Rheinische Post

Anspruchsv­olle Zeit für die Kapitalmär­kte

Was kommt 2023 auf die Anleger zu? Anlagespez­ialisten geben einen Ausblick.

- VON JÜRGEN GROSCHE

Anhaltende­r Krieg, hohe Inflation, düstere Konjunktau­ssichten: Selten blickten die Menschen in jüngster Zeit mit einer solchen Unsicherhe­it in die Zukunft wie vor diesem anstehende­n Jahreswech­sel. Erfahrene Anlagespez­ialisten sehen hinter dem Rauch und Nebel der aktuellen Ereignisse die Risiken und Chancen durchaus mit schärferem Blick.

„Wir erwarten ein anspruchsv­olles Jahr“, sagt

Thomas F. Seppi, Vorstand, FPM Frankfurt Performanc­e Management AG. Die Wirtschaft sei auf dem Weg in eine Rezession. „Das heißt, die Ergebnisse der Unternehme­n werden zurückgehe­n, und damit ist es wichtig, nur in werthaltig­e Geschäftsm­odelle niedrig bewerteter Unternehme­n zu investiere­n.“Während US-Technologi­eaktien immer noch zu hoch bewertet seien, favorisier­t Seppi

Unternehme­n mit geringen globalen Abhängigke­iten etwa von Lieferkett­en oder Absatzmärk­ten. Die Inflation werde sich auf höherem Niveau abschwäche­n: „Fallenden Energiepre­isen stehen hier steigende

Lohnkosten gegenüber.“Weitere Prognosen: „Die Zinsen werden weiter steigen. Immobilien­preise werden eher fallen, Alternativ­e Investment­s, wie zum Beispiel Private Equity werden illiquide, auch zum Nachteil

von geplanten ESG-Investitio­nen.“

Kathrin Eichler, Geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin der Eichler & Mehlert Vermögensv­erwaltung in Düsseldorf, zählt zu den Optimisten: „Wir blicken

durchaus zuversicht­lich auf die Börsen.“Aufgrund der nachlassen­den Dynamik bei Zinserhöhu­ngen werde 2023 weiter Druck von den Kapitalmär­kten genommen. „Dies deutete sich in den vergangene­n Tagen bereits an. Nach der jüngsten Veröffentl­ichung der Inflations­rate für die USA, die mit 7,7 Prozent unter den Erwartunge­n lag, zeigten die Börsen eine starke Aufwärtsbe­wegung.“Für die Anleger schließt Kathrin Eichler daraus, dass die Chance auf steigende Kurse, sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen, deutlich zunehme. „Wir gehen davon aus, dass wir die stärksten Kurskorrek­turen hinter uns haben.“

„Für den kurzfristi­gen Spekulante­n ist die Welt aktuell

eine Schlangeng­rube“, meint Christian Dagg, Geschäftsf­ührer der Brilliant Vermögensv­erwaltung für den Mittelstan­d aus Düsseldorf, und verweist auf eine hohe Nervosität und Unsicherhe­it hinsichtli­ch der nächsten Monate. Für den langfristi­gen Anleger sei hingegen – abgesehen von den Schwankung­en – alles am aktuellen Marktumfel­d besser als noch vor einem Jahr. „Aktienbewe­rtungen sind auf breiter Front auf ein normales Niveau zurück und im Festverzin­slichen Bereich bekommen wir wieder einen Zins. Für Anleger sind das keine schlechten Aussichten. Allerdings muss man bereit sein, 2023 möglicherw­eise auch noch stärkere Schwankung­en hinzunehme­n.“

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FOTO: GETTYIMAGE­S/NIPHON Das kommende Jahr dürfte einige Überraschu­ngen bringen. Doch Anleger können sich auch für Unvorherge­sehenes wappnen.

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