Rheinische Post

Dorf zu verkaufen

Vor 30 Jahren verließen die letzten Einwohner den kleinen Ort Salto de Castro im Südwesten Spaniens. Ein Bauunterne­hmer erwarb ihn jetzt für 300.000 Euro. Zum Paket gehören baufällige Häuser, eine Kirche, eine Schule und ein Sportplatz.

- VON RALPH SCHULZE

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, von der Stadt aufs Land zu ziehen und dort ein neues Leben zu beginnen? Mit eigenem Haus, einem großen Garten, umgeben von einer schönen Landschaft. Und vielleicht auch noch im Süden Europas, wo das Klima gerade jetzt, in der kalten Jahreszeit, oftmals sehr viel angenehmer ist als im europäisch­en Norden.

In Spaniens tiefer Provinz werden nicht nur viele Wohnhäuser zu günstigen Preisen angeboten, sondern sogar ganze Dörfer. So stand zum Beispiel vor einigen Tagen ein kleiner und von den Einwohnern verlassene­r Ort namens Salto de Castro im Südwesten Spaniens, gleich an der portugiesi­schen Grenze, zum Verkauf – für 260.000 Euro.

Die Lust aufs Landleben scheint auch in Spanien zu wachsen, denn der Makler wurde mit Angeboten überrannt. „Wir haben Anfragen aus aller Welt bekommen“, berichtet Romuald Rodríguez, Immobilien­berater der bisherigen Dorfeigent­ümer und Repräsenta­nt von Royal Invest Madrid: „Interessen­ten aus mehr als 20 Ländern haben uns kontaktier­t.“Sie boten bis zu 600.000 Euro für das Geisterdor­f.

Am Ende erhielt ein spanischer Bauunterne­hmer den Zuschlag. Allerdings nicht nur für die ursprüngli­ch angesetzte­n 260.000 Euro. Wegen der riesigen Nachfrage erhöhte er sein Kaufangebo­t etwas, und zwar auf 300.000 Euro. Der Unternehme­r, der im Wohnungs- und Hotelbau aktiv ist, will das verlassene Dorf mit einem touristisc­hen Projekt wiederbele­ben.

Die nun vereinbart­e Summe für die ganze Siedlung gilt allerdings immer noch als Schnäppche­npreis. Denn für diesen Betrag findet man in Spaniens Großstädte­n Madrid oder Barcelona allenfalls ein winziges Appartemen­t. Doch mit der nun offerierte­n Ortschaft bekam der Käufer sehr viel mehr als nur eine Wohnung. Denn zum „herrlichen Dorf“, wie es auf dem spanischen Immobilien­portal Idealista hieß, gehörten gleich 44 Wohnungen. Ebenfalls im Preis inbegriffe­n sind: „Eine Bar, eine Kirche, eine Schule mit mehreren Klassenzim­mern und ein Gasthaus.“Zudem gehören eine alte Polizeikas­erne, ein Schwimmbad und ein Sportplatz zu dem Örtchen, in dem früher einmal 200 Menschen lebten. Das alles mit einem schönen Ausblick auf die unterhalb liegende Castro-Talsperre am Duero-Fluss, der sich malerisch durch den Naturpark Los Arribes del Duero schlängelt.

Der Naturpark rund um das Duero-Tal ist ein beliebtes Ausflugszi­el, das wegen seiner ertragreic­hen Weinberge, aber auch wegen seines Tierreicht­ums bekannt ist. Störche, Geier und Adler haben in dieser einzigarti­gen Landschaft ihre Heimat. Das Dorf Salto de

Castro liegt in der äußerst dünn besiedelte­n Provinz Zamora, die wiederum zu Spaniens einsamster, aber flächenmäß­ig größter Region Kastilien-León gehört.

Doch die Sache hat auch einen Haken: Das Dorf steht seit mehr als 30 Jahren leer. Die Gebäude sind verfallen. Die Grundmauer­n stehen zwar noch. Aber Plünderer haben alles mitgenomme­n, was nicht niet- und nagelfest war. Die Dächer sind eingefalle­n, die Wände mit Graffiti übersät. Um das verschlafe­ne Ruinendorf wieder zum Leben zu erwecken, müssen mindestens zwei Millionen Euro investiert werden, schreibt das Branchenpo­rtal Idealista.

Die bisherigen Besitzer, die das leer stehende Dorf vor zwei Jahrzehnte­n kauften, hatten auch schon die Idee, die Geistersie­dlung in einen Ort für Touristen zu verwandeln. „Doch die Immobilien­krise im Jahr 2008 stoppte die Pläne“, berichtet Immobilien­berater Rodríguez. Inzwischen sei zwar die Krise, in der etliche Banken und Bauunterne­hmen zusammenbr­achen, überwunden. Aber die Dorfeigent­ümer wollten sich nun zur Ruhe setzen und hätten deswegen das Objekt verkauft, erläutert Rodríguez.

Der Ort Salto de Castro war ursprüngli­ch für die Arbeiter des Castro-Staudammes mitsamt des Wasserkraf­twerks gebaut worden. Die Anlagen waren hier, am Duero-Fluss, vor etwa 70 Jahren entstanden. 1989 verließen die letzten Bewohner ihre Häuser.

Nun bietet sich also die Chance, dass in diese abgelegene Gegend im Südwesten Spaniens wieder ein bisschen Leben zurückkehr­t. Für Sergio López, Bürgermeis­ter der ebenfalls sehr kleinen und gut zwölf Kilometer entfernten Nachbargem­einde Fonfría, wäre dies die beste Nachricht seit Langem. Er meint: „Jede Aktivität, die die Wirtschaft in dieser Region wiederbele­bt, ist willkommen.“

„Interessen­ten aus mehr als 20 Ländern haben uns kontaktier­t“Romuald Rodríguez Immobilien­berater

 ?? FOTOS: WIKIMEDIA COMMONS ?? Einst lebten 200 Menschen in Salto de Castro. Viele von ihnen waren Arbeiter, die den Castro-Staudamm errichtete­n.
FOTOS: WIKIMEDIA COMMONS Einst lebten 200 Menschen in Salto de Castro. Viele von ihnen waren Arbeiter, die den Castro-Staudamm errichtete­n.
 ?? ?? Auch ein Gotteshaus ist im Kaufpreis enthalten. Wie an vielen Stellen wurden auch hier die Wände mit Graffiti beschmiert.
Auch ein Gotteshaus ist im Kaufpreis enthalten. Wie an vielen Stellen wurden auch hier die Wände mit Graffiti beschmiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany