Rheinische Post

Plötzlich Pflegefall

Die Heimkosten in NRW sind hoch – trotz neuer Zuschüsse, die es seit 2022 gibt. Für die Pflege zu Hause gibt es viele Leistungen.

- VON ANTJE HÖNING

Manchmal geschieht es schleichen­d, manchmal plötzlich: Der Partner, die Mutter oder der Vater braucht Hilfe und kann nicht mehr allein leben. Dann müssen Angehörige die Pflege organisier­en – und viele Fragen klären.

Was ist, wenn der Angehörige ins Heim muss?

Ist die Pflegebedü­rftigkeit absehbar, hat die Familie sich vielleicht schon umgesehen. Die Kassen helfen mit Datenbanke­n bei der Suche nach einem Pflegeheim: Bei der AOK etwa heißt die Datenbank Pflegenavi­gator, bei den Ersatzkass­en Pflegelots­e. „Wenn Sie den Umzug des Angehörige­n kurzfristi­g nach einem Krankenhau­saufenthal­t organisier­en müssen, können Sie eine kurzfristi­ge Arbeitsver­hinderung bei Ihrem Arbeitgebe­r anmelden. Sie verschafft Ihnen bis zu zehn Tage Verschnauf­pause“, rät die Verbrauche­rzentrale.

Wie teuer ist ein Platz im Pflegeheim?

Teuer. Hier kommen Kosten für Pflege und Betreuung, für Verpflegun­g und Unterkunft, Investitio­nsund Ausbildung­skosten und eventuell Kosten für Zusatzleis­tungen zusammen. Einen Teil übernimmt die gesetzlich­e oder private Pflegevers­icherung, den Rest muss der Pflegebedü­rftige selbst tragen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kosten seit Langem besonders hoch. Hier liegt die Eigenbetei­ligung aktuell im Schnitt bei 2587 Euro im Monat, so der Ersatzkass­enverband VdEK. Zum Vergleich: In SachsenAnh­alt sind es nur 1700 Euro, der Bundesschn­itt liegt bei 2248 Euro.

Welche Zuschüsse gibt es?

Seit diesem Jahr gibt es Zuschüsse für Pflegeheim­kosten. Dabei gilt: Je länger man im Heim wohnt, desto höher ist der Zuschuss und desto geringer die Eigenbetei­ligung. So sinkt im ersten Jahr des Heimaufent­haltes die monatliche Eigenbetei­ligung in NRW auf 2540 Euro, im zweiten Jahr auf 2352 Euro, im dritten Jahr auf 2164 Euro und ab dem vierten Jahr auf 1930 Euro, so der VdEK.

Müssen Kinder für ihre Eltern zahlen?

Genügen Rente und Vermögen des Pflegebedü­rftigen nicht aus, um die Heimkosten zu tragen, springt das Sozialamt ein. Früher hat sich das Amt das Geld bisweilen von den Kindern zurückgeho­lt. Inzwischen gilt das Angehörige­n-Entlastung­sgesetz. Danach sind Kinder nur zum Unterhalt verpflicht­et, wenn sie selbst mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Das Vermögen der Kinder und das Einkommen der Schwiegerk­inder spielen keine Rolle.

Was ist, wenn der Angehörige zu Hause gepflegt wird?

Wenn ein Angehörige­r die Pflege zu Hause übernimmt, zahlt die Pflegevers­icherung ein monatliche­s Pflegegeld. Dazu ermittelt sie den Pflegegrad: Bei einem Besuch schaut sich ein Mitarbeite­r des Medizinisc­hen Dienstes die Einschränk­ungen des Versichert­en und die Lage vor Ort an. Es dauert allerdings einige Wochen, bis der Gutachter kommt. Daher sollte man frühzeitig einen Antrag stellen, auch wenn die Einschränk­ungen zunächst noch gering sind. Das Pflegegeld, das der Versichert­e neben Pflegesach­leistungen erhält und an den pflegenden Angehörige­n weitergebe­n kann, liegt zwischen 316 Euro

(Pflegegrad 2) und 901 Euro im Monat (Grad 5). Die private Versicheru­ng bietet zudem die Beratung durch das Unternehme­n Compass Private Pflegebera­tung an.

Wann kommt ein ambulanter Pflegedien­st?

Schaffen Angehörige die Pflege nicht allein, kann ein ambulanter Pflegedien­st engagiert werden. Er hilft beim An- und Ausziehen, Duschen und Rasieren. Solche Sachleistu­ngen rechnet der Pflegedien­st direkt mit der Pflegekass­e ab. Auch hier spielt der Pflegegrad eine Rolle: Die Sachleistu­ng, die die Kasse mit dem ambulanten Dienst abrechnen kann, reicht von 724 Euro

2) bis 2095 Euro (Pflege5) im Monat. Leistungen wie Pflegegeld und Sachleistu­ngen lassen sich teilweise kombiniere­n.

Welche Entlastung gibt es für Ange

„Alle Pflegebedü­rftigen der Pflegegrad­e 1 bis 5 haben einen Anspruch auf Entlastung­sleistunge­n, wenn sie zu Hause gepflegt werden“, so die Verbrauche­rzentrale. Den Entlastung­sbetrag (125 Euro monatlich) gibt es zusätzlich. Er kann genutzt werden, um eine Haushaltsh­ilfe, eine Nacht- oder Kurzzeitpf­lege mitzufinan­zieren.

Was bringt die Kurzzeitpf­lege?

Wer einen Angehörige­n betreut, braucht irgendwann eine Auszeit. Dann kann der demente Partner oder die kranke Frau für einige Zeit in die Kurzzeitpf­lege. Die Pflegevers­icherung übernimmt die pflegebedi­ngten Kosten in der Einrichtun­g. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegun­g und Investitio­nskosten muss die Familie selbst zahlen. Die Pflegekass­e übernimmt die Kurzzeitpf­lege maximal für acht Wochen im Jahr.

Was ist mit ausländisc­hen Pflegekräf­ten?

Nach einem Urteil des Bundesarbe­itsgericht­s haben auch ausländisc­he Pflegekräf­te Anspruch auf Mindestloh­n – nicht nur während der Arbeitszei­t, sondern auch während der Bereitscha­ftszeit, etwa wenn sie sich nachts bereithalt­en.

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