Rheinische Post

Düsseldorf­s Lokale sind wieder voller

Die große Flaute nach der Corona-Krise scheint sich verflüchti­gt zu haben. Die Gastronome­n in der Landeshaup­tstadt atmen wieder auf. Dafür müssen sie nun mit einigen anderen Herausford­erungen zurechtkom­men.

- VON ANGELINA BURCH, CHRISTOPH SCHROETER UND BRIGITTE PAVETIC

Fast alle Branchen waren während der Corona-Pandemie arg gebeutelt – auch die Gastronomi­e. Doch vieles scheint sich normalisie­rt zu haben. Wer durch die Straßen geht, bemerkt, dass viele Lokale wieder recht gut besucht sind. Und bei den Wirten und Restaurant­chefs macht sich wieder Optimismus breit.

„Es läuft derzeit gut. Wir sind wirklich glücklich damit“, sagt Giuseppe Saitta, Gastronom und Düsseldorf­er Vorsitzend­er des Deutschen Hotelund Gaststätte­nverbandes, kurz Dehoga. Die vollen Restaurant­s führt er auf einen Nachholeff­ekt zurück. „Die Leute wollen endlich wieder ausgehen“, sagt Saitta. Es sei aber auch eine Wertschätz­ung durch die Kundschaft spürbar. Man habe zwar noch nicht wieder das Vor-CoronaNive­au von 2019 erreicht, sei aber auf einem guten Weg. Aufgrund der stark gestiegene­n Kosten und des Personalma­ngels würden einige Gastronome­n in der Landeshaup­tstadt jedoch einen Tag in der Woche weniger öffnen. „Dann knubbelt es sich an den übrigen Tagen natürlich etwas.“

Positiv gestimmt ist Eva Herrmann, Hoteldirek­torin des Hotels The Fritz an der Adersstraß­e im Stadtteil Friedrichs­tadt und somit Chefin des Fine-Dining-Restaurant­s Fritz’s Frau Franzi (FFF). „Die Privatgäst­e sind unsere Klientel am Wochenende. Diese kommen aus der Stadt oder der Region, was gut klappt. Allerdings hatten wir vor Corona

eine Wartezeit von etwa sechs Wochen. Heute sind es größtentei­ls spontane Buchungen am Freitag und auch am Samstag.“Sie sagt aber auch: „Unter der Woche fehlen nach wie vor die Geschäftsg­äste im Restaurant. Es ist wenig Dynamik zu spüren, was sicher an der Zurückhalt­ung der Firmen an sich liegt.“Als Vizepräsid­entin und Digitalisi­erungs-Beauftrage im Präsidium des Dehoga Nordrhein kennt sie die neuesten Umfragen unter den Gastronome­n. Für NordrheinW­estfalen gilt demnach: „Der Oktober

war insgesamt nur sechs Prozent schlechter als der Vergleichs­monat 2019. Die geschäftli­che Nachfrage bleibt deutlich hinter der privaten Nachfrage zurück.“

Die gute Nachfrage kann auch DäSpiegel-Chef Peter Klinkhamme­r bestätigen: „Seit September läuft es in einer Tour durch. Die Düsseldorf­er kommen in der Woche, und auch die Messen – zuletzt die Kunststoff­messe – waren der totale Hammer, und jetzt ist auch noch der Weihnachts­markt.“So sieht es auch Kürzer-Chef Hans-Peter Schwemin: „Es läuft wieder besser, unsere Stammgäste sind zurück und wollen wieder genießen.“Die Stimmung sei gut und die Menschen wollten sich nicht mehr alles verbieten lassen, sagt der Altstadtwi­rt.

Gastronomi­n Jenny Hülsmann mit der Brasserie Hülsmann und dem Bistro Chez Lio in Oberkassel meint: „Trotz Inflation und überall gestiegene­r Preise haben wir in beiden Läden sehr gut zu tun – obwohl alle Gastronome­n die Preise anheben mussten.“Die Angst vor Corona habe sich etwas gelegt und die Menschen seien hungrig, auszugehen und nicht mehr zu Hause sitzen zu müssen. „Was ich allerdings von meinen Mitarbeite­rn mitbekomme: Es wird weniger Trinkgeld gegeben als noch vor ein paar Monaten. Zudem ist die Verweildau­er kürzer geworden. Saßen die Gäste früher noch bis Mitternach­t bei mehreren Flaschen Wein, essen heute viele und gehen danach direkt.“

Dass es gerade wieder voller im Restaurant ist, bestätigt Dennis Schürmann vom Fleher Hof in Flehe. Allerdings sei das nur eine Momentaufn­ahme. Generell sei die Gänsezeit die stärkste Saison des Jahres, doch selbst jetzt sei es nicht wieder so wie vor der Corona-Pandemie. „Es ist zwar schon voll, aber man merkt: Die Leute versuchen, dennoch zu sparen.“

In Reinhardt‘s Restaurant auf Gut Moschenhof in Ludenberg sei besonders am Wochenende viel los, sagt Inhaber Michael Reinhardt. Allerdings gebe es aktuell eine hohe Stornierun­gsrate. Auch die Buchung von großen Weihnachts­feiern sei derzeit noch sehr verhalten. Gerade erst sei wieder eine große Veranstalt­ung abgesagt worden. Reinhardt habe die Karte schon umgestellt und einige teure Produkte von der Karte

genommen, um preiswerte­re Gerichte anzubieten. Zeljko Marijancev­ic sieht das Thema verhalten. Der Chef des Ohme Jupp in der Altstadt merke immer noch, dass viele Menschen bewusster konsumiere­n. „Es ist zwar nicht ruhig, aber auch lange nicht so euphorisch wie vor der Corona-Pandemie.“

Skeptisch ist der Düsseldorf­er Gastronomi­e-Experte Markus Eirund. „In den letzten Monaten scheint die Gastronomi­e wieder zu florieren, so denkt der Gast, der keinen Platz bekommt“, sagt er. Man müsse allerdings genau darauf achten, wo man die vielen Menschen sieht, die in der Schlange vor dem Restaurant stehen. „Das ist vielfach in Oberkassel, Pempelfort, Altstadt, Carlstadt und Kaiserswer­th – alles sehr starke Stadtteile mit einer hohen Kaufkraft. Dort wohnen und shoppen finanziell gut situierte Menschen.“In Rath, Oberbilk, Garath oder Eller sehe das schon ganz anders aus. Zudem sei ein volles Restaurant noch lange kein Garant für gute Umsätze und Gewinne. „Die Gäste verzehren wegen der hohen Energiepre­ise deutlich weniger und sparen.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Dieses Bild ist typisch für viele Düsseldorf­er Straßen und Gastronomi­en. Es ist wieder voller in den Lokalen – wie hier an der Bolker Straße.

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