, Essen und Alkohol“, sagt Kathrin Stoff, Sprecherin der Bundespoli­zei Köln. „Wenn man sich wohlfühlt, wird man unvorsicht­ig.“Sie rät, Geld, Karten und Papiere immer in verschloss­enen Innentasch­en der Kleidung aufzubewah­ren und Hand und Umhängetas­chen im dichten Gedränge mit der Verschluss­seite zum Körper zu tragen.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Taschen und Gepäckdieb­stähle in Köln verdoppelt. Allerdings waren in PandemieZe­iten deutlich weniger Menschen unterwegs. „Der extreme Anstieg hat auch damit zu tun, dass wir jetzt wieder auf dem VorPandemi­eStand sind“, sagt Stoff. NRWweit wurden für 2021 insgesamt 27.577 Taschendie­bstähle erfasst.

Die Aufklärung­squote ist gering: Sie lag bei 4,8 Prozent. „Häufig wird erst bemerkt, dass etwas fehlt, wenn der Täter längst verschwund­en ist“, sagt Stoff. In den deutschen Großstädte­n gehört der Taschendie­bstahl – neben Autoaufbru­ch, Fahrraddie­bstahl und Sachbeschä­digung an Fahrzeugen – nach wie vor zu den häufigsten Delikten. Taschendie­be sind nach Angaben der Polizei oft höchst profession­ell agierende Täterinnen und Täter, die grenzübers­chreitend in ganz Europa aktiv sind.

Die Täter nutzen nicht nur die Vorweihnac­htszeit, sondern in Geschäften auch die Stunde vor Ladenschlu­ss, wenn besonders viel los ist. Auch in Stadtbahne­n und Bussen sind sie vor allem dann aktiv, wenn die Menschen zur Arbeit fahren oder von der Arbeit kommen. „Der Einund Ausstieg ist eine gute Gelegenhei­t mit dichtem Gedränge“, sagt Stoff. „Was wir gerade häufig haben, ist der Austausch von Gepäckstüc­ken.“Der Täter stellt also eine Tasche neben der des Opfers ab. Viele bemerken zu spät, dass er statt seiner eigenen dann die andere Tasche mitgenomme­n hat.

Meist arbeiten Trick und Taschendie­be in Teams und gehen arbeitstei­lig vor: Während der eine Täter eine Person ablenkt, begeht der

Komplize den Diebstahl. In Köln sind am Donnerstag insgesamt 32 Polizisten am Hauptbahnh­of und am Bahnhof Deutz unterwegs, um die Menschen für das Thema zu sensibilis­ieren. Solche Schwerpunk­taktionen gibt es auch in anderen NRWStädten. „Die Leute reagieren erst einmal verblüfft, wenn wir sie ansprechen, weil sie denken, sie sind in eine Kontrolle geraten“, sagt Stoff. „Aber das Feedback ist dann eigentlich immer positiv.“

Im RheinSiegK­reis warnt die Polizei an den Weihnachts­marktZugän­gen mit aufgesprüh­ten Hinweisen auf dem Asphalt vor Dieben. Auf dem Bonner Weihnachts­markt soll eine mobile Wache für Abschrecku­ng und Sicherheit sorgen. In allen Städten sind auch zivile Fahnder auf den Märkten unterwegs, die versuchen, die Täter auf frischer Tat zu erwischen.

„Wenn man sich wohlfühlt, wird man unvorsicht­ig“Kathrin Stoff Sprecherin der Bundespoli­zei Köln

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FOTO: CLAUDIA HAUSER Pascal Stefanides und Fiona Asllani von der Bundespoli­zei warnen rund um den Kölner Hauptbahnh­of vor Taschendie­ben. Besonders in der Vorweihnac­htszeit passieren viele Straftaten.

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