Rheinische Post

Wir müssen über das Thema Mittelstür­mer sprechen

Das Spiel gegen Spanien sollten sich die Manager der Bundesligi­sten gut angeschaut haben. Denn Spieler wie Niclas Füllkrug gibt es in Deutschlan­d zu wenige.

- BERTI VOGTS

Das Spiel der deutschen Nationalma­nnschaft gegen Spanien war klasse, es war bislang das beste Spiel der Weltmeiste­rschaft in Katar. Wenn wir Spanien als eines der stärksten Teams der Welt sehen, dann gehört Hansi Flicks Mannschaft auch zu den Großen im Weltfußbal­l. Es war definitiv ein Spiel auf Augenhöhe. Am Ende hätten die deutsche Mannschaft sogar noch gewinnen können – es wäre nicht unverdient gewesen.

Ich hoffe, dass alle Manager und Akademiele­iter der Bundesliga und Traineraus­bilder beim DFB genau hingeschau­t haben: Ich freue mich, dass wir wieder einen Keilstürme­r im Team haben, der trifft. Das ist doch eine gute deutsche Tradition, denken wir an Uwe Seeler, Gerd Müller, Horst Hrubesch, Rudi Völler, Jürgen Klinsmann oder auch Oliver Bierhoff. Gerade ihn als Manager der Nationalma­nnschaft muss es doch freuen, dass Niclas Füllkrug ein so wichtiges Tor gemacht hat. Ein großes Lob an Bremen, auf so einen Spielertyp zu setzen. Leider gibt es zu wenige davon in der Bundesliga. Ich hoffe, dass über das Thema Mittelstür­mer nach der WM im deutschen Fußball gesprochen wird. Was mir auch gefallen hat: Jamal Musiala mit seinem mutigen Spiel. Ich würde mir wünschen, dass er ab und zu ein wenig egoistisch­er vor dem Tor ist, das gehört bei einem tollen Spieler wie ihm dazu. Musiala ist auf dem Weg zur Weltklasse. Toll ist, dass er immer wieder die Eins-gegen-EinsSituat­ionen sucht. Das ist enorm wichtig in engen Spielen. Da hat mir auch Leroy Sané gut gefallen, mit ihm und Füllkrug hat Hansi Flick viel neue Energie eingewechs­elt. Das zeigt, dass sich der Trainer auf seine zweite Reihe verlassen kann.

Für Füllkrug freue ich mich. Er hat keinen geraden Weg hinter sich, sondern zeigt, dass auch Spezialist­en wichtig sind im Fußball. Er konzentrie­rt sich auf das Wesentlich­e, und das ist für einen Stürmer, Tore zu machen. So etwas würde ich mir auch in der Defensive wünschen: Verteidige­r, die im richtigen Moment zupacken. Niclas Süle hat sich gesteigert, aber im entscheide­nden Moment kam er zu spät. Das passiert leider öfter. Uns fehlt es in der Defensive leider an Klasse, auch da sind die Ausbilder gefragt.

Allerdings nehme ich da auch Joshua Kimmich in die Pflicht. Er muss als Mann vor der Abwehr mal auf den Tisch hauen und dafür sorgen, dass der defensive Block besser steht. Auch gegen Spanien gab es zu viele Lücken, die der Gegner zum Glück nur einmal konsequent genutzt hat. Dennoch war es eine klare Steigerung zum ersten Spiel, ich habe gesehen, dass hier eine Mannschaft darum gekämpft hat, keine Gegentore zu bekommen.

Wir haben uns das gute Ergebnis gegen Spanien verdient – aber es gibt keinen Grund, nun zu euphorisch zu sein. Wir sind vom Ergebnis des Spiels zwischen Spanien und Japan abhängig. Die Spanier werden sicher ihr Ding machen wollen, aber Japan hat gezeigt, dass es gerade gegen Topmannsch­aften unangenehm sein kann.

Und wir dürfen Costa Rica nicht unterschät­zen. Ich erinnere da an die WM 2018 und das Spiel gegen Südkorea. Auch da hatten wir mit einem späten Tor gegen Schweden das Gefühl, dass die deutsche Mannschaft nun drin ist im Turnier, aber es gab ein böses Erwachen. Am besten zeigt Hansi Flick dem Team das Spiel nochmal als Warnung. Wenn die deutsche Nationalma­nnschaft aber die Hürde schafft und ins Achtelfina­le kommt, hat sie sich und der Konkurrenz gegen Spanien gezeigt, dass es zu den Topteams dieser WM gehören kann.

Berti Vogts ist als Spieler mit Deutschlan­d Welt- und Europameis­ter geworden. 1996 führte er das DFB-Team als Bundestrai­ner zum letzten EM-Triumph. Während der der WM in Katar wird Vogts in der Rheinische­n Post immer wieder über das DFB-Team schreiben.

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