Keine Furcht vor einem Tief
Daniel Thioune ist sicher, dass die Nicht-Nominierung für die WM seiner polnischen Spieler keine negativen Folgen hat.
Am Mittwoch um 20 Uhr bestreitet die polnische Nationalmannschaft ihr letztes Gruppenspiel bei der WM-Endrunde in Katar. Doch während ihre Landsleute gegen Lionel Messi und Co. auf dem Rasen versuchen, den Einzug ins Achtelfinale zu schaffen, bleibt für die FortunaProfis Michal Karbownik und Dawid Kownacki nur der Platz im heimischen Fernsehsessel. Ihr sportlicher Gegner wird dann einen Tag zuvor nicht Argentinien, sondern der niederländische Zweitligist De Graafschap Doetinchem gewesen sein – in einem Testspiel mit Fortuna im Paul-Janes-Stadion.
Nun kann natürlich nicht jeder polnische Fußballprofi zum 26-Mann-Kader der WM-Endrunde gehören oder daran zerbrechen, wenn er es nicht tut. Bei dem Düsseldorfer Duo verhält es sich aber schon ein wenig anders: Beide waren im vorläufigen 50-Mann-Aufgebot noch dabei; Nationaltrainer Czeslaw Michniewicz strich sie erst bei der endgültigen Nominierung.
Sicherlich eine Enttäuschung also, auch wenn Karbownik im Nachhinein kommentiert: „Nur ein kleines bisschen ganz am Anfang.“Womit der 21-Jährige sicherlich auf den Moment der offiziellen Kaderverkündung anspielte: Der war für ihn ein Stück härter als für Kownacki, da dieser bereits vorab vom früheren polnischen U21-Nationaltrainer, dessen Kapitän er längere Zeit war, einen Wink bekommen hatte, dass er letztlich doch nicht dabei ist.
Jetzt bleibt natürlich die Frage, inwieweit der geplatzte Traum von der WM-Teilnahme Einfluss auf die Restsaison in der Zweiten Liga bekommen wird. Stürzen die beiden verhinderten WM-Starter womöglich in ein Motivations-Loch, da sie in der Hinserie ja nicht zuletzt deshalb zu den besten Fortunen gehörten, weil sie sich Michniewicz mit Leistung aufdrängen wollten?
Fortunas Trainer sieht diese Gefahr nicht. „Da würde ich mir keine Sorgen machen“, betont Daniel Thioune. „Wenn so ein Tor, wie es Michal gegen Kaiserslautern erzielt hat, die Reaktion auf eine Nicht-Nominierung ist, dann, so habe ich gesagt, sollen sie ihn am besten gar nicht mehr nominieren.“
Und wie sieht es mit einer längerfristigen Nachwirkung bei Kownacki aus? „Dawids Gesamtsituation ist eine ganz andere als Michals“, erklärt der Trainer. „Vielleicht war es sogar gut für ihn, dass er nicht nach Katar musste. Er ist ja an dem Tag, als die Polen ihr erstes Gruppenspiel gegen Mexiko hatten, zum zweiten Mal Vater geworden. Das aus Katar mitzuerleben? Jeder, der selbst Kinder hat, weiß, wie besonders dieser Moment ist und deutlich wertvoller als ein Fußballspiel und vielleicht sogar als eine WM.“
Die vergrößerte Familie helfe ihm, so Thioune, vielleicht auch „bei seiner Entscheidungsfindung, wo Dawids weiterer Weg hinführt. Ich habe ihn hier bei Fortuna vom ersten Tag an als Vollprofi wahrgenommen, und das war er die ganzen Wochen. Es gab viele Momente, in denen wir offene, gute Gespräche hatten. Wir haben ein gutes Innenverhältnis, und das bleibt auch so.“Kownacki sei auch schon mal in die Kabine gekommen und habe dem Coach mitgeteilt, dass er starke Schmerzen habe: „Und er sagte mir dann auch: ,Wenn du jemanden hast, der fitter und besser ist als ich, dann stell den auf, ich bin nicht sauer.‘ Das ist auch Dawid Kownacki.“
Er sei sicher, so Thioune, dass Karbownik und Kownacki Realisten genug seien, um als Tabellensiebte der Zweiten Liga nicht voll mit einer Nominierung gerechnet zu haben. „Schließlich spielt der, die Kaderliste anführt, beim FC Barcelona. Die beiden sind voll da, ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass ihre Leistung abfallen könnte. Im Gegenteil: Überhaupt im 50er-Kader gestanden zu haben, sollte ihnen sehr viel Selbstvertrauen geben.“
Kownacki hat seine größer gewordene Familie, Karbownik beste Aussichten für die Zukunft. Das sieht die Leihgabe des Premier-League-Klubs Brighton & Hove Albion inzwischen auch selbst so: „Vor zwei Monaten hätte mich schließlich noch niemand für das Nationalteam gewollt. Ich bin ja noch jung und kann auf weitere Chancen hoffen. Ich feuere unser Team trotzdem an und hoffe, dass es das Achtelfinale erreicht.“Und vielleicht sind er und Kownacki, den er als „meinen großen Bruder“bezeichnet, dann ja bei der WM in den USA, Kanada und Mexiko dabei – dann ist selbst Kownacki schließlich erst 29.