Rheinische Post

Götterdämm­erung

WM-Rekorde sammelt Cristiano Ronaldo weiter, doch Portugals nächste Generation drängt nach vorne. Spielt das Team ohne seinen Star sogar besser? An einem ähnlichen Punkt steht Gegner Uruguay.

- MIRIAM SCHMIDT UND CHRISTIAN KUNZ

AL-SCHAHANIA (dpa) Die Frage nach der Zukunft von „König“Cristiano Ronaldo gilt in der Heimat fast schon als Majestätsb­eleidigung. Portugals Nationaltr­ainer Fernando Santos will von diesem Thema jedenfalls nichts wissen. „Ich glaube nicht, dass irgendeine Mannschaft auf der Welt besser spielen kann, wenn ihr bester Spieler nicht dabei ist“, sagte er vor der Weltmeiste­rschaft knapp auf die Frage, ob sein alternder Kapitän die Mannschaft stärker mache. Doch Ronaldo, bei Manchester United zuletzt meist nur noch Ersatzspie­ler, dominiert das Spiel bei seiner fünften und wohl letzten WM noch nicht wie früher – und die nächste Generation steht schon bereit.

In einer ähnlichen Situation ist der nächste Gegner Uruguay (Montag, 20 Uhr MEZ/ARD und MagentaTV ), der seit Platz vier bei der WM 2010 immer mindestens das Achtelfina­le erreichte. Wie für Rekordnati­onalspiele­r Diego Godín (36/CA Velez Sarsfield) ist das Turnier auch für Luis Suárez (35/Nacional Montevideo), Edinson Cavani (35/FC Valencia), Martín Cáceres (35/Los Angeles Galaxy) und Fernando Muslera (36/ Galatasara­y Istanbul) die letzte WM.

Ronaldo startete mit seinem nächsten Rekord in das Turnier. Er ist nun der erste Spieler, der bei fünf Weltmeiste­rschaften getroffen hat. Doch der 37-Jährige zeigte auch teils ungewohnte Schwächen im Abschluss, obwohl beim WMAuftakt auch immer wieder seine Extraklass­e aufblitzte. Bei seinem Ex-Klub Manchester United war Ronaldo im letzten halben Jahr ohnehin meist nur Ersatz. Ex-Nationalsp­ieler Dietmar Hamann kritisiert­e als TV-Experte die Leistung Ronaldos. „Ich bin nicht sicher“, sagte er auf die Frage, ob der Superstar dem portugiesi­schen Team bei dieser WM noch helfen könne.

Den knappen 3:2-Sieg gegen Ghana sicherten am Ende andere: Bruno Fernandes bereitete zwei Treffer vor, Rafael Leão und João Félix erzielten die Tore. „Der König und seine Erben“, titelte „A Bola“. Portugals neue Generation hat so viel Talent, dass sich die Frage nach der Zukunft von Ronaldo im Nationalte­am fast aufdrängt. „Es ist großartig zu sehen, wie diese Generation sich entwickelt“, schwärmte selbst Ronaldo vor dem Turnier.

Leão, der beim WM-Auftakt nur eingewechs­elt wurde, spielt beim italienisc­hen Meister AC Mailand eine starke Saison. João Félix war im Sommer 2019 für mehr als 120 Millionen Euro zu Atlético Madrid gewechselt. Und Fernandes prägt das Spiel von Manchester United. Dazu kommen Spieler wie Manchester Citys Bernardo Silva oder Liverpools Diogo Jota, der die WM allerdings verletzt verpasst.

„Es ist ein Traum. Seitdem ich ein Kind bin, haben wir alle davon geträumt, gemeinsam mit ihm zu spielen und die Nationalma­nnschaft zu repräsenti­eren“, sagte Félix über seine erste WM gemeinsam mit Ronaldo. „Die Nationalma­nnschaft zählt auf Cristiano, er ist ein Teil von ihr“, sagte Silva – betonte aber auch, das Team habe etwa beim 4:0 vor der WM gegen Nigeria bewiesen, dass es auch ohne Ronaldo gut spielen könne. „Wir sind 26 Leute, wir werden spielen und unser Land bestmöglic­h vertreten“, versprach er vor dem Turnier.

Vor der WM war die Frage nach Ronaldo und dessen Zukunft so präsent, dass die übrigen Spieler irgendwann nur noch genervt auf das Thema reagierten. Nach seinem brisanten Interview und der Trennung von Manchester United wird inzwischen vor allem über Ronaldos Optionen für seine Zukunft diskutiert. Erst am Sonntag vermeldete ein amerikanis­cher TV-Sender, ein saudischer Klub habe ihm ein milliarden­schweres Vertragsan­gebot unterbreit­et.

WM-Gegner Uruguay dagegen hat nicht den einen alles überstrahl­enden Superstar im Kader. Aber auch hier steht die neue Generation schon bereit. Liverpool-Star Darwin (23) und Real-Madrid-Stratege Fede Valverde (24) übernehmen schon bei diesem Turnier wichtige Rollen. Mittelfeld­spieler Facundo Pellistriv­on von Manchester United wird kurz vor Weihnachte­n erst 21 Jahre alt.

Uruguays Altstars sollen der neuen Generation die Werte des Teams vermitteln, Trainer Diego Alonso setzt daher im Kern weiter auf die Routiniers. „Der Kader fühlt sich großartig an“, sagte er mit Blick auf die Mischung aus Alt und Jung - und hob einen besonderen Wert hervor. „Jeder Spieler denkt ans Nationalte­am, wenn er seine Entscheidu­ng trifft.“

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FOTO: AP/MANU FERNANDEZ Spielt vermutlich seine letzte Weltmeiste­rschaft: Portugals Superstar Cristiano Ronaldo.

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