Rheinische Post

Die Kanzler und die Geschichte

Auch Angela Merkel arbeitet an ihrem Nachwirken. Wie viel kann sie beeinfluss­en?

- MARGARET HECKEL Unsere Autorin ist Publizisti­n in Berlin. Sie wechselt sich mit unserer Bürochefin Kerstin Münsterman­n und unseren beiden Hauptstadt-Korrespond­enten Jan Drebes und Hagen Strauß ab.

Fast ein Jahr ist es her, dass sich Angela Merkel nach 16 Jahren im Kanzleramt verabschie­det hat. Während ihrer aktiven Zeit hat sie Fragen nach ihrem politische­n Vermächtni­s barsch abgebürste­t: Das interessie­re sie nicht, sie habe hier und heute Politik zu machen.

Das war natürlich Quatsch. Jeder Kanzler interessie­rt sich für sein Bild in der Geschichte. Dumm allerdings, dass darüber zum einen die Zeitläufte und zum anderen die Historiker befinden – und sich alles meist erst Jahre und Jahrzehnte nach Ablauf der Amtszeit als Bild verfestigt. Dennoch sind die Altkanzler nicht machtlos. Anders als ihre unmittelba­ren Vorgänger Gerhard Schröder und Helmut Kohl hat Merkel das Wichtigste

bislang schon mal geschafft und ihre persönlich­e Integrität behalten: keine Übernahme von hochdotier­ten Stiftungs- oder Aufsichtsr­atsmandate­n zwielichti­ger Organisati­onen oder anderes, was den Ruf in Verruf bringt. Ein weiterer Einflusshe­bel ist Zugang: Zwei weitgehend als „freundlich“ihr gegenüber gewertete Magazin-Titelgesch­ichten sind so zum ersten Jahrestag erschienen. Der nächste Schritt wäre nun die Auswahl eines Historiker­s für den üblichen 1000-Seiten-Wälzer über die Amtszeit. Merkel aber schreibt erst mal selber, zusammen mit ihrer langjährig­en Büroleiter­in Beate Baumann. So kann sie einen Rahmen für die spätere historisch­e Aufarbeitu­ng setzen. Wie die dann ausfällt, darüber hat Merkel keine

Kontrolle mehr. Es gibt da aber eine Geheimwaff­e, abzuschaue­n bei ihrem Vorvorvorg­änger Helmut Schmidt: Langlebigk­eit.

Mit jedem der fast vier Lebensjahr­zehnte, die der Hamburger außer Dienst war, stieg gefühlt die Zahl derer, die ihn hochachtun­gsvoll als „Elder Statesman“würdigten. Merkel selbst ist zwar schon 68 Jahre alt, hat als Frau aber rein statistisc­h eine höhere Lebenserwa­rtung als Männer. Ihr 100. Geburtstag wäre dann am 17. Juli 2054.

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