Düsseldorfs Lokale sind wieder voller
Die große Flaute nach der Corona-Krise scheint sich verflüchtigt zu haben. Die Gastronomen in der Landeshauptstadt atmen wieder auf. Dafür müssen sie nun mit einigen anderen Herausforderungen zurechtkommen.
Fast alle Branchen waren während der Corona-Pandemie arg gebeutelt – auch die Gastronomie. Doch vieles scheint sich normalisiert zu haben. Wer durch die Straßen geht, bemerkt, dass viele Lokale wieder recht gut besucht sind. Und bei den Wirten und Restaurantchefs macht sich wieder Optimismus breit.
„Es läuft derzeit gut. Wir sind wirklich glücklich damit“, sagt Giuseppe Saitta, Gastronom und Düsseldorfer Vorsitzender des Deutschen Hotelund Gaststättenverbandes, kurz Dehoga. Die vollen Restaurants führt er auf einen Nachholeffekt zurück. „Die Leute wollen endlich wieder ausgehen“, sagt Saitta. Es sei aber auch eine Wertschätzung durch die Kundschaft spürbar. Man habe zwar noch nicht wieder das Vor-CoronaNiveau von 2019 erreicht, sei aber auf einem guten Weg. Aufgrund der stark gestiegenen Kosten und des Personalmangels würden einige Gastronomen in der Landeshauptstadt jedoch einen Tag in der Woche weniger öffnen. „Dann knubbelt es sich an den übrigen Tagen natürlich etwas.“
Positiv gestimmt ist Eva Herrmann, Hoteldirektorin des Hotels The Fritz an der Adersstraße im Stadtteil Friedrichstadt und somit Chefin des Fine-Dining-Restaurants Fritz’s Frau Franzi (FFF). „Die Privatgäste sind unsere Klientel am Wochenende. Diese kommen aus der Stadt oder der Region, was gut klappt. Allerdings hatten wir vor Corona
eine Wartezeit von etwa sechs Wochen. Heute sind es größtenteils spontane Buchungen am Freitag und auch am Samstag.“Sie sagt aber auch: „Unter der Woche fehlen nach wie vor die Geschäftsgäste im Restaurant. Es ist wenig Dynamik zu spüren, was sicher an der Zurückhaltung der Firmen an sich liegt.“Als Vizepräsidentin und Digitalisierungs-Beauftrage im Präsidium des Dehoga Nordrhein kennt sie die neuesten Umfragen unter den Gastronomen. Für NordrheinWestfalen gilt demnach: „Der Oktober
war insgesamt nur sechs Prozent schlechter als der Vergleichsmonat 2019. Die geschäftliche Nachfrage bleibt deutlich hinter der privaten Nachfrage zurück.“
Die gute Nachfrage kann auch DäSpiegel-Chef Peter Klinkhammer bestätigen: „Seit September läuft es in einer Tour durch. Die Düsseldorfer kommen in der Woche, und auch die Messen – zuletzt die Kunststoffmesse – waren der totale Hammer, und jetzt ist auch noch der Weihnachtsmarkt.“So sieht es auch Kürzer-Chef Hans-Peter Schwemin: „Es läuft wieder besser, unsere Stammgäste sind zurück und wollen wieder genießen.“Die Stimmung sei gut und die Menschen wollten sich nicht mehr alles verbieten lassen, sagt der Altstadtwirt.
Gastronomin Jenny Hülsmann mit der Brasserie Hülsmann und dem Bistro Chez Lio in Oberkassel meint: „Trotz Inflation und überall gestiegener Preise haben wir in beiden Läden sehr gut zu tun – obwohl alle Gastronomen die Preise anheben mussten.“Die Angst vor Corona habe sich etwas gelegt und die Menschen seien hungrig, auszugehen und nicht mehr zu Hause sitzen zu müssen. „Was ich allerdings von meinen Mitarbeitern mitbekomme: Es wird weniger Trinkgeld gegeben als noch vor ein paar Monaten. Zudem ist die Verweildauer kürzer geworden. Saßen die Gäste früher noch bis Mitternacht bei mehreren Flaschen Wein, essen heute viele und gehen danach direkt.“
Dass es gerade wieder voller im Restaurant ist, bestätigt Dennis Schürmann vom Fleher Hof in Flehe. Allerdings sei das nur eine Momentaufnahme. Generell sei die Gänsezeit die stärkste Saison des Jahres, doch selbst jetzt sei es nicht wieder so wie vor der Corona-Pandemie. „Es ist zwar schon voll, aber man merkt: Die Leute versuchen, dennoch zu sparen.“
In Reinhardt‘s Restaurant auf Gut Moschenhof in Ludenberg sei besonders am Wochenende viel los, sagt Inhaber Michael Reinhardt. Allerdings gebe es aktuell eine hohe Stornierungsrate. Auch die Buchung von großen Weihnachtsfeiern sei derzeit noch sehr verhalten. Gerade erst sei wieder eine große Veranstaltung abgesagt worden. Reinhardt habe die Karte schon umgestellt und einige teure Produkte von der Karte
genommen, um preiswertere Gerichte anzubieten. Zeljko Marijancevic sieht das Thema verhalten. Der Chef des Ohme Jupp in der Altstadt merke immer noch, dass viele Menschen bewusster konsumieren. „Es ist zwar nicht ruhig, aber auch lange nicht so euphorisch wie vor der Corona-Pandemie.“
Skeptisch ist der Düsseldorfer Gastronomie-Experte Markus Eirund. „In den letzten Monaten scheint die Gastronomie wieder zu florieren, so denkt der Gast, der keinen Platz bekommt“, sagt er. Man müsse allerdings genau darauf achten, wo man die vielen Menschen sieht, die in der Schlange vor dem Restaurant stehen. „Das ist vielfach in Oberkassel, Pempelfort, Altstadt, Carlstadt und Kaiserswerth – alles sehr starke Stadtteile mit einer hohen Kaufkraft. Dort wohnen und shoppen finanziell gut situierte Menschen.“In Rath, Oberbilk, Garath oder Eller sehe das schon ganz anders aus. Zudem sei ein volles Restaurant noch lange kein Garant für gute Umsätze und Gewinne. „Die Gäste verzehren wegen der hohen Energiepreise deutlich weniger und sparen.“