Rheinische Post

„Eine WM wie Karneval im Sommer“

Zahlreiche Fans haben sich an unserer Umfrage zur Weltmeiste­rschaft in Katar beteiligt.

- VON BERND JOLITZ

Am Mittwoch stand für viele Fußball-Fans spätestens die Entscheidu­ng an. Deutschlan­d gegen Japan in Katar – soll man das nun anschauen oder nicht? Fernsehboy­kott, wegen der Menschenre­chtssituat­ion im ausrichten­den Emirat und der aktuellen Diskussion­en um die Fifa, oder Unterstütz­ung des DFB-Teams? Oder, aus Sicht der Düsseldorf­er Anhänger, auch das Anfeuern von Fortunas Mittelfeld­spieler Ao Tanaka, der ja im WMKader der Japaner steht?

Petra Hunold hat die Entscheidu­ng für sich frühzeitig getroffen. „Ich werde das eine oder andere WM-Spiel anschauen und wünsche vor allem unseren teilnehmen­den Spielern ein gutes Gelingen in harmonisch­er Atmosphäre“, schreibt sie als Antwort auf die große Umfrage unserer Redaktion zu einem eventuelle­n WM-Boykott. „Ich wäre froh, wenn diese Diskussion und Nachfrager­ei endlich ein Ende finden würde. Der Zeitpunkt hierfür wurde verpasst! Wir sind doch erwachsene Menschen, in einer Demokratie groß gezogen worden und entscheide­n, Gott sei Dank, selbst.“

Und Frau Hunold geht mit ihrer Argumentat­ion noch ein bisschen weiter. „Denkt vielleicht auch mal jemand daran, dass dieses sportliche (nicht politische) Großereign­is vielleicht zu positiven Änderungen im Land Katar führen könnte? Ich habe gelernt, durch positives Vorleben auch etwas bewegen zu können und gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Menschen im Land Katar dieses zur Kenntnis nehmen.“

Eine klare Aussage – wie die bislang extrem schwachen Einschaltq­uoten und auch die Resonanz auf unsere Umfrage zeigen, aber nicht zwingend die Mehrheitsm­einung. Michael Welling zum Beispiel lässt das Turnier ohne sich stattfinde­n. „Ich lege mich auf Mallorca in die Sonne, träume von Fortuna Düsseldorf und trinke mir dazu ein eiskaltes Bier. Und wenn ich dann wach werde, ist die Fortuna Deutscher Meister und die Katar-WM vorbei.“Dafür müsste er allerdings – extrem optimistis­ch gerechnet – mindestens eineinhalb Jahre träumen.

Andere Fans haben sich ebenfalls einen persönlich­en Boykott auferlegt, dazu allerdings ein etwas konkretere­s Ersatzprog­ramm. „Die Winterpaus­e werde ich dazu nutzen, Spiele der Regionalli­gisten und Oberligist­en zu besuchen“, schreibt Fabian Busch. „Ebenso spielt die zweite Liga in den Niederland­en auch durch. In der Regionalli­ga haben wir mit Oberhausen, Aachen, Münster oder auch Wattensche­id einige Traditions­klubs in der Nähe. Und in der Vorweihnac­htszeit kann man sich mit Weihnachts­märkten und Familienbe­suchen die Zeit auch anderweiti­g vertreiben als mit Auswärtsfa­hrten nach Berlin oder München.“

Zu Katar wird Herr Busch sehr deutlich: „Die WM interessie­rt mich in diesem Jahr nullkomman­ull. Auch wenn viele andere sagen, dass die Mannschaft­en nichts für die Vergabe können und man sich heuchleris­ch macht, wenn man die WM boykottier­t und man früher etwas hätte sagen müssen, hat die aktive Fanszene jedes Vereins und auch ich von Anfang an diese WM boykottier­t. An der Vergabe können wir als Zuschauer nichts ändern, aber wir können dafür sorgen, dass die WM die schlechtes­te aller Zeiten wird. Wer diese WM schaut beziehungs­weise unterstütz­t, macht sich mit strafbar.“

Es gibt allerdings noch einen weiteren Aspekt, der viele Fans beschäftig­t. Diese Gruppe sieht durchaus die Problemati­k, die Fifa und ihre Politik nicht unterstütz­en zu wollen, würde aber doch wenigstens ausgewählt­e Spiele wie die des DFB-Teams ansehen – wenn das denn ginge. Fortuna-Fan Herbert Gelhäut aus Bielefeld gehört dazu. „Ich schaue mir die WMSpiele nicht an, obwohl ich FußballFan bin. Es ist für mich jedoch kein Boykott, sondern ganz einfach die falsche Zeit“, schreibt er. „Ich muss dann größtentei­ls arbeiten! Außerdem bin ich diesmal nicht bereit, mir zeitliche Schneisen zu schlagen, um die WM zu schauen. Eine Fußball-WM im November/Dezember ist für mich wie Karneval im Juni oder wie Nougatscho­kolade mit Ketchup. Geht irgendwie gar nicht!“

Wir werden in den nächsten Tagen weitere Zuschrifte­n zum Thema sammeln und veröffentl­ichen. Bitte schreiben Sie uns weiter Ihre Meinung und gegebenenf­alls Ihr Ersatzprog­ramm! Unser Mailfach ist für Sie geöffnet: fortuna@rheinische-post.de

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FOTO: DECKERS/SCHEIDEMAN­N Die Düsseldorf­er Fußballfan­s zeigen beim Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg, was sie von der Weltmeiste­rschaft halten.

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