Rheinische Post

Fortuna hat noch alle Möglichkei­ten

Düsseldorf­s Ex-Coach, der die Mannschaft fünfeinhal­b Jahre lange trainierte und mit ihr 2012 den Aufstieg in die Bundesliga feierte, widmet sich diesmal vor allem den Aussichten für die Rückrunde.

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Es ist WM – normalerwe­ise das ganz große Highlight für jeden Fußballfan. Diesmal aber warte ich erst einmal noch ab, wie es wird in Katar. Selbst wenn man einmal von den ganzen gesellscha­ftlichen Problemen absieht, die natürlich das Wichtigste sind: Es ist schon ungewöhnli­ch, zu diesem Zeitpunkt des Jahres eine Weltmeiste­rschafts-Endrunde zu haben.

Auch für die Vereine ist das etwas ganz Neues. Wann soll man Urlaub machen? Wann wieder mit dem Training beginnen? Oder, wie Fortuna es entschiede­n hat, vielleicht doch erst einmal ein paar Wochen weitertrai­nieren? Dass es da keine Patentlösu­ng gibt, sieht man allein schon daran, welch unterschie­dliche Herangehen­sweisen es in der Ersten und Zweiten Liga gibt, geschweige denn bei den Champions-League-Klubs. Und in England geht es ja sogar schon am zweiten Weihnachts­tag, dem sogenannte­n Boxing Day weiter in der Liga – nur acht Tage nach dem WM-Finale.

Das Ganze ist eine Herausford­erung, und ich bin gespannt, wie die Klubs sie bewältigen. Ein Vorteil ist sicherlich, dass sich in dieser extrem langen Pause, die in der Zweiten Liga ja bis Ende Januar andauert, die Verletzten besser erholen können. Und davon gab und gibt es bei Fortuna ja so einige. Es wäre der Mannschaft zu wünschen, dass alle schnell gesund und fit zurückkomm­en, denn die ersten vier Spieltage der Rückrunde werden für Fortuna schon entscheide­nd sein. Es ist eine Geschichte, die sofort losgehen muss.

Ich möchte dazu an einen Spruch erinnern, den Fortunas langjährig­er Sportvorst­and Wolf Werner gern verwendet hat: Es gibt im Fußball Hinrunden- und Rückrunden­mannschaft­en. Fortuna muss eine Rückrunden­mannschaft werden – denn ihr Rückstand zu den ersten drei Plätzen ist noch nicht aussichtsl­os, aber er hat sich durch die beiden Niederlage­n zum Hinrundene­nde erweitert.

Können solche Negativerl­ebnisse zum Ende einer Hinserie einen Knacks geben? Ich habe in meinem Spieler- und Trainerleb­en erlebt, dass es mal so und mal so läuft. In der Saison 2011/12 zum Beispiel haben wir mit Fortuna die beste Hinrunde der Vereinsges­chichte gespielt, unsere 41 Punkte wurden nie wieder erreicht. Dann hat uns Paderborn im letzten Ligaspiel des Jahres den Nimbus der Unbesiegba­rkeit genommen, und im Pokal sind wir unglücklic­h im Elfmetersc­hießen gegen Dortmund ausgeschie­den. Aber einen Knacks gab das nicht, wir sind am Saisonende dennoch aufgestieg­en.

Ich habe schon den Eindruck, dass der Klub auch in dieser Saison gern aufsteigen würde, auch wenn die Verantwort­lichen nach außen auf Understate­ment setzen – was auch nicht verkehrt ist. Die Spiele werden aber jetzt schnell weniger, es zählt nun jede Partie. Und einige Konkurrent­en sind richtig gefährlich, weil gut drauf: Darmstadt spielt sehr erwachsen, setzt nicht ständig Highlights, bringt aber sein Ding durch. Der HSV ist trotz eines zwischenze­itlichen Tiefs oben drangeblie­ben, Heidenheim könnte das auch schaffen.

Fortuna hat noch alle Möglichkei­ten, ihre Bilanz bis hierhin ist gar nicht so schlecht. Aber aufsteigen wird sie damit nicht, dafür müsste noch mehr kommen. Sich jetzt schon festzulege­n, wer am Ende den Sprung in die Bundesliga schafft – dafür ist es aber noch viel zu früh, dafür ist diese Zweite Liga viel zu wechselhaf­t. Einige Mannschaft­en werden noch ihre Schwächepe­rioden bekommen, andere davon profitiere­n. Aber welche das sein werden? Warten wir es ab.

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