Armin Mueller-Stahls jüdische Freunde
Der 91-jährige Schauspieler und Maler eröffnete eine Ausstellung mit seinen Porträts in Dortmund.
Armin Mueller-Stahl bleibt seinem Entschluss treu, keine Filme mehr zu machen. Er widmet sich lieber anderen Leidenschaften – Musik und Malerei. In seiner Eigenschaft als Maler zeigte der 91-Jährige sich jetzt im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund und eröffnete eine Ausstellung seiner Porträtserie „Jüdische Freunde“.
Über 100 Porträts jüdischer Künstler und Intellektueller hat Mueller-Stahl in den vergangenen Jahren gemalt. Manche sind Weggefährten und Freunde, manche – wie Franz Kafka oder Felix Mendelssohn Bartholdy – lange vor seiner Zeit gestorben. Trotzdem waren sie an bestimmten Stellen seiner Biografie wichtig. „Ich betrachte dann zum Beispiel die Augen“, sagt er, „die sind ja das Sprechendste an einem Gesicht, und als Schauspieler ist man neben den Händen vor allem auf sie konzentriert. Ich versuche im malerischen Prozess, das Gesicht hinter dem Gesicht zu kriegen, zu kreieren.“Wenn er sich auf diese Weise in ein Gesicht lang Verstorbener hineinversetzt, dann geht ihm manchmal auf: „Vielleicht wären wir Freunde geworden, wenn wir zusammen aufgewachsen wären.“
30 Porträts sind in Dortmund ausgestellt. Darunter George Tabori, Billy Wilder, Woody Allen, Walter Benjamin, Hannah Arendt, Susan
Sontag und Paul Celan. Ihre Gesichter wirken oft wie von tiefem Schwarz umhüllt, als würden sie sich auf einem chaotischen Wirrwarr herausschälen, aus abstrakten Farbfeldern und Linien. So erzählt Armin Mueller-Stahl die schwierige Geschichte jüdischer Persönlichkeiten, die diskriminiert, stigmatisiert, verfolgt, ins Exil getrieben oder getötet wurden. Er will aber auch zeigen: Sie hatten immer eine wichtige und starke Präsenz in der deutschen Gesellschaft, gehören unbedingt zur deutschen Kultur.
Für Mueller-Stahl ist die Kunst ein Prozess des inneren Ausgleichs. „Beim Malen werde ich ein friedlicher Mensch“, sagt er. Und dass er das nicht immer ist, wird deutlich, wenn er gefragt wird, warum es ihm ein Anliegen ist, jüdische Menschen zu porträtieren: „Ich musste miterleben, wie ein Klassenkamerad plötzlich nicht mehr da war. Ich habe mit 13 Jahren meinen Lateinlehrer gefragt: ‚Was bedeutet der gelbe Stern?‘ Er hat nur ‚Pssst‘ gemacht und auf ein Plakat gedeutet: ‚Feind hört mit‘.“Wenn man diese Zeiten miterlebt habe, könne man kaum glauben, was derzeit passiert: dass Europa einen Rechtsruck erlebe, die Demokratie erodiere, wieder antisemitische Übergriffe geschehen.
Info „Jüdische Freunde“: bis 29. Januar, Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund. Eintritt frei. Mehr unter www.dortmund.de/mkk.