Umwelthilfe warnt Düsseldorf vor Vertragsbruch
Lässt sich die Stadt beim Kampf gegen Luftverschmutzung zu viel Zeit? Die Umwelthilfe droht mit rechtlichen Schritten.
Die Umwelthilfe droht Düsseldorf erneut mit rechtlichen Schritten wegen der Luftqualität. Die Organisation hat Zweifel, ob Stadt und Bezirksregierung die im vergangenen Jahr vereinbarten Schritte zur Senkung der Stickoxidbelastung umgesetzt haben. Durch einen Vergleich war damals die Klage beendet worden, durch die Diesel-Fahrverbote in Düsseldorf gedroht hatten. Jetzt beklagt ein Sprecher der Umwelthilfe auf Anfrage unserer Redaktion einen „Vertrags- und Vertrauensbruch“– und warnt: „Wir besprechen mit unseren Rechtsanwält*innen aktuell weitere Schritte.“
Die Bezirksregierung – bei der formal das Thema Luftreinheit angesiedelt ist – hatte im vergangenen Jahr eine lange Liste von Zugeständnissen gemacht, damit die Umwelthilfe ihre Klage fallen lässt. Düsseldorf war die letzte von 14 Städten, für die ein solcher Vergleich geschlossen wurde. Zu den vereinbarten Punkten gehörte, dass die Stadt zwei Verkehrsschwerpunkte durch Pförtnerampeln um rund ein Fünftel des Verkehrs entlastet, Radwege ausbaut, mehr Tempo 30 prüft und kostenlose Parkplätze in der Innenstadt abschafft.
Die Umwelthilfe hat im August die Stadtverwaltung angeschrieben und um einen Zwischenbericht zur Umsetzung dieses Maßnahmenpakets gebeten. Dort verwies man auf die Bezirksregierung, die mitteilte, ein solcher Bericht sei erst später geplant.
Aus Sicht der Umweltorganisation entspricht das nicht den Vereinbarungen. „Inhaltlich lässt sich das nur so interpretieren, dass man sich nicht in die Karten schauen lassen möchte, weil man vermutlich nicht überall den versprochenen Zeitplan einhält“, sagt ein Sprecher
der Umwelthilfe. Dies sei anders besprochen gewesen.
Der Konflikt mit der Umwelthilfe beschäftigte über Jahre die Düsseldorfer Kommunalpolitik. Unter Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) wurden in diesem Zuge die umstrittenen Umweltspuren
eingeführt, sein Nachfolger Keller schaffte sie kurz nach seinem Antritt ab und führte stattdessen die Pförtnerampeln ein. Darüber hinaus wurden weitere Maßnahmen mit der Umwelthilfe festgeschrieben, die teilweise unter anderem wegen des Klimaschutzes ohnehin
auf der städtischen Agenda standen. Dazu zählte eine schnellere Umstellung der Rheinbahn-Busflotte auf modernere Diesel-Antriebe, Tempo 30 auf der Merowingerstraße oder mehr Personal für die Radwegeplanung.
Die Umwelthilfe – die immer wieder politische Erfolge durch Klagen gefeiert hat – hielt dieser Kompromiss nicht von einem weiteren Vorstoß in Richtung Düsseldorf ab. Im September kündigte sie wie berichtet eine Verfassungsbeschwerde an. Sie erfolgt im Namen von sieben Betroffenen, die in der Nähe der am stärksten mit gesundheitsschädlichem Feinstaub und Stickstoffdioxid belasteten Messstationen wohnen, darunter eine Frau, die in der Nähe der Messstation an der Düsseldorfer Corneliusstraße wohnt.
Darüber hinaus will die Organisation
nun Druck wegen der Umsetzung des Vergleichs machen. Hier ist allerdings unklar, wie groß ihre Chancen sind. „Im Vergleich und im Luftreinhalteplan wurden für die meisten Maßnahmen keine konkreten Fristen gesetzt“, teilt eine Sprecherin der Bezirksregierung mit. Darüber hinaus sei ein Bericht mit Stichtag 31.12. geplant, der im kommenden Frühjahr zur Verfügung stehen soll. In einem konkreten Vorwurf widerspricht die Bezirksregierung: Die Umwelthilfe kritisiert, Düsseldorf habe anders als verabredet offenbar noch keine Arbeitsanweisung zum Umgang mit dem Radverkehr an Baustellen vorgelegt. Von der Bezirksregierung heißt es hingegen, dies sei längst geschehen.
Stadt und Bezirksregierung können auch auf die gute Entwicklung der Messwerte verweisen. An fünf Messstellen – darunter die besonders prominente an der Corneliusstraße – wurden die Grenzwerte für die Stickoxidbelastung 2020 und 2021 erstmals eingehalten, an den anderen vier Messstellen bereits mindestens seit 2019. Dabei zeigt sich der Verkehrsrückgang in den Corona-Lockdowns, allerdings auch ein längerer Trend durch die Modernisierung der Auto-Modelle. Er scheint sich im laufenden Jahr fortzusetzen, auch hier deutet sich offenbar keine Überschreitung mehr an. „Die bisherigen vorläufigen Mittelwerte aller Messstellen des Landesumweltamts in Düsseldorf lassen die Einhaltung der geltenden Jahresgrenzwerte erwarten“, teilt die Bezirksregierung mit.