Belgien enttäuscht beim 0:2 gegen Marokko
Der Weltranglistenzweite muss nach der Niederlage um den Einzug ins Achtelfinale bangen. In Brüssel randalieren enttäuschte Fans.
DOHA (dpa) Frustrierte Spieler in Doha, randalierende Fans in Brüssel: Belgiens „Altherrenteam“ist bei der Fußball-WM in Katar kaum wiederzuerkennen und läuft Gefahr, erstmals seit 1998 wieder die K.o.-Runde zu verpassen. Uninspiriert, ungefährlich und nicht wirklich teamfähig kassierten die „Rode Duivels“am Sonntag in Doha gegen Außenseiter Marokko eine historische Schmach. Das verdiente 0:2 (0:0) war die erste WM-Vorrundenniederlage des WM-Dritten von 2018 seit 28 Jahren. Um es aus eigener Kraft noch ins Achtelfinale zu schaffen, muss Belgien (drei Punkte) nun am Donnerstag gegen VizeWeltmeister Kroatien (4) gewinnen. Marokko mit ebenfalls vier Zählern winkt dagegen das erste WM-Achtelfinale seit 36 Jahren.
„Das ist schwer zu akzeptieren. So ein Auftreten bin ich von meinem Team nicht gewohnt. Die letzten Jahre waren wir wesentlich selbstbewusster“, gestand Belgiens Nationalcoach Roberto Martínez. Der Spanier blieb in der Niederlage höflich und analysierte genau, was schief gelaufen war. Starspieler wie Kevin De Bruyne (31) und Axel Witsel (33) marschierten dagegen kommentarlos aus dem Al-Thumama Stadion.
Bezeichnenderweise waren es die jüngeren Spieler, die die eigene Leistung bewerteten. „Wir haben nach zwei Spielen immer noch nicht das wahre Belgien gesehen“, sagte Timothy Castagne (26) von Leicester City. Schon beim glücklichen 1:0 zum Auftakt gegen Kanada hatten die in die Jahre gekommenen Stars um De Bruyne, Eden Hazard (31) und Welt-Torhüter Thibaut Courtois (30) enttäuscht.
„Wir sind jetzt in einer Situation, in der wir nichts mehr zu verlieren haben. Wir müssen einfach gegen Kroatien gewinnen. Dann sind wir fürs Achtelfinale qualifiziert“, sagte Martínez vor dem letzten Gruppenspiel. Zweifel an einem Sieg gegen den Vize-Weltmeister sind nach den bisherigen Leistungen indes angebracht. Das sehen offenbar auch in der Heimat einige Fans so. Nach dem erst dritten WM-Endrundensieg der Nordafrikaner durch Tore des ehemaligen deutschen U21Nationalspielers Abdelhamid Sabiri (73. Minute) und Zakaria Aboukhlal (90.+2) kam es in Brüssel zu Ausschreitungen. Rund 100 Polizisten mit Wasserwerfern mussten gegen Fans vorgehen, die im Stadtzentrum randalierten.
Die in der Vergangenheit mit Offensivpower und Spielfreude von ihrem Team verwöhnten Anhänger müssen sich in diesem Jahr an ein ganz anderes Gesicht der in die Jahre gekommenen Stars gewöhnen. Das Spiel Belgiens in Katar ist geprägt von Einzelaktionen, umständlichen Angriffen und heftigen individuellen Fehlern, die zum Beispiel Dortmunds Thomas Meunier am Sonntag immer wieder zeigte. „Das hat etwas mit Mentalität zu tun“, haderte Martínez.
Die wenigen Spieler, die nach dem Spiel nicht stumm das Stadion verließen, reagierten mit Trotz. „Aber wir haben immer noch eine Mannschaft, in der viele Spieler den Unterschied ausmachen können“, sagte etwa Castagne. Das Problem: Diese Spieler zeigen es nicht. De Bruyne etwa ist sichtlich genervt von den Unzulänglichkeiten einiger Mitspieler und will zu oft mit dem Kopf durch die Wand. Kapitän Eden Hazard, der bei Real Madrid nur noch sporadisch zum Einsatz kommt, scheint mehr mit sich selber beschäftigt zu sein und für Stürmerstar Romelu Lukaku reichte es nach langer Verletzungspause gegen Marokko erst einmal nur zu einem Kurzeinsatz.